Zwischen Juni und August sind selbst interessante Nachrichten schnell dem Sommerloch-Spott ausgesetzt. Dabei ist der Advent viel schlimmer. Rechtsfragen zu Weihnachtsfeier, Winterreifen und Tieren als Weihnachtgeschenk.
1/8: Die Weihnachtsfeier I – Müssen Sie hin, wenn der Chef ruft?
Wir fragen uns seit Jahren: Hat jemand wirklich schon mal einen Anwalt konsultiert, um sich gegen die schreckliche Einladung zu kostenlosen Häppchen und heißem Glühwein zu erwehren?
Und umgekehrt: Gibt es wirklich Chefs, die darauf bestehen, dass ausgerechnet die Mitarbeiter mit zur Weihnachtsfeier kommen, die sowieso schon das ganze Jahr mit ihrer übellaunigen, miesepetrigen Stimmung nerven, weil das Unternehmen grundsätzlich nichts richtig macht, die Weihnachtsfeier viel zu teuer ist ("Wenn man das mal in die Mitarbeiter investieren würde!“), immer die Falschen entlassen werden und zu allem Unheil die Schreibtischlampe vier Zentimeter zu weit links steht?
Was wären das auf beiden Seiten für Menschen? Sadisten? Oder Masochisten? Wir möchten das alles einfach nicht glauben. Die nächste, von Service-Redaktionen gern beantwortete, unseres Erachtens aber nie gestellte Frage: Hat sich tatsächlich schon mal jemand ernsthaft überlegt, in seinem Betrieb tätige Atheisten, Muslime oder Buddhisten nicht zur Weihnachtsfeier einzuladen, weil die aus Anlass eines christlichen Fests stattfindet? Das wäre, darauf möchten wir ausdrücklich hinweisen, eine fiese Diskriminierung.
2/8: Die Weihnachtsfeier II – Wo der Spaß aufhört
Ja, auf Weihnachtsfeiern wird traditionell viel getrunken. Und bekanntlich lockert Alkohol die Zunge. Aber auch wenn wir einräumen, dass Glühwein ganz besonders rein haut, sind wir uns, ganz ohne Rückfrage beim gern zitierten "Experten für [hier: Arbeitsrecht]" ziemlich sicher, dass man selbst bei betrieblichen Feierlichkeiten mit der Abteilung den Chef nicht vor den Kollegen als "Arschloch" und "arme Sau" bezeichnen sollte, der "nicht ficken und nicht saufen" könne (zu Recht fristlos gekündigt, so das LAG Hamm, Urt. v. 30.06.2004, Az. 18 Sa 836/04)
Und nicht nur beim Schmücken des betrieblichen Weihnachtsbaums, sondern auch beim Aufhängen der Girlande fürs Sommerfest wäre es doch schön, wenn die Kolleg/innen nicht ungefragt umarmt oder auch nach ihrer bevorzugten Stellung befragt würden (Kündigung rechtmäßig, urteilte das LAG Rheinland-Pfalz am 24.10.2007, Az. 8 Sa 125/07).
Wieso schreibt nie jemand im Sommerloch im Service-Teil der Lieblings-Lokalzeitung, dass man besser seinen Chef nicht beleidigen und seine Kolleginnen nicht belästigen sollte?
3/8: Ihr gutes Recht – Weihnachtsgeld
Soweit wir wissen, hat sich in Bezug auf das Weihnachtsgeld in letzter Zeit nicht allzu viel verändert. Wir können uns daher nicht vorstellen, dass es irgendwen gibt (es sei denn, er hätte in den vergangenen Jahren in Einzelhaft ohne Zugang zur Außenwelt gesessen, wo ihn der Bezug von Weihnachtsgeld verständlicherweise eher wenig interessiert hätte), der noch immer nicht weiß, dass man grundsätzlich keinen Anspruch auf die Zahlung von Weihnachtsgeld hat, wenn das nicht im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung steht.
Wir halten es zwar zugegebenermaßen für möglich, dass nicht jeder weiß, dass auch Teilzeitarbeitnehmer Weihnachtsgeld bekommen oder eine betriebliche Übung in bestimmten Ausnahmefällen einen Anspruch begründen könnte. Für völlig unwahrscheinlich erachten wir es allerdings, dass schon jemals ein Arbeitnehmer nicht etwa bei Abschluss seines Arbeitsvertrags, sondern erstmals bei Glühwein und Keksen Mitte Dezember auf die Idee kam, doch in diesem Jahr endlich mal Weihnachtsgeld zu verlangen. Und zu dessen Geltendmachung auf die passenderweise zu genau diesem Zeitpunkt von betriebsamen Service-Redaktionen erstellten Artikel mit "Experten für Arbeitsrecht" zurückgreift. Echt nicht.
4/8: Schnee – So fährt Ihr Auto trotzdem sicher
Gern ungefähr um den zweiten Advent herum lesen wir, dass wir Winterreifen haben sollten. Und dass es uns teuer zu stehen kommen kann, wenn wir ohne solche Reifen einen Unfall haben, weil nämlich ein erhebliches Mitverschulden angenommen wird, wenn die Sommerreifen mitursächlich für den Unfall waren. Übrigens, nicht-fun-fact: Im Gesetz steht mitnichten "Winterreifen", sondern dort ist die Rede von M+S-Reifen. Das wussten Sie schon?
