Nicht nur negative, sondern auch positive Facebook-Nachrichten können Ärger bedeuten. Das LG Freiburg hatte sich mit einem Fall zu befassen, bei dem ein Unternehmen für Postings eines Mitarbeiters auf dessen privater Facebook-Seite wegen wettbewerbswidriger Werbung haftbar gemacht wurde. Nach außen können Unternehmen sich zwar nicht exkulpieren, nach innen aber durch Social Media Guidelines absichern, meint Ingo Jung.
Zufriedene und engagierte Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrem Unternehmen. Das ist gut und stärkt das Firmenimage auch nach außen. Problematisch wird es aber dann, wenn der Mitarbeiter beschließt, auf eigene Faust Werbung für das Unternehmen zu machen. Schwierig kann dabei die Grenzziehung zwischen rein privater Unterstützung und wettbewerbsrechtlich relevantem Handeln sein, wie die Beiträge auf Social-Media-Plattformen zeigen, wo sich Firmenauftritte mit privaten Accounts mischen.
In einem aktuellen Fall hatte das Landgericht (LG) Freiburg nun darüber zu befinden, ob die von einem Kfz-Verkäufer auf Facebook unter seinem privaten Account geposteten Informationen zu einem Sonderverkauf von Fahrzeugen dem anbietenden Autohaus zuzurechnen sind, bei dem der Mann beschäftigt war (Urt. v. 04.11.2013, Az. 12 O 83/13). Der Verkäufer hatte ein Bild von sich vor den Fahrzeugen im Verkaufsraum nebst entsprechenden Preisen hochgeladen, in seinem kurzen Facebook-Beitrag zu den PKW aber nicht alle gesetzlich geforderten Angaben aufgeführt.
Auch private Facebook-Beiträge können Werbung sein
Auf den ersten Blick dreht sich die Auseinandersetzung um die fehlenden Angaben zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emmissionen und kW-Leistung, mithin um spezielle Fragen der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EnVKV) und des Gesetzes über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (EinhZeitG). Die eigentlichen Kernfragen dieses Falles sind jedoch keineswegs auf diese Aspekte oder eine bestimmte Branche beschränkt, sondern betreffen ganz grundlegende Themen des Werbe- und Wettbewerbsrechts bei der Nutzung von Social Media - Plattformen.
Zunächst stellt sich nämlich die Frage, ob eine Information, die ein Unternehmensmitarbeiter für den geschlossenen Benutzerkreis seiner Facebook-Freunde unter seinem privaten Account postet, überhaupt "Werbung" im Rechtssinne sein kann.
Zwar unterfällt eine rein private Tätigkeit nicht dem Schutzbereich des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Im vorliegenden Fall stellte das Gericht jedoch mit guten Gründen darauf ab, dass - trotz des beschränkten Leserkreises von Freunden und Bekannten - die Ausgestaltung des Facebook-Beitrages im Kern darauf abzielte, Kraftfahrzeuge des Arbeitgebers zu veräußern. Dies hatte das Gericht nicht zuletzt aus der Abbildung der Fahrzeuge im Verkaufsraum und der Angabe der geschäftlichen Telefonnummer in dem Beitrag abgeleitet.
Unternehmen haften für Werbe-Postings von Mitarbeitern
Daran schließt sich unmittelbar die Frage an, ob ein Unternehmen, das von den Aktivitäten seines Mitarbeiters in dieser Hinsicht überhaupt keine Kenntnis hat, trotzdem in Anspruch genommen werden kann, wenn dieser maßgebliche Vorschriften des Werberechts nicht einhält. Auch dies hat das LG Freiburg mit durchaus nachvollziehbaren Argumenten bejaht.
Die zentrale Vorschrift ist dabei § 8 Abs. 2 UWG, wonach einem Unternehmen Zuwiderhandlungen von Mitarbeitern und Beauftragten unter bestimmten Voraussetzungen zugerechnet werden können. Dahinter steht der Rechtsgedanke, dass der Betriebsinhaber sich bei Wettbewerbsverstößen nicht hinter mehr oder weniger von ihm abhängigen Dritten verstecken können soll, und dass von ihm eine Beherrschung seines Geschäftsbereiches, in den der jeweilige Mitarbeiter eingegliedert ist, verlangt wird.
