Donald Trump bleibt aktiv: Am Dienstag soll der Kandidat für den vakanten Supreme-Court-Posten benannt werden. Außerdem in der Presseschau: BGH zu Wohnungseinbruchdiebstahl im Wohnmobil und das OLG München droht im NSU-Prozess.
Thema des Tages
USA – Bundesjustiz I: Seit dem Tod von Antonin Scalia im vergangenen Februar sind nur acht der neun Richterstühle am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten besetzt. Der neue Präsident hat nun angekündigt, am heutigen Dienstag (Ortszeit) seinen Kandidaten vorstellen zu wollen. Der Bericht von sueddeutsche.de (Johanna Bruckner) geht vertieft auf die richtungweisende Bedeutung der Entscheidung ein. In den kommenden Jahren könnten mehrere der auf Lebenszeit ernannten Richter ausscheiden. Sollte es Donald Trump gelingen, eigene Kandidaten auch gegen den Widerstand der Minderheit der demokratischen Senatoren durchzusetzen, könnte damit auf längere Zeit eine konservative Mehrheit am Supreme Court gesichert werden. Grundsatzentscheidungen wie zum Recht auf Abtreibung oder der Förderung von Minderheiten würden damit Frage gestellt.
USA – Bundesjustiz II: Am gestrigen Montag entließ der US-Präsident die kommissarische Justizmininisterin ("Acting Attorney General") Sally Yates unter dem Vorwurf, "das Justizministerium verraten" zu haben, es berichtet u.a. die FAZ (chrs). Der noch von Präsident Obama berufenen Juristin wird angelastet, das jüngste Einreiseverbot Trumps kritisiert und ihre Behörde angewiesen zu haben, es in Prozessen nicht zu verteidigen. Bis zur Ernennung eines neuen Justizministers, die Bestätigung des Kandidaten Jeff Sessions durch den US-Senat steht noch aus, wird eine Distriktbundesanwältin die Behörde kommissarisch leiten.
Rechtspolitik
Unterhaltszahlungen: Die SZ (Wolfgang Janisch) schreibt über einen Vorschlag des Deutschen Anwaltvereins, Unterhaltszahlungen nach einer Ehescheidung im Regelfall auf zwei Jahre zu begrenzen. Zeitliche Begrenzungen seien zwar auch im geltenden Recht möglich. Gerichte fällten entsprechende Entscheidungen aber üblicherweise nach uneinheitlichen Kriterien.
Datenschutzreform: Als Gastbeitrag veröffentlicht netzpolitik.org einen gekürzten Vortrag von Barbara Thiel, den sie auf einer Veranstaltung der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz in der vergangenen Woche hielt. Die niedersächsische Datenschutzbeauftragte kritisiert den aktuellen Entwurf zur Datenschutzreform, der am morgigen Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll, in zahlreichen Aspekten aber hinter dem Schutzniveau der ab Mai 2018 geltenden EU-Datenschutzgrundverordnung zurückbleibe.
Privacy Shield: Die Zukunft des Privacy Shield-Abkommens ist nach einem weiteren Dekret des neuen US-Präsidenten unsicher, schreibt die taz (Svenja Bergt). Donald Trump habe "im Kern" verfügt, dass Datenschutz nur noch für US-Bürger oder sich legal im Land Befindliche gelte. Ob dadurch tatsächlich die bisherige Praxis von Datenübertragungen in die USA gefährdet sei, ist nach dem separaten Kommentar von Svenja Bergt (taz) zweitrangig. Das Problem sei "die Konstruktion des Privacy Shield an sich". Die EU-Kommission hätte sich nicht auf vage "Zusicherungen, die je nach Laune oder Wetterlage wieder zurückgenommen, für ungültig oder überhaupt nie da gewesen erklärt werden können", einlassen sollen. Sie müsse nun die Chance wahrnehmen, ein neues Abkommen mit "etwas mehr Verbindlichkeit" zu schaffen.
E-Privacy-Verordnung: Das Hbl (Heike Anger) berichtet zur Kritik von Digitaldiensten wie WhatsApp an der für das kommende Jahr geplanten EU-Privacy-Verordnung. Der aktuelle Entwurf der Verordnung gehe über die Bestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung hinaus, indem etwa die Nutzung der für die Internet-Werbewirtschaft wichtigen Metadaten besonders hohen Anforderungen unterworfen würden.
