Schönes neues Sterben
Der Umgang mit dem Tod hat sich verändert, weg vom christlich geprägten Wiederauferstehungsglauben hin zur persönlichen Selbstinszenierung selbst im Moment des Todes. Gleichzeitig wird der Tod relativiert, je nach Methode kommt der Wunsch hinzu, ihn zu ästhetisieren und zugleich die eigene Vergänglichkeit zu besiegen ("Diamonds are forever"). So ist die Kryonik der ultimative Glaube an die Wiederauferstehung, wenn auch nicht aus christlicher Überzeugung, sondern aus Glauben an die künftigen Möglichkeiten der Technik.
Auch die Trauerkultur verändert sich, nicht zuletzt durch die sozialen Medien. Der Tod gerät zum öffentlichen Ereignis, an dem man Anteil nimmt und seine Follower teilhaben lässt. Und so wird auch der eigene Tod zu einem öffentlichen Ereignis, bestenfalls getrieben vom Wunsch nach Individualität auch im Tod, manchmal aber auch nur als letzter Akt einer Selbstinszenierung.
Diesem gesellschaftlichen Trend folgend wird auch die Auswahl möglicher Bestattungsmethoden größer. Wie in allen Bereichen des Lebens erfordert mehr Auswahl aber auch mehr bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema, um eine angemessene Wahl treffen zu können.
Der deutsche Gesetzgeber hält mit dieser gesellschaftlichen Entwicklung bislang nicht Schritt. Das ist einerseits zu bedauern, sollte doch die Frage, wie man bestattet werden will, genauso Ausdruck der eigenen Freiheit sein wie die vorgelagerte Frage, ob und wie man sterben möchte.
Andererseits muss aber auch bei einer Liberalisierung des Bestattungsrechts oberste Maxime die Würde des Verstorbenen bleiben. Ob Fußballfans, die unbedingt unter dem Rasen ihrer Lieblingsmannschaft beerdigt werden wollen, nämlich hinreichend reflektiert haben oder es gar für erstrebenswert halten, dass sie dann von ihren Helden mit Füßen getreten und häufig sogar bespuckt werden, darf man bezweifeln.
Der Autor Alexander Knauss ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht bei MEYER-KÖRING Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB mit Büros in Bonn und Berlin.
Alexander Knauss, 11 Dinge, die Sie nach Ihrem Tod tun könnten: . In: Legal Tribune Online, 04.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18959 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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