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Legal Tech und anwaltliches Berufsrecht: Erfolgs­honorare für Rechts­an­wälte all­seits erwünscht

von Hasso Suliak

28.11.2019

Legal Tech (Symbol)

grapestock - stock.adobe.com

Auf einer Veranstaltung der FDP zum anwaltlichen Berufsrecht forderten fast alle Teilnehmer weniger Regulierung. Legal-Tech-Unternehmen solle die Rechtsberatung erleichtert und ihre Tätigkeit im RDG explizit erlaubt werden.

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Für den Vertreter des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Rechtsanwalt und Notar Dr. Jürgen Christoph, war es kein leichter Dienstagabend im Sitzungssaal der FDP-Bundestagsfraktion: Als einziger einer siebenköpfigen Herrenrunde sah sich Christoph, Mitglied im DAV-Berufsrechtsausschuss, genötigt, das geltende anwaltliche Berufsrecht im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) immer wieder vor Wünschen einer allzu weitreichenden Liberalisierung zu verteidigen.

Entsprechende Forderungen nach mehr Deregulierung prasselten dabei von allen Seiten auf ihn ein: von FDP-Politikern, Legal-Tech-Unternehmern, Hochschulprofessoren, Versicherungslobbyisten und nicht zuletzt sogar vom Berufsrechtskollegen aus der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Denn ausgerechnet Dr. Frank Remmertz, Vorsitzender des Ausschusses "Rechtsdienstleistungen" der BRAK, präsentierte sich auf der Veranstaltung als Fürsprecher der Legal-Tech-Branche.

Diese beklagt schon seit längerem ungleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Anwälten und Start-Up-Unternehmen, die, wie zum Beispiel die Betreiber von wenigermiete.de oder flightright.de, Rechtsdienstleistungen für Verbraucher anbieten. Remmertz kritisierte deshalb auch gleich zu Beginn, dass sich Legal-Tech-Unternehmen aktuell gezwungen sähen, "in die Inkasso-Lizenz zu fliehen".

Daran wird auch das jüngste BGH-Urteil vom Mittwoch nichts ändern. Im Gegenteil. Der BGH bestätigte, dass das Geschäftsmodell von Lexfox, dem Betreiber der Plattform wenigermmiete.de, nicht gegen das RDG verstößt und auf Inkassobasis betrieben werden darf. Und so ahnte Remmertz bereits am Vortag der Karlsruher Entscheidung: "Das BGH-Urteil wird den Wettbewerb zwischen Rechtsanwälten und Legal-Tech-Unternehmen verschärfen."

BRAK-Berufsrechtler: "RDG für Legal Techs öffnen"

Um für beide Seiten, Anwälte wie Legal Techs, künftig gleiche Wettbewerbungsbedingungen auf dem Markt zu schaffen, plädierte Remmertz deshalb für eine Modernisierung der BRAO und des RDG. Letzteres, das die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen schützen soll, muss nach Ansicht des Berufsrechtlers für Legal-Tech-Unternehmen geöffnet werden: "Im RDG sollte ein Erlaubnistatbestand für Legal-Tech-Unternehmen geschaffen werden", so der Anwalt. Eine Meinung, die allerdings nicht offizielle Position der BRAK ist. Remmertz verwies daher an dieser Stelle auf seine "persönliche Auffassung".

Umgehenden Widerspruch erntete Remmertz daher sogleich auch vom DAV-Berufsrechtskollegen Christoph. Würde man das RDG für automatisierte Rechtsdienstleistungen öffnen, so bräuchte man es eigentlich nicht mehr, mahnte der Anwalt.

Vorschlag: Erfolgshonorare in begrenztem Rahmen

Kein RDG mehr? Eine Vorstellung, mit der sich jedenfalls Anwalt Daniel Halmer, der als Geschäftsführer und Mitgründer von Lexfox, ehemals Mietright GmbH, in der Runde die Legal-Tech-Branche vertrat, offenbar gut anfreunden kann. "Was würde denn schon passieren, wenn man Rechtsdienstleistungen im außergerichtlichen Bereich komplett freigeben würde?", fragte er suggestiv.  

Auf ähnliche Positionen konnten sich die Berufsrechtler der Anwaltsverbände von BRAK und DAV indes beim eigentlichen Thema der Veranstaltung, nämlich der Frage, ob die BRAO eines Updates bedarf, einigen: Hier schlug BRAK-Mann Remmertz vor, "im niedrigschwelligen Bereich, bis etwa 2.000 Euro" Erfolgshonorare künftig zuzulassen.

Auch in diesem Kontext geht es letztlich um gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Legal-Tech-Anbietern und Anwälten: Dem Geschäftsmodell solcher Unternehmen, die über eine Inkassoerlaubnis verfügen, ist die Vereinbarung von Erfolgshonoraren immanent. Anwälte indes sind daran aufgrund von § 49a BRAO gehindert. Vor diesem Hintergrund fragte der Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln, Martin W. Huff, erst kürzlich in einem Gastbeitrag auf LTO: "Warum soll nicht ein Anwalt außerhalb der heute sehr engen Möglichkeiten ein zusätzliches Honorar für eine erfolgreiche Vertretung erhalten? Wäre es nicht besser, über entsprechende Rahmenbedingungen nachzudenken?"

Der Anwaltverein jedenfalls zeigt sich für die Idee solcher Erfolgshonorare grundsätzlich offen: Im DAV werde diskutiert, ob eine Liberalisierung der Regelungen zum Erfolgshonorar nötig sei, bestätigte Phillip Wendt, Hauptgeschäftsführer des DAV, gegenüber LTO. Schließlich bestehe bei Verbrauchern im niedrigschwelligen Bereich bei Streitwerten bis zu 2.000 Euro offenbar ein rationales Desinteresse an der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Wendt warnte in diesem Zusammenhang aber vor einer Steigerung der Gerichtskosten. "Das System des Zugangs zum Recht darf nicht in eine Schieflage geraten", mahnte der Anwalt.

Fremdkapital für Anwaltskanzleien?

Veränderungsbedarf, so wurde auf der FDP-Veranstaltung deutlich, sehen Berufsrechtler auch beim geltenden Verbot von Kapitalbeteiligungen an Anwaltskanzleien durch externe Investoren. Dieses sog. Fremdbesitzverbot, geregelt ebenfalls in der BRAO, wird als bedeutendster Unterschied zwischen Kanzleien und Legal-Tech-Unternehmen gesehen und von Teilen der Anwaltschaft als "Waffenungleichheit" kritisiert.

Das BMJV legte im September ein Eckpunktepapier für eine BRAO-Reform vor, wonach es Finanzierungsmöglichkeiten für Anwälte erlauben will, die "zum Beispiel im Bereich von Legal Tech hohe Anfangsinvestitionen erbringen müssen, um neue Rechtsdienstleistungsangebote erbringen zu können".

Während DAV und BRAK diese Vorschläge umgehend kritisierten, BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels sogar das Verbot von Fremdkapitalbeteiligungen aus Sorge vor einer Gefährdung anwaltlicher Unabhängigkeit bekräftigte, befand am Dienstag der BRAK-Ausschussvorsitzende Remmertz dagegen, sich "eine Öffnung für Fremdkapital" gut vorstellen zu können.

Und auch beim DAV scheint sich in dieser Frage allmählich der Wind zu drehen: "Wir prüfen derzeit, ob es Wege gibt, Investitionen in Kanzleien zuzulassen, die die Unabhängigkeit der Anwaltschaft nicht gefährden", so Wendt zu LTO.

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Legal Tech und anwaltliches Berufsrecht: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38939 (abgerufen am: 15.11.2025 )

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