Partei-Diskriminierung: In einem Gastbeitrag für das Hbl befasst sich die frühere Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff mit dem vermeintlichen Fingerzeig des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung zum unterbliebenen NPD-Verbot. Eine Verfassungsänderung, nach der einer verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Partei staatliche Leistungen vorenthalten werden könnten, würde wohl jedenfalls eine Feststellungsentscheidung des Karlsruher Gerichts erfordern. Sie "bliebe irritierend", weil der Partei ihre Verfassungsfeindlichkeit "nur sehr eingeschränkt angelastet werden" könnte.
Justiz
EGMR-Vizepräsidentin: Angelika Nußberger wird ab Februar als Vizepräsidentin in das Leitungsgremium des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufrücken. Im Interview mit lto.de (Michael Reissenberger) spricht sie über ihren beruflichen Werdegang, ihre neuen Aufgaben und den Einfluss des EGMR.
BGH zu Wohnungseinbruchdiebstahl: Wohnmobile und Wohnwagen sind nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem vergangenen Oktober jedenfalls dann als Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch zu verstehen, wenn sie aktuell für Übernachtungen genutzt werden. Weil die somit mögliche Tatbestandsmäßigkeit eines Wohnungseinbruchdiebstahls erhebliche Strafverschärfungen bewirkt und sich durch die Entscheidung zudem für Klausurverfasser "etliche Fall-Variationen" ergeben würden, macht der Bericht von lawblog.de (Udo Vetter) auf die erhebliche Relevanz für "Diebe und Jurastudenten" aufmerksam.
BGH zu Rückrufpflicht: Ein wettbewerbsrechtliches Unterlassungsgebot enthält für die betroffenen Anbieter grundsätzlich auch die Pflicht, die entsprechenden Waren von den Abnehmern zurückzurufen. Dies stellte der Bundesgerichtshof in einem am vergangenen Freitag veröffentlichten Beschluss vom letzten September klar. Rechtsanwalt Dirk Pauli führt auf lto.de in die Thematik ein und stellt die Entscheidung vor.
OLG München – NSU: Nach dem Kommentar von Annette Ramelsberger (SZ) ist die Ankündigung des Oberlandesgerichts München, die Beteiligten im NSU-Verfahren mögen sich "höchstvorsorglich" Termine bis zum kommenden Jahr freihalten, als "Drohung" zu verstehen. Diese sei an die Verteidiger gerichtet, die mit fragwürdigen Anträgen wahlweise ihre Reputation oder die Akquise neuer Mandanten, nicht jedoch die Wahrheitsfindung im Blick hätten.
LG Köln zu Diebstahl in Kirche: Acht Angeklagte wurden vom Landgericht Köln wegen Bandendiebstahls zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die über über drei Jahre verübten Diebstähle in Kirchen sollten der Geldbeschaffung "für den bewaffneten Dschihad" dienen, meldet die FAZ (Reiner Burger). Ob tatsächlich "nennenswerte Beträge" nach Syrien geflossen seien, habe sich nicht aufklären lassen, weshalb eine Verurteilung auch wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat ausschied. Zum Urteil berichtet auch die Kölnische Rundschau (Mick Schulz).
LG Berlin – WhatsApp: Durch eine beim LG Berlin eingereichte Klage will die Verbraucherzentrale Bundesverband den Nachrichtendienst WhatsApp dazu veranlassen, die Speicherung und Weitergabe von Nutzerdaten an Facebook zu unterlassen. Dies berichtet lto.de.
LG Freiburg zu WG-Mord: Zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe hat das Landgericht Freiburg einen jungen Mann verurteilt, der seine Mitbewohnerin aus religiösem Fanatismus tötete. Der selbsternannte "Antitheist" soll "Hass und Verachtung" für die aktive Christin empfunden haben, schreibt focus.de.
