Ist ein Verein verboten worden, so darf man sich nicht für ihn betätigen. Der BGH hat nun noch einmal klargestellt, dass man aber wenigstens grob wissen muss, dass ein Verein verboten ist, um vorsätzlich handeln zu können.
Irrt sich ein Täter über das Bestehen eines Verbots, so unterliegt er einem Tatbestandsirrtum, nicht etwa einem Verbotsirrtum. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Entscheidung in Bezug auf eine Zuwiderhandlung gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot festgehalten (Beschl. v. 10.06.2020, Az. 3 StR 52/20). Um den Vorsatz bejahen zu können, müsse zumindest eine laienhafte Vorstellung von der Existenz eines Vereinsverbots vorliegen.
Anlass war der Fall eines Demonstranten, der sich 2016 in Berlin einem spontanen Aufzug gegen die Bombardierung kurdischer Städte durch das türkische Militär angeschlossen hatte. Im Zuge dessen hatte der Demonstrant mit einer größeren Gruppe mehrmals "PKK" gerufen. "PKK" steht für die "Arbeiterpartei Kurdistans", diese hatte der Bundesinnenminister bereits 1993 mit einem vereinsrechtlichen Verbot belegt. Gilt für eine Vereinigung ein solches Verbot, so darf man sich auch nicht für sie betätigen. Dies habe er aber nicht gewusst, argumentierte der Demonstrant, nachdem er sich nach den Ereignissen vor Gericht wiederfand.
Die Staatsanwaltschat ließ sich von diesem Argument aber nicht überzeugen und brachte den Fall bis vor den BGH. Die Bundesrichter sind jedoch der Ansicht des Landgerichts Berlin gefolgt und haben die Erfüllung des subjektiven Tatbestands verneint.
Abgrenzung zwischen Tatbestands- und Verbotsirrtum
Der in diesem Fall einschlägige § 20 Vereinsgesetz stellt die Strafvorschrift bei Zuwiderhandlung gegen Verbote des Vereinsrechts dar. Hierbei handle es sich um eine Blankettstrafvorschrift, die das tatbestandliche Unrecht nicht selbst beschreibe, sondern auf ein vollziehbares Verbot verweise, so der BGH. Regeln Strafnormen den Verstoß gegen eine solche behördliche Anordnung, so müsse deren Existenz vom Vorsatz umfasst sein.
Der BGH hat an dieser Stelle zwischen einem – hier vorliegenden – Tatbestandsirrtum und einem Verbotsirrtum abgegrenzt. Hätte ein Irrtum über Bestehen, Gültigkeit, Anwendbarkeit, Inhalt und Reichweite der blankettausfüllenden Norm als solcher vorgelegen, so hätte ein Verbotsirrtum vorgelegen, befanden die Bundesrichter.
Sie haben weiterhin festgehalten, dass in Fällen wie diesem zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands zwar der bedingte Vorsatz (dolus eventualis) genügt, der Täter aber mindestens in "laienhafter Parallelwertung eine hinreichend deutliche Vorstellung von der Existenz des Betätigungsverbots" haben muss. Nicht erforderlich sei hingegen die positive Kenntnis des Verbots.
Der BGH hat den erforderlichen Vorsatz des Demonstranten damit als nicht gegeben angesehen, die Staatsanwaltschaft unterliegt mit ihrer Auffassung damit endgültig.
vbr/LTO-Redaktion
BGH grenzt ab: . In: Legal Tribune Online, 15.07.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42209 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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