Das beA bleibt vorläufig offline. Was Anwälte bis zum Neustart tun müssen, ob man trotzdem elektronisch Klage erheben kann und was das fürs Mahnverfahren und das Schutzschriftenregister heißt, erklären Marcus Werner und Julius-Oberste-Dommes.
1/10: Was bisher geschah
Die Bundesrechtsanwaltskammer hat am 27. Dezember 2017 das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) abgeschaltet. Zeitgleich hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) das öffentliche Anwaltsregister unter www.rechtsanwaltsregister.org deaktiviert und offline genommen.
Die Anwälte sind ab dem 1. Januar 2018 verpflichtet, das beA passiv zu nutzen, dort eingehende Schriftstücke also gegen sich gelten zu lassen.
2/10: Was muss ich jetzt wegen des fehlerhaften Zertifikats unternehmen?
Wer die - im Nachhinein leider falsche - Empfehlung der BRAK vom 22. Dezember 2017 befolgt und ein zusätzliches technischen Zertifikat heruntergeladen hat, sollte dieses wieder löschen (sagte die BRAK am 27. Dezember 2017). Eine Anleitung gibt es hier. Alle anderen müssen nichts unternehmen.
3/10: Besteht die Gefahr, dass ich von einem Gericht irgendetwas in mein beA bekomme?
Die Vorschriften der § 174 Abs. 1 und § 174 Abs. 3 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO, in der Fassung vom 1. Januar 2018) räumen einem Gericht die Möglichkeit ein, elektronische Dokumente auch an Rechtsanwälte zu versenden.
Die BRAK hat gegenüber LTO ausgeschlossen, "dass Gerichte oder andere Kommunikationspartner momentan Dokumente auf diesem Wege zustellen können". Nach eigenen Angaben will sie dazu das Gespräch mit dem Bundesjustizministerium suchen.
Unseres Erachtens darf ein Gericht zudem zurzeit an das beA nichts versenden. Nach unserer Rechtsauffassung reduziert das Nichtfunktionieren des beA das in den genannten Vorschriften eingeräumte Ermessen auf null. Daher ist eine Versendung von elektronischen Dokumenten per beA an Rechtsanwälte so lange, wie das beA offline ist, auch nicht zulässig.
4/10: Wie erfülle ich meine passive Nutzungspflicht?
Nach § 31a Abs. 6 Bunderechtsanwaltsordnung (BRAO, in der Fassung ab dem 1. Januar 2018) sind Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen. Weil das beA zurzeit offline ist, kann und muss man hier nichts machen.
Es ist aber sinnvoll, technische und organisatorische Vorbereitungen umzusetzen, die zur Vorbereitung geplant waren.
Es kann also weiter per Telefax oder per Post mit allen Gerichten kommuniziert werden.
5/10: Kann ich jetzt eigentlich Klagen online einreichen?
Der elektronische Rechtsverkehr hat so genannte sichere Übermittlungswege eröffnet. Das beA ist einer dieser sicheren Übermittlungswege. Dieser steht aktuell nicht zu Verfügung.
Alternativ bestehen ab dem 1. Januar 2018 folgende Möglichkeiten, Klagen elektronisch einzureichen:
(1) Per DE-Mail
Hierzu muss ein DE-Mail-Konto bei einem DE-Mail-Dienstleister eingerichtet werden.
(2) Per Governikus Communicator Justiz Edition (Nachfolger des EGVP Classic-Bürger-Client)
Dieser Dienst erfordert auf jeden Fall eine qualifizierte elektronische Signatur; Näheres unter www.governikus.de.
Eine Pflicht, einen dieser Wege zu nutzen, besteht aktuell nicht. Die Pflicht, Klagen, Schriftsätze oder Mitteilungen an ein Gericht elektronisch einzureichen, besteht für Rechtsanwälte spätestens ab dem 1. Januar 2022.
6/10: Wann wird das beA wieder verfügbar sein?