AG Berlin-Lichtenberg zum Rauchen: Unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro hat das Berliner Amtsgericht Lichtenberg in der vergangenen Woche einer Raucherin untersagt, ihrem Laster in den Nachtstunden nachzukommen. Das Urteil geht auf eine Klage eines Nachbarn zurück, der sich durch den Zigarettenrauch belästigt gefühlt habe, erläutert die Welt (Jan Heidenau). Es berichtet u.a. auch der Rundfunk Berlin Brandenburg.
Recht in der Welt
Rumänien – Amnestie: Die SZ (Florian Hassel) berichtet zu Protesten in Rumänien gegen Regierungspläne für Amnestien und eine Strafrechtsreform. Die Regierung behaupte, hierdurch überfüllte Gefängnisse entlasten zu wollen. Die Kritiker befürchten, dass die Neuerungen vor allem dazu dienten, wegen Korruption und Amtsmissbrauch verurteilte Politiker entgegen der aktuellen Rechtslage im Land wieder die Übernahme von Ämtern zu ermöglichen.
Türkei – Justiz: Die FAZ (Michael Martens) stellt den türkischen Anwalt Metin Feyzioglu vor. Der von ihm geleitete Verband der türkischen Anwaltskammern schaffe es bislang noch, sich der Einflussnahme durch die Regierungspartei AKP zu widersetzen. Infolge des Putschversuches im vergangenen Sommer seien die Hälfte der 14.000 Richter und Staatsanwälte im Land entweder in Untersuchungshaft genommen oder suspendiert worden.
USA – Einreiseverbot: Von dem von US-Präsident Donald Trump vorläufig verfügten Einreiseverbot für Staatsangehörige von sieben muslimisch geprägten Ländern könnten auch mehr als 100.000 Deutsche mit doppelter Staatsbürgerschaft betroffen sein. Diese Zahlen nannte nach das Bundesinnenministerium. Über Facebook stellte die US-amerikanische Botschaft in Berlin klar, dass das von Trump unterzeichnete Dekret auch für Doppelstaatler gelte. Die FAZ (Timo Frasch/Eckart Lohse) berichtet. Die SZ (Reymer Klüver) gibt einen Überblick zur Anordnung in Frage-und-Antwort-Form.
USA – Donald Trump: Eine US-amerikanische Verfassungsbestimmung untersagt es Amtsträgern, Bezüge ausländischer Staaten ohne Zustimmung des Kongresses zu empfangen. Die wenig bekannte Vorschrift erfährt Aufmerksamkeit, nachdem eine Interessengruppe nun vor einem Bundesgericht geltend gemacht hat, dass der Präsident durch seine Geschäftsaktivitäten im Ausland gegen sie verstoße. Assistant Professor Judkins Matthews untersucht auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache) die Erfolgsaussichten der Beschwerde.
Sonstiges
VW – Hohmann-Dennhardt: Ihr vorzeitiges Ausscheiden als Konzernvorstand für Recht und Compliance bei VW wird der früheren Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt durch eine Abfindung versüßt. Hierbei würden bis zu 15 Millionen Euro, mindestens aber zwölf Millionen Euro fällig, rechnet die FAZ (Carsten Germis/Carsten Knop) vor.
"Landgericht": zeit.de (Heike Kunert) bespricht die Fernsehverfilmung "Landgericht" nach dem gleichnamigen Roman von Ursula Krechel und bemängelt, dass der TV-Zweiteiler historische Tatsachen der Dramatik opfere.
Das Letzte zum Schluss
Rotlicht: Wer unter dem Einfluss von Drogen Auto fährt, sollte sich dennoch um die Einhaltung grundlegender Verkehrsregeln bemühen. Diesen Grundsatz vergaß ein Dortmunder am vergangenen Wochenende. Wie justillon.de berichtet, machte der Mann eine Polizeistreife durch das Überfahren einer roten Ampel auf sich aufmerksam. Ein freiwilliger Drogenvortest fiel positiv aus, die nachfolgende Durchsuchung des Wagens förderte diverse Betäubungsmittel und Waffen zutage. Nicht genug damit, auch in der Wohnung des Mannes fanden die eifrigen Beamten weitere Rauschmittel in nicht geringer Menge.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
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Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 31. Januar 2017: Trumps Richter / Wohnungseinbruch im Wohnmobil / Drohung im NSU-Prozess . In: Legal Tribune Online, 31.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21866/ (abgerufen am: 30.04.2024 )
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