Die Asche als Diamant am Finger der Geliebten? Zur Schallplatte gepresst, bespielt mit dem Lieblingssong? Vieles ist möglich, in Deutschland aber nicht erlaubt. Noch nicht. Alexander Knauss über Bestattungspluralismus und Aschetourismus.
Die Entscheidung, wie man beerdigt werden möchte, ist eine der persönlichsten und elementarsten, die man treffen und mit der man seiner Persönlichkeit und seinem Leben ein letztes Mal Ausdruck verleihen kann. Es empfiehlt sich unbedingt, zu Lebzeiten eine ausdrückliche Regelung zu treffen. Das gilt umso mehr, je ungewöhnlicher der eigene Bestattungswunsch ist.
Mit dem gesellschaftlichen Wandel geht zunehmend auch ein Trend zu neuen Bestattungsformen einher. Während sich im Jahr 1995 noch knapp 80 Prozent der befragten Deutschen eine Bestattung im traditionellen Erd- bzw. Urnengrab wünschten, galt dies im Jahr 2007 nur noch für 51 Prozent der Bundesbürger (Quelle: Aeternitas e.V. / Infratest). Ein anschauliches Beispiel lieferte vor einigen Jahren der Designer der Pringles-Dose. Nach seinem Tod wurde ein Teil seiner Asche in einer ebensolchen bestattet.
So leicht macht es das deutsche Bestattungsrecht, eine Mischung aus Landesrecht und kommunalen Sondervorschriften mit erheblichen regionalen Unterschieden, aber nicht. Generell gilt in allen Bundesländern der Bestattungs- und (noch) auch der Friedhofszwang.
Zulässig sind in der Regel nur die Erd- oder Feuerbestattung auf einem kirchlichen oder öffentlichen Friedhof. Ausnahmen bestehen für die Seebestattung von Urnen und die Bestattung in einem privaten Friedwald. Verantwortlich für solche Ausnahmen sind die Friedhofsträger, d.h. die Kirchen und Gemeinden.
Die Wolken, der Wind und das weite Meer
Bei der Seebestattung wird die Asche des Verstorbenen in einer wasserlöslichen Urne versenkt. In Nord- und Ostsee gibt es dafür speziell ausgewiesene Gebiete, erforderlich ist eine behördliche Genehmigung.
Voraussetzung der Seebestattung ist, dass der Verstorbene sie sich selbst gewünscht hat. Eine entsprechende Erklärung der Hinterbliebenen genügt.
Mein Freund, der Baum
Bei der Waldbestattung wird ein Sarg oder eine Urne im Wald beerdigt. Alternativ kann die Urne auch im Wurzelwerk eines Baumes beigesetzt werden (sog. Baumbestattung).
Zulässig sind Waldbestattungen auf kirchlichen oder öffentlichen Friedhöfen, sofern diese über entsprechende Areale verfügen. Außerhalb von Friedhöfen ist die Waldbestattung nur in besonders genehmigten Waldgebieten erlaubt.
Über den Wolken
Bei der Luftbestattung wird die Asche des Verstorbenen aus einem Flugzeug, Helikopter oder Heißluftballon verstreut.
Auch diese Methode ist in Deutschland unzulässig. Die Bestattungsgesetze der Länder erlauben - wenn überhaupt - nur das Verstreuen der Asche auf dafür speziell ausgewiesenen Flächen des Friedhofträgers.
Andere europäische Länder wie die Schweiz, Frankreich und Tschechien gestatten Luftbestattungen. So kann in der Schweiz die Asche beispielsweise mit einem Wetterballon in 30 Kilometer Höhe gebracht und dort verstreut werden. Der Aufstieg der Kapsel und das Verstreuen der Asche werden mit einer Kamera gefilmt, die dann zurück zum Boden gleitet.
Unendliche Weiten
Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry hat es vorgemacht: Bei der Weltraumbestattung wird ein – aus Kostengründen kleiner – Teil der Asche eines Verstorbenen mit einer Rakete in den Weltraum gebracht. Da die Aschekapseln keine Gefahr für Satelliten oder Weltraummissionen darstellen dürfen, werden die Umlaufbahnen so niedrig gewählt, dass die Kapsel schon kurz nach ihrem Abwurf wieder in die Erdatmosphäre eintritt und verglüht.
Auch diese Methode ist in Deutschland wegen der Friedhofspflicht unzulässig. Sie wird aber in den USA angeboten. Mit der Privatisierung der Raumfahrt dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Zahl der Anbieter dieser Bestattungsmethode steigt und der noch stattliche Preis (derzeit ca. 25.000 Euro) sinkt.