Aber gewiss doch. Diese ungemein wichtige Information ist quasi Bestandteil der deutschen Volksseele. Ebenso vermutlich, dass das Gesetz keinen konkreten Zeitraum vorschreibt, innerhalb dessen man Winterreifen haben sollte. "Empfohlen" wird (von wem auch immer, wir vermuten hier eher den ADAC als eine legislative Macht) aber das berühmte O bis O: Oktober bis Ostern. Wenn Sie es nicht sowieso schon alles wüssten, würde Ihnen jetzt auffallen: Sie sind spät dran, wenn Sie sich erst im Advent mit dem Winter befassen.
Oder vielleicht sind Sie auch zu früh dran? Wir haben die Statistik nicht überprüft. Aber die gefühlte Wahrheit, dass früher nicht nur mehr Lametta, sondern vor allem an Weihnachten wenigstens ab und zu mal Schnee war, trifft sich mit einem weiteren Wetter-Trend: Schneeverwehungen und richtig glatte Straßen scheinen sich, wenn sie denn überhaupt einmal vorkommen, zunehmend in die Monate März und sogar April zu verlagern. Was uns da auffällt: Da könnte Ostern schon vorbei sein. Und kein Mensch, keine noch so bemühte Service-Redaktion gibt Ihnen Ostern Tipps, wie Ihr Auto trotz Schnee sicher fährt. Wieso eigentlich nicht?
5/8: Weihnachten auf Pump? Was zum Fest der Liebe wirklich zählt
Völlig neu war uns der Hinweis, dass man Weihnachtsgeschenke nicht auf Kredit kaufen, sondern lieber basteln sollte (so der über jede Unterstellung mangelnder Ernsthaftigkeit erhabene Finanztip-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen am Montagmorgen im von uns sehr geschätzten ARD Morgenmagazin). Und man sollte lieber Zeit mit den Lieben verbringen, vor allem dann, wenn man sowieso schon verschuldet ist. Wir fanden diesen Tipp schon beim ersten Anhören absolut erwähnenswert.
Und wir möchten uns auf keinen Fall die Gelegenheit entgehen lassen, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie sich auch zu Ostern, zum Namenstag Ihrer Frau, zur Urlaubszeit (vor allem in Anbetracht der Reisefreudigkeit der Deutschen sehr gefährlich!), für die Geburtstage Ihrer Kinder, beim Sommerschlussverkauf, beim anstehenden Erwerb eines neuen Kfz und eigentlich an allen anderen 362 Tagen des Jahres auch nicht verschulden sollten.
6/8: Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke
Viele Tierheime vermitteln in der Weihnachtszeit keine Haustiere. Das liegt daran, dass nach jahrzehntelanger Berichterstattung jeder mitbekommen hat, dass es nicht sinnvoll ist, dem Nachwuchs das so heißersehnte Tier zu kaufen. Wir ersparen Ihnen den Verweis auf den Hund, der vor dem nächsten Sommerurlaub an der Raststätte ausgesetzt wird oder zum Pony, dessen Unterhalt man sich nicht leisten kann (oder gar den Schulden beim Erwerb des Tieres, siehe S. 5).
Es weiß also wirklich absolut jeder, dass man ein Tier nicht einfach zurückgeben kann, weil man keine Lust mehr hat, sich darum zu kümmern. Selbst wenn man das kurz vergäße, wäre es, weil viele Heime zu dieser Zeit nicht vermitteln, gar nicht mehr so einfach, zu Weihnachten ein Tier zu erwerben. Konsequent gehen laut aktuellen Meldungen auch die Zahlen der zu Weihnachten verkauften Tiere messbar zurück.
Es gibt also keinen Bedarf mehr für den minutenlagen Ratgeberbeitrag oder den mahnenden Zeigefinger-Artikel unter den putzigen Hundeaugen? Egal, es ist Advent. Das haben wir doch schon immer so gemacht.
7/8: Vorsicht vor Billigware: Wie Lichterketten Ihr Zuhause gefährden
Und weil wir Dinge schon immer so gemacht haben, wollen wir schließen mit dem absolut unumgänglichen Hinweis, dass Kerzen gefährlich sind. Aber wer hat die schon noch? Schließlich gibt es ja Lichterketten. Die aber allem Anschein nach nicht minder gefährlich sind.
"Vorsicht vor Billigware" heißt es ebenso gern wie "Jedes Jahr kommt es zu x Bränden / Stromschlägen / irgendeiner Gefahr, die Sie sich bisher noch nie vorgestellt hatten, als Sie bloß ein bisschen Bling-Bling an den Baum machen wollten".
Gern beginnen die Artikel mit "In der Vorweihnachtszeit ereignen sich jedes Jahr viele Stromunfälle" oder auch "In der Winterzeit besteht in deutschen Wohnzimmern erhöhte Brandgefahr". Echt jetzt? Auch hier würden wir uns über belastbare Zahlen wirklich freuen!
Lichterketten sind offenbar für den Advent, was vollgekrümelte Computertastaturen ("Ekel-Alarm an der Tastatur / Hygiene fürs Büro") für das Sommerloch sind. Aber vorher kommt noch Silvester.
8/8: Lesetipps für Silvester: Feuerwerk: So gefährlich ist der bunte Spaß
Weihnachten ist bald vorüber? Versäumen Sie keinesfalls die Lektüre von:
Fondue / Raclette: Die unbekannte Gefahr
Nur ein Kuss zum Jahreswechsel: Wo auch an Silvester der Spaß aufhört
Feuerwerk: So gefährlich ist der bunte Spaß
Schnee zum neuen Jahr: So rutschen nur Sie, nicht Ihr Auto
LTO-Redaktion
8 Tipps, die nicht nur im Advent niemand braucht: Wie Lichterketten Ihr Zuhause gefährden . In: Legal Tribune Online, 14.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21452/ (abgerufen am: 19.03.2024 )
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