Um die Berufung Hans-Josef Theslings zum Präsidenten des BFH gab und gibt es heftigen Streit. Seit anderthalb Jahren ist der BFH deshalb nun schon ohne Führung. Jetzt ist die Ernennung einen Schritt weitergekommen.
Am Bundesfinanzhof (BFH) in München ist die Ernennung eines neuen Präsidenten nach fast anderthalb Jahren der Führungslosigkeit einen Schritt weitergekommen. Eine Konkurrentenklage gegen die Berufung des nordrhein-westfälischen Ministerialbeamten Hans-Josef Thesling zum Präsidenten hat sich auf dem üblichen Rechtsweg erledigt: Der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München wies sowohl den Eilantrag einer unterlegenen Bewerberin gegen die Berufung Theslings als auch die folgende Anhörungsrüge zurück, wie das Gericht auf Anfrage der dpa mitteilte. Allerdings bleibt der unterlegenen Juristin noch die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe.
Der frühere BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff war im Sommer 2020 in den Ruhestand verabschiedet worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte Theslings Ernennungsurkunde schon vor Monaten unterschrieben, überreicht wurde sie ihm wegen der Konkurrentenklage bisher aber nicht. Thesling ist früherer Präsident des nordrhein-westfälischen Finanzgerichts, ranghoher Beamte im Düsseldorfer Justizministerium, gehört der CDU an und war von der scheidenden großen Koalition für den Posten auserkoren worden.
Um die Stelle der BFH-Vizepräsidentin ist derzeit kein Ende der Rechtsstreitigkeiten in Sicht. Das Verwaltungsgericht München hatte die Berufung der saarländischen Finanzgerichtspräsidentin Anke Morsch zur Vizepräsidentin gestoppt und den Eilanträgen dreier unterlegener Bewerberinnen und Bewerber stattgegeben, einen weiteren Eilantrag jedoch abgelehnt. Nach Angaben des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes hat mittlerweile in drei Fällen der Bund Beschwerde eingelegt, und im vierten die abgewiesene Bewerberin. Morsch gehört der SPD an und ist ehemalige Justizstaatssekretärin im Saarland.
Die Präsidenten der Bundesgerichte, der Deutsche Richterbund und der Richterverein am Bundesfinanzhof hatten das Prozedere bei der Neubesetzung des BFH-Präsidiums scharf kritisiert. Ihnen ging es dabei um die Frage, ob das Ministerium politisch genehme Kandidatinnen und Kandidaten auf Führungsposten hieve, die fachlich das 2016 vom Bundesjustizministerium mit den Präsidenten der Bundesgerichte vereinbarte "Anforderungsprofil" nicht erfüllten. Dieses sieht vor, dass der Beförderung auf eine Führungsposition an einem der Bundesgerichte in der Regel eine fünfjährige Tätigkeit dort vorangehen soll. Weder Thesling noch Morsch haben bundesrichterliche Erfahrung.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Streit um BFH-Spitze: . In: Legal Tribune Online, 09.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46594 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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