Präsidentschaftskandidat Fillon wurde von der französischen Justiz vorgeladen. Außerdem in der Presseschau: Polizei soll mit Tasern ausgestattet werden, Maas über Sicherheitspolitik und Bayern soll Dieselfahrverbot für München vorbereiten.
Thema des Tages
Frankreich – Fillon: Der konservative französische Präsidentschaftskandidat François Fillon ist wegen des Verdachts der illegalen Bereicherung auf Staatskosten von den gegen ihn ermittelnden Untersuchungsrichtern für den 15. März vorgeladen worden. Ihm wird vorgeworfen, seine Frau und zwei seiner Kinder zum Schein beschäftigt und ihnen über eine Million Euro zugeschanzt zu haben. Fillon bestreitet die Vorwürfe und will an seiner Kandidatur festhalten. Der französischen Justiz unterstellte er politische Motive: Die Vorladung sei kalkuliert und solle den Konservativen schaden. Er sehe sich als Opfer eines Komplotts und eines "politischen Mords". Insbesondere das schnelle Vorgehen der Richter beweise deren Voreingenommenheit. Es berichten die SZ (Leo Klimm), FAZ (Michaela Wiegel), taz (Rudolf Balmer) und zeit.de (Georg Blume).
Rechtspolitik
Bayrisches Sicherheitspaket: Die bayerische Staatsregierung plant ein Gesetz "zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen", das unter anderem die elektronische Fußfessel und unbefristeten Präventivgewahrsam vorsieht, wie nun auch der Tsp (Jost Müller-Neuhof) berichtet. Kernstück der Regelungen sei ein neuer Begriff der "drohenden Gefahr". Kurt Kister (SZ) bezeichnet den Gesetzentwurf als "geschichtsvergessen". Mit dem Einsperren von Menschen für beliebige Zeit habe Deutschland historisch schlechte Erfahrungen gemacht. Jost Müller-Neuhof (Tsp) hält den im Entwurf enthaltenen Begriff der Gefahr, die einen Zugriff erlaube, für zu vage.
Taser für Polizei: Die Polizei in Berlin und Rheinland-Pfalz wurden bereits zum Test mit Tasern ausgestattet, auch in Bremen und Nordrhein-Westfalen wird eine solche Ausstattung von der SPD gefordert. In den USA ist die Polizei schon länger mit diesen Waffen ausgerüstet. Die Verwendung des Tasers, so die Argumentation, sei milder als der Einsatz einer Schusswaffe. Die SZ (Ronen Steinke) berichtet über einen europäischen Polizeikongress, auf dem die Taser vorgestellt wurden. Rechtsprofessor Clemens Arzt äußerte Bedenken. Die Aufrüstung der US-amerikanischen Polizei mit derartigen Waffen eigne sich nicht als Vorbild, für manche Beamte werde es "verführerisch leicht, zu Gewalt zu greifen."
Ausschluss von Parteienfinanzierung: In einem Gastbeitrag für die FAZ analysiert Rechtsprofessor Julian Krüper den zweiten vom Land Niedersachsen in den Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zum Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der Parteienfinanzierung. Die Fragen danach, wer über einen solchen Ausschluss entscheiden, wie lange die Entscheidung gelten solle und welche Auswirkungen eine solche habe sowie die Frage nach den äußeren Grenzen des Ausschlusses von der Parteienfinanzierung durch die Verfassung, würden von dem Entwurf nicht oder nur im Ansatz thematisiert.
Maas im Interview: Bundesjustizminister Heiko Maas erklärt im Interview mit der taz (Konrad Litschko/Martin Reeh), warum die von ihm und dem Bundesinnenministerium nach dem Berlin-Attentat auf den Weg gebrachten Gesetze zur inneren Sicherheit als objektiv notwendig und rechtspolitisch verhältnismäßig zu sehen seien. Er versteht die SPD trotz dieser Gesetzesverschärfungen als "Korrektiv der Regierung gegen unverhältnismäßige Schnellschüsse". Außerdem spricht Maas über die geplanten Verschärfungen der Mietpreisbremse.
Justiz
BVerwG zu Transparenz privater Akten: Auf lto.de setzt sich Rechtsanwalt Gernot Schiller mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auseinander, in dem es sich zu den Voraussetzungen einer Informationspflicht von Privatpersonen nach § 3 Umweltinformationsgesetz äußerte.
BGH zu irreführender Werbung: Die Werbung eines Online-Händlers, der auf seiner Webseite Brillen in "Optiker-Qualität" anbietet, ist unzulässig, wie der Bundesgerichtshof entschied. Kunden konnten über diese Webseite die Daten aus ihrem Brillenpass übertragen und bekamen eine Gleitsichtbrille geliefert. Der Bundesinnungsverband der deutschen Augenoptiker klagte hiergegen. Insbesondere seien die vom Online-Händler geforderten Daten nicht ausreichend, um die angebotene Qualität garantieren zu können. Es berichtet lto.de.
OLG Köln zu Wucher: Das Oberlandesgericht Köln hat den Freispruch eines wegen Wuchers angeklagten Schlüsseldienst-Betreibers bestätigt, meldet lto.de. Das Ausgesperrtsein allein reiche für die Annahme einer Zwangslage im Sinne des Strafgesetzbuches nicht aus, so das Gericht.