Diamonds are forever
Im Anschluss an die Feuerbestattung kann ein Teil der Asche des Verstorbenen zu einem künstlichen Diamanten gepresst werden. Trauerdiamanten haben wegen der chemischen Zusammensetzung typischerweise eine bläuliche Färbung. Sie können aber normal geschliffen und verarbeitet und per Laser mit einer Mikrobeschriftung versehen werden.
In Deutschland ist diese Methode wegen der Friedhofspflicht nicht erlaubt. Eine Legalisierung vorausgesetzt würden sich aber für den Juristen spannende Folgefragen stellen.
- Kann ein Trauerdiamant vom Gerichtsvollzieher gepfändet werden (siehe § 811 Nr. 13 ZPO)?
- Erstreckt sich ein eventuelles Pfändungsverbot auch auf zugehörigen Schmuck, in den der Diamant eingearbeitet wurde (Ring, Halskette)?
- Ist ein gutgläubiger Erwerb eines Trauerdiamanten vom Nichtberechtigten möglich?
Vinyl stirbt nie
Für Musikbegeisterte gibt es die Möglichkeit, einen Teil der eigenen Asche zu einer Vinyl-Platte pressen zu lassen. Ab 3.000 Pfund bekommt man bis zu 30 Platten und das passende Album-Cover inklusive Etikett mit Geburts- und Todesdatum, die Platte kann individuell bespielt werden (2x12 Minuten).
Das mag nett klingen. Es würden sich aber die gleichen rechtlichen Probleme stellen wie bei Trauerdiamanten. Und ganz praktisch dürfte die Vorstellung, irgendwann versehentlich mit anderen Platten auf dem Flohmarkt zu landen, auch nicht jedem gefallen.
Der Tod steht ihr gut
Wer gar keine Lust auf eine Bestattung im engeren Sinne hat, könnte auch einen anderen Weg gehen. Die Plastination von Dr. Gunther von Hagen erfuhr vor allem durch die Wanderausstellung "Körperwelten" weltweite Aufmerksamkeit. Bei dem Verfahren wird das in den Körperzellen enthaltene Wasser durch Kunststoffe ersetzt und so der tote Körper konserviert.
Plastinate finden auch in der universitären Ausbildung zu anatomischen Lehrzwecken Verwendung. Zu diesem Zweck ist die Plastination in Deutschland zulässig.
Aber Plastinate fallen auch unter das Bestattungsgesetz, wie zuletzt im Jahr 2015 das OVG Berlin feststellte (OVG Berlin, Urteil v. 10.12.2015 - 12 B 2.15). Als Leichenteile dürfen sie nicht zur Schau gestellt werden.
Ökologisch korrekt bis zuletzt
Ein recht neues Bestattungsverfahren ist die Promession, bei der ökologische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen. Der Leichnam wird zunächst auf -18° C und dann in flüssigem Stickstoff auf -196° C gekühlt, damit die Körperteile glashart werden. Anschließend werden sie in einem Vibrationsverfahren zu Granulat zerkleinert. Dieses wird gefriergetrocknet und nach Abscheidung von Metallbestandteilen in einem biologisch abbaubaren Sarg beerdigt. Nach 6 bis 12 Monaten ist das Granulat biologisch abgebaut.
Mit deutschem Bestattungsrecht ist die Promession vereinbar, sofern der Sarg auf einem Friedhof beigesetzt wird.
Fan's coming home
Es ist der Traum hartgesottener Fußballfreaks: Im Stadion unter dem heiligen Rasen beerdigt zu werden.
Während sich die Fans von Manchester United im Stadion Old Trafford unter dem Rasen beerdigen lassen können, ist diese Form der Bestattung in Deutschland wegen des Friedhofszwangs verboten.
Manche Vereine wie z.B. der Hamburger SV und der FC Schalke 04 bieten aber schon jetzt Beisetzungen auf sog. "Fußballfriedhöfen" an. Das sind besondere Areale auf bestehenden Friedhöfen, die z.B. in Stadionform angelegt und in Vereinsfarben bepflanzt sind.
Und die Vereine machen sich für eine Lockerung der Bestattungsregeln stark, um auch Ascheverstreuungen im Stadion zu ermöglichen. Wer, wenn nicht König Fußball, könnte eine solche Lockerung bewirken?
Asche doch nicht zu Asche
Ein US-amerikanischer Künstler bietet an, Porträts oder Landschaftsbilder anzufertigen, deren Farben er einen Teil der Asche des Verstorbenen beimischt.
Auch diese Methode ist in Deutschland wegen der Friedhofspflicht unzulässig. Und sie wirft die gleichen Folgefragen auf wie der Trauerdiamant.
