Ein einziges #ad zwischen anderen Hashtags am Ende eines Beitrags reicht nicht aus, um eine Anzeige als Werbung zu kennzeichnen. Martin Gerecke erklärt das Urteil des OLG Celle.
Über kaum ein Thema wird aktuell in der Marketing-Szene so heftig diskutiert, wie über die richtige Kennzeichnung werblicher Beiträge. Die Unsicherheit vieler Influencer über die rechtssichere Kennzeichnung auf Instagram und Co. rührt unter anderem aus dem Mangel an gerichtlichen Entscheidungen in diesem Bereich. Nun gibt es ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle zur Verwendung des Hashtags "#ad" (Urt. v. 08.06.2017, Az. 13 U 53/17). Viel Neues erfährt man darin nicht.
In dem Fall veröffentlichte ein bekannter Influencer (mehr als 1 Mio. Follower) für die Drogeriekette Rossmann folgenden Beitrag auf Instagram, für den er auch eine Gegenleistung erhielt: "An alle Sparfüchse: AUFGEPASST! NUR morgen gibt es in allen Filialen von #rossmann & im Online Shop 40% Rabatt auf Augen Make-Up! Viel Spaß beim Einkaufen! (...). Mascara & M. N. Y. The R. N. Lidschatten Palette". Am Ende des Beitrages setzte der Influencer sechs Hashtags, darunter an zweiter Stelle das Hashtag "#ad".
Ein Verbraucherschutzverein mahnte Rossmann wegen unzureichender werblicher Kennzeichnung des Beitrags ab. Der Fall landete schließlich vor Gericht. In der Vorinstanz entschied das Landgericht (LG) Hannover noch, der kommerzielle Zweck des Beitrags habe nicht gekennzeichnet werden müssen, weil er sich schon aus den Umständen ergebe (Urt. v. 08.03.2017, Az. 23 O 5/17). Das sah das OLG Celle nun anders.
Es darf kein Zweifel bleiben
Nach Ansicht des Senats verstößt der streitgegenständliche Beitrag gegen § 5a Abs. 6 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Es handele sich bei dem Post um eine geschäftliche Handlung, deren kommerzieller Zweck nicht kenntlich gemacht sei und der sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen ergebe.
Wie ein solcher werblicher Beitrag zu kennzeichnen sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels ab. Der Hinweis müsse jedenfalls so deutlich erfolgen, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Zielgruppe kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks bestehe. Der kommerzielle Zweck müsse "auf den ersten Blick hervortreten". Beim Rossmann-Post sei dies nicht der Fall.
Bei der Verwendung des Hashtags "#ad" am Ende des Beitrags an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags sei nicht davon auszugehen, dass ein durchschnittliches Mitglied der Zielgruppe dies ausreichend zur Kenntnis nehme. Anlass, sich unter dem Beitrag befindliche Hashtags näher anzusehen, hätten ohnehin nur diejenigen Leser, die vorhaben, den Links zu folgen. Die farbliche Hervorhebung ändere hieran nichts. Eher noch erleichtere diese dem Leser, die Hashtags vom sonstigen Text zu separieren und am Ende des Haupttextes nicht weiterzulesen.
Emojis stehen eher für privaten Charakter
Ob das Hashtags "#ad" grundsätzlich den Anforderungen einer ausreichenden Kennzeichnung standhält, musste das OLG nicht entscheiden. Jedenfalls im konkreten Rossmann-Fall war die Kennzeichnung unzureichend.
Nach Ansicht des Gerichts war der kommerzielle Zweck des Beitrages zudem auch nicht auf den ersten Blick erkennbar. Auch deshalb bedurfte es der Kennzeichnung. Der werbliche Charakter des Rossmann-Beitrags erschließe sich erst, wenn der Leser den Text einschließlich der Hashtags am Ende vollständig und sinnentnehmend lese.
Der Leser könne damit also gerade nicht "auf den ersten Blick" erkennen, dass es sich um Werbung handele. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Qualität und professionellen Aufmachung des Beitrages, da andere, nicht werbliche, "Schnappschüsse" des Rossmann-Influencers dieselbe Qualität aufwiesen. Zudem enthalte der Text Symbole wie Emojis, deren Verwendung eher in Nachrichten mit privatem Charakter üblich sei.
2/2: Werbung und Anzeige sicherste Form der Kennzeichnung
Das Urteil bietet wenig Überraschendes. Die Kennzeichnung im Influencer Marketing muss stets deutlich und so erfolgen, dass der kommerzielle Zweck des Posts auf den ersten Blick erkennbar ist. Bei einem Hashtag wie "#ad", das am Ende des Beitrags an zweiter Stelle von sechs Hashtags versteckt wird, ist diese Anforderung nicht mehr erfüllt. Gleiches würde wohl für "#spon" oder "#sponsoredby" gelten.
Interessant ist allerdings die Skepsis des Gerichts grundsätzlich gegenüber aufklärenden Hashtags, die am Ende oder unter dem Beitrag erfolgen. Hätte das Gericht in gleicher Weise geurteilt, wenn der Hashtag "#ad" an erster Stelle (neben den weiteren Hashtags) oder gar allein unter dem Beitrag aufgeführt worden wäre? Den Urteilsgründen zufolge wohl ja.
Ob aber, wie das Gericht meint, Leser tatsächlich die Hashtags unter den Beiträgen nicht wahrnehmen, ist zweifelhaft. Je nach Kürze des Beitrags liest der Nutzer die Hashtags durchaus, im Übrigen gerade auch aufgrund der farblichen Absetzung.
Unternehmen haften wie die Influencer
Am sichersten ist nach wie vor die Kennzeichnung über dem oder zu Beginn des Haupttextes. Aktuell sieht man häufig auch die Kennzeichnung beim Standort des Posts. Dies ist in gleicher Weise zulässig.
Bleibt noch die Frage, ob "#ad" grundsätzlich eine adäquate Form der Kennzeichnung (also z.B. am Beginn des Textes) darstellt. Hierzu äußert sich das OLG nicht. Während die Landesmedienanstalten bislang eine solche Kennzeichnung für ausreichend hielten, rücken sie nun im Update ihrer "FAQs" zur Kennzeichnungspflicht davon ab. Angesichts der Kürze des Hashtags sollte dieser wohl in der Tat nicht verwendet werden.
Die deutschsprachigen Hinweise "Werbung" oder "Anzeige" sind daher nach wie vor die sicherste Form der Kennzeichnung. Zugleich stehen diese Hinweise für Transparenz. Wer Hashtags wie "#ad" oder "#spon" verwendet, tut dies bewusst und wohl vor allem, um den werblichen Charakter des Beitrags gegenüber Kunden abzuschwächen. Dann aber ist es richtig, dass Gerichte dieser Verschleierung mit Urteilen wie dem vorliegenden einen Riegel vorschieben. Genau dafür sind die Kennzeichnungsvorschriften des UWG, des Telemediengesetzes und des Rundfunkstaatsvertrages (so schwierig sie auch in Teilen auszulegen sind) da.
Schließlich verdeutlicht die Entscheidung auch noch einmal die Verantwortung des den Influencer beauftragenden Unternehmens. Dieses haftet (zumindest nach dem UWG) in gleicher Weise wie der Influencer selbst.
Dr. Martin Gerecke ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei CMS in Hamburg. Folgen Sie dem Autor auf Twitter @law_for_media.
Dr. Martin Gerecke, Kennzeichnung werblicher Beiträge beim Influencer Marketing: Vom Durchschnitt der Zielgruppe . In: Legal Tribune Online, 15.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24543/ (abgerufen am: 18.04.2024 )
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