Das ist leider noch unklar. Nach Angaben des Präsidenten der BRAK aus dem Sondernewsletter vom 3. Januar 2018 jedoch nicht vor Anfang Februar 2018. Zudem beabsichtigt die BRAK, das beA in einem zweiphasigen Prozess wieder in Betrieb zu nehmen, also erst die neue Client-Security zum Herunterladen bereit zu stellen und das beA dann erst nach einer angemessenen Frist wieder aktiv zu schalten. Wie lang diese Frist sein wird, steht noch nicht fest. Der DAV und zwischenzeitlich auch die RAK Berlin setzen sich dafür ein, dass mindestens zwei Wochen zwischen Ankündigung und Live-Schaltung liegen werden.
7/10: Muss ich dann irgendetwas technisches Neues machen?
Wir wissen nicht, ob und wie die BRAK den Anmeldeprozess beim beA ändert und ob und inwieweit dies mit technischen oder organisatorischen zusätzlichen oder neuen Maßnahmen verbunden sein wird. Wir hoffen, dass die BRAK allen Nutzern des beA eine angemessene Vorlauffrist gewähren wird, sollte sie zusätzliche oder neue technische oder organisatorische Maßnahmen für erforderlich erachten.
8/10: Wer macht eigentlich noch klare Aussagen und auf wen muss ich hören?
Gemäß § 31a Abs. 1 BRAO ist die BRAK verpflichtet, für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach empfangsbereit einzurichten. Als öffentlich-rechtliche Körperschaft ist damit die BRAK verpflichtet, das beA aufzubauen und zu betreiben.
Wesentlich sind die Angaben der BRAK. Einmal täglich auf die Internetseite der BRAK (www.brak.de) zu schauen reicht aus.
9/10: Was gilt beim Mahnverfahren?
Die BRAK schreibt hierzu wörtlich:
Für das automatisierte Mahnverfahren gilt ab dem 01.01.2018 nach dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (v. 05.07.2017, BGBl. I 2208) eine erweiterte Nutzungsverpflichtung; über den Mahnantrag hinaus müssen weitere Anträge im automatisierten Mahnverfahren eingereicht werden. Das automatisierte Mahnverfahren sieht jedoch auch die Möglichkeit der Einreichung in Papierform über das "Barcode-Verfahren" vor. Zudem kann der EGVP-Bürgerclient, solange dieser zur Verfügung steht, bzw. ab 01.01.2018 auch DE-Mail verwendet werden, um Mahnanträge in elektronischer Form (Übermittlung von EDA-Dateien) einzureichen. Die erweiterte Nutzungspflicht für das automatisierte Mahnverfahren kann auch ohne das beA erfüllt werden.
10/10: Was gilt für das Schutzschriftenregister?
Die BRAK schreibt hierzu wörtlich:
Aufgrund von § 49c BRAO besteht bereits seit dem 01.01.2017 eine berufsrechtliche Pflicht, das elektronische Schutzschriftenregister zu nutzen. Dies ist nicht nur mit dem beA möglich; das Schutzschriftenregister ermöglicht Einreichungen sowohl über weitere EGVP-Clients (z.B. Governikus Communicator) als auch über ein Online-Formular. Die Einreichung von Schutzschriften zum Schutzschriftenregister ist damit auch ohne das beA möglich.
Der Autor Dipl.-Inform. Dr. jur. Marcus Werner ist Partner der Kölner Kanzlei Werner RI. Er ist Fachanwalt für IT-Recht sowie für Handels- und Gesellschaftsrecht. Der Autor Julius-Oberste-Dommes LL.M., ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht in der Kanzlei.
Die Fragen und Antworten basieren auf Q & As, die die Autoren für den Kölner
Anwaltverein erstellt haben.
Elektronisches Anwaltspostfach weiter offline: Was Anwälte jetzt wissen müssen . In: Legal Tribune Online, 04.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26295/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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