Das LG Freiburg hat darauf abgestellt, dass der Mitarbeiter durch die Einstellung der Informationen bei Facebook den privaten Bereich zugunsten einer geschäftlichen Tätigkeit verlassen hat. Der Begriff der "geschäftlichen Handlung" setze nicht voraus, dass sich ein Angebot an eine unbestimmte Vielzahl von Personen richtet, so dass der beschränkte Kreis von Facebook-Freunden nichts an dem geschäftlichen Charakter der Information ändere.
2/2: Exkulpation nach außen nicht möglich
Bedeutsam ist weiterhin, dass die gesetzliche Formulierung "in einem Unternehmen" nicht etwa räumlich, sondern rein funktional und weit zu verstehen ist, so dass es allein auf den inneren Zusammenhang mit dem Unternehmen ankommt (BGH, Urt. v. 28.06.2007, Az. I ZR 153/04 – Telefonaktion). Das besondere Risiko für das Unternehmen liegt also darin, dass eine Haftung ohne Entlastungsmöglichkeit auch in Fällen begründet wird, in denen der Mitarbeiter ohne Wissen oder sogar gegen eine Weisung des Unternehmens gehandelt hat.
Werbende Beiträge eines Mitarbeiters auf Facebook, die den Geschäftskreis des Betriebsinhabers betreffen, muss dieser sich also voll zurechnen lassen.
Zur Minimierung eines solchen Haftungsrisikos sollte der Betriebsinhaber seine Mitarbeiter daher durch entsprechende Social Media Guidelines informieren und sensibilisieren. Zwar wird damit auf Grundlage der aktuellen Rechtsprechung keine rechtliche Exkulpation im Außenverhältnis erreicht, doch kann so im Innenverhältnis die Haftung des Mitarbeiters erheblich beeinflusst werden.
Social Media Guidelines als Absicherung nach innen
Es ist nämlich zu erwägen, ob das Unternehmen den Mitarbeiter für eine von ihm verursachte wettbewerbsrechtliche Abmahnung und die weiteren Verfahrenskosten in Regress nehmen kann. Zu beachten ist dabei im Arbeitsrecht der sogenannte innerbetriebliche Schadensausgleich, der in Gestalt einer dreistufigen Haftungsteilung eine Haftungseinschränkung zugunsten des Mitarbeiters vorsieht, wenn dieser dem Arbeitgeber oder einem Dritten bei einer betrieblichen Tätigkeit einen Schaden zufügt, für den er normalerweise haften müsste.
Eine betriebliche Tätigkeit liegt spiegelbildlich auch im Arbeitsrecht dann vor, wenn der bereits geschilderte innere Zusammenhang mit dem Betrieb besteht, denn nur in diesem Bereich trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Bei einfacher Fahrlässigkeit entfällt dann der Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers ganz. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird die Haftung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter anhand einer Abwägung zwischen dem Verschulden des Mitarbeiters und dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers geteilt. Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet der Mitarbeiter hingegen voll.
Diese Ausführungen belegen die Bedeutung von Social Media Guidelines, die Mitarbeitern ausdrücklich untersagen sollten, ungenehmigte und nicht abgestimmte werbliche Aktivitäten für das Unternehmen auf ihren eigenen Social Media Accounts zu entfalten. Wird dort die Unzulässigkeit derartiger Aktivitäten über Facebook & Co. klar niedergelegt, handelt der Mitarbeiter zumindest grob fahrlässig, so dass sich ansonsten zu befürchtende Diskussionen um eine betrieblich veranlasste oder eigenwirtschaftliche Aktivität des Mitarbeiters ebenso erübrigen dürften wie die Frage nach der Haftungsteilung. Schließlich sind weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen, der Ausspruch einer Abmahnung oder gar einer Kündigung denkbar.
Der Autor Dr. Ingo Jung ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bei CBH Rechtsanwälte.
Ingo Jung, Schleichwerbung auf Social-Media-Plattformen: Firmen haften für ihre Mitarbeiter . In: Legal Tribune Online, 23.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10752/ (abgerufen am: 28.05.2023 )
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