VGH Bayern zu Dieselfahrverboten: In der Münchner Innenstadt wird an zwei Stellen der EU-Grenzwert für die Stickstoff-Konzentration überschritten. Nun müsse die bayrische Landesregierung ein Dieselfahrverbot bis zum Ende des Jahres ausarbeiten, entschied der Verwaltungsgerichtshof Bayern und räumte damit eine längere Frist als bisher vorgesehen ein. Vom Freistaat werde aber zunächst nur eine konkrete und rasche Vorbereitung eines solchen Verbots erwartet. Das Gericht sei nicht von der Vereinbarkeit des Verbots mit der Straßenverkehrsordnung überzeugt, wie die SZ-München (Dominik Hutter) und lto.de berichten. In einem laufenden Verfahren werde das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage zu klären haben. Eine Entscheidung wird für den Herbst diesen Jahres erwartet.
LG Berlin zu Auto-Rasern: Ist das Urteil des Landgerichts Berlin, das zwei Raser wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte, übertrieben? Nein, sagt Martin Klingst (Zeit), die Justiz habe allzu lange derartige Taten zu nachsichtig bestraft. Die Strafe für fahrlässige Tötung in Höhe von fünf Jahren sei zu gering. Würde auf den bedingten Vorsatz abgestellt, müsse aber auch ein Mord angenommen werden, da die Gemeingefährlichkeit des Mittels nicht ignoriert werden könne.
LG Stuttgart zu Dieselskandal: Das Landgericht Stuttgart hat einen sogenannten Vorlagebeschluss gefasst, mit dem ein Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eingeleitet wird. In diesem Dokument, das der Welt (Philipp Vetter) vorliegt, werde bereits eine Würdigung der Argumente der Kläger und der beklagten Porsche SE vorgenommen. Die Richter kämen zu dem Ergebnis, dass die Porsche SE als Haupteigentümerin von VW verpflichtet gewesen sei, ihre Anleger frühzeitig über die Risiken des Abgasbetrugs zu informieren und VW mit der Manipulationssoftware gegen amerikanisches und auch europäisches Recht verstoßen habe.
LG Bonn zu Teldafax-Managern: Nachdem der Prozess im Jahr 2014 wegen einer Besetzungsrüge durch die Strafverteidigung platzte, hat das Landgericht Bonn nun im zweiten Anlauf zwei frühere Manager des insolventen Billigstromanbieters Teldafax wegen Insolvenzverschleppung und Verletzung von Buchführungspflichten zu Bewährungsstrafen verurteilt, berichten die FAZ (Marcus Jung) und spiegel.de.
OLG München – "Old School Society": Vor dem Oberlandesgericht München läuft ein Verfahren gegen vier Männer, denen vorgeworfen wird, als Mitglieder der rechtsextremen "Old School Society" über das Internet einen Sprengstoffanschlag geplant zu haben. Während die Bundesanwaltschaft für die Verurteilung wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung und Bestrafung zu sieben Jahren Haft plädierte, forderten die Verteidiger einen Freispruch, da ihre Mandanten zur Umsetzung der Tat nicht in der Lage gewesen seien und die Chat-Nachrichten nicht ernst genommen werden könnten. Die Zeit (Fritz Zimmermann) schildert ausführlich das Verfahren und dessen Hintergründe.
GBA – Kriegsverbrechen in Syrien: Sieben Syrer haben mit Hilfe des European Centers for Human and Constitutional Rights (ECCHR) in Berlin Strafanzeige beim Generalbundesanwalt gestellt, weil sie in Gefängnissen des Assad-Regimes gefoltert wurden. Deutsche Staatsanwälte können bei Straftaten wie Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf Grund des im deutschen Strafrecht geregelten Weltrechtsprinzips ermitteln, auch wenn weder der Tatort in Deutschland liegt noch Tatopfer oder Täter deutsche Staatsbürger sind. Über die Strafanzeige und die dahinter liegenden Fälle berichtet ausführlich die SZ (Lena Kampf/Nicolas Richter). Es meldet auch zeit.de.
StA Dresden – Höcke-Rede: Die Staatsanwaltschaft Dresden hat das gegen den AfD-Politiker Björn Höcke eingeleitete Strafverfahren wegen dessen Äußerungen zum Holocaust und zum NS-Mahnmal eingestellt. Dies melden die SZ (Jens Schneider) und spiegel.de.
StA Frankfurt/O. – Todesfahrer: Der Verdächtige, der am vergangenen Dienstag erst seine Großmutter und anschließend zwei Polizisten mit dem Auto überfuhr, hat u.a. laut FAZ die Tat den Ermittlern gegenüber gestanden. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder beantragte die Unterbringung des 24-Jährigen in einer Psychiatrie, wie die FAZ (Mechthild Küpper) und spiegel.de schreiben.
BVerwG-Präsident – Nebentätigkeiten: Der Präsident des Bundesverwaltungsgericht Klaus Rennert äußerte sich in der Diskussion um Nebentätigkeiten von Richtern dahingehend, dass wissenschaftliche Veröffentlichungen oder Lehr- und Vortragstätigkeiten der Justiz "unbedenklich" und "geradezu erwünscht" seien, wissen die FAZ (Hendrik Wieduwilt) und die Welt (Jan Dams/Sven Eisenstädt) zu berichten. Es dürfe aber nicht, so Rennert, die richterliche Tätigkeit darunter leiden und auch nicht Partei genommen werden. Ausschlaggebend sei nicht die Bezahlung der Nebentätigkeit, sondern ihr zeitliches Verhältnis zum Hauptamt.
Recht in der Welt
EGMR – Türkei: Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte warten zur Zeit tausende Beschwerden türkischer Staatsangehöriger, die nach dem Militärputsch Folter