Der Traum vom ewigen Leben
Streng genommen keine Bestattungsart ist schließlich die Kryonik. Dabei geht es gerade nicht darum, den Körper des Verstorbenen dauerhaft beizusetzen. Vielmehr glauben Kryoniker, dass irgendwann nach ihrem Tod der medizinische Fortschritt weit genug sein wird, um die Erkrankung, die zum Tod geführt hat, heilen und außerdem Körper und Geist des Verstorbenen wiederherstellen zu können.
Bei dieser Methode wird der Körper unmittelbar nach dem Tod stufenweise eingefroren. Das Blut des Verstorbenen wird durch eine Kühlflüssigkeit ersetzt, die eine Zerstörung der Zellen durch Eiskristalle verhindert.
In Deutschland ist diese Methode nicht zulässig. Anbieter gibt es aber in der Schweiz und den USA, los geht es dort bei 33.000 US-Dollar. In der Schweiz kostet das Komplettpaket (Aufenthalt, das Ausfüllen der erforderlichen Unterlagen, das Prozedere selbst und ggf. der Transport ins Heimatland) ca. 88.000 Dollar, Spezialpakete differieren je nach Nationalität.
"Aschetourismus": Skurriles vom Bodensee
Mittlerweile hat sich ein regelrechter "Aschetourismus‘" in Nachbarländer wie die Schweiz oder die Niederlande entwickelt. Denn einige der vorgenannten Bestattungsmethoden scheitern in Deutschland schon an der Friedhofspflicht. Sie würden nämlich voraussetzen, dass man die Überreste des Verstorbenen einem Dienstleister aushändigen kann, ohne dass sie beerdigt werden.
Die Überführung ins Nachbarland zur dortigen Bestattung aber ist nach deutschem Recht zulässig. Zu dieser Bestattung kommt es dort dann allerdings nicht, sondern die Urne wird im Nachbarland den Angehörigen ausgehändigt. Dort ist das nämlich kein Gesetzesverstoß.
Diese unterschiedliche Rechtslage kann zu skurrilen Ergebnissen führen: Während auf deutscher Seite des Bodensees das Verstreuen von Totenasche verboten ist, erlaubt die Schweiz es Angehörigen, dort (nicht gewerblich) Totenasche zu verstreuen. Asche in die Schweiz zu bringen ist also heutzutage vermutlich kein Akt der Steuerhinterziehung mehr, sondern kann auch der Umgehung deutscher Bestattungsvorschriften dienen.
Schönes neues Sterben
Der Umgang mit dem Tod hat sich verändert, weg vom christlich geprägten Wiederauferstehungsglauben hin zur persönlichen Selbstinszenierung selbst im Moment des Todes. Gleichzeitig wird der Tod relativiert, je nach Methode kommt der Wunsch hinzu, ihn zu ästhetisieren und zugleich die eigene Vergänglichkeit zu besiegen ("Diamonds are forever"). So ist die Kryonik der ultimative Glaube an die Wiederauferstehung, wenn auch nicht aus christlicher Überzeugung, sondern aus Glauben an die künftigen Möglichkeiten der Technik.
Auch die Trauerkultur verändert sich, nicht zuletzt durch die sozialen Medien. Der Tod gerät zum öffentlichen Ereignis, an dem man Anteil nimmt und seine Follower teilhaben lässt. Und so wird auch der eigene Tod zu einem öffentlichen Ereignis, bestenfalls getrieben vom Wunsch nach Individualität auch im Tod, manchmal aber auch nur als letzter Akt einer Selbstinszenierung.
Diesem gesellschaftlichen Trend folgend wird auch die Auswahl möglicher Bestattungsmethoden größer. Wie in allen Bereichen des Lebens erfordert mehr Auswahl aber auch mehr bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema, um eine angemessene Wahl treffen zu können.
Der deutsche Gesetzgeber hält mit dieser gesellschaftlichen Entwicklung bislang nicht Schritt. Das ist einerseits zu bedauern, sollte doch die Frage, wie man bestattet werden will, genauso Ausdruck der eigenen Freiheit sein wie die vorgelagerte Frage, ob und wie man sterben möchte.
Andererseits muss aber auch bei einer Liberalisierung des Bestattungsrechts oberste Maxime die Würde des Verstorbenen bleiben. Ob Fußballfans, die unbedingt unter dem Rasen ihrer Lieblingsmannschaft beerdigt werden wollen, nämlich hinreichend reflektiert haben oder es gar für erstrebenswert halten, dass sie dann von ihren Helden mit Füßen getreten und häufig sogar bespuckt werden, darf man bezweifeln.
Der Autor Alexander Knauss ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht bei MEYER-KÖRING Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB mit Büros in Bonn und Berlin.
Alexander Knauss, 11 Dinge, die Sie nach Ihrem Tod tun könnten: Von Asche im Weltraum bis Urne unterm Lieblingsbaum . In: Legal Tribune Online, 04.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18959/ (abgerufen am: 24.04.2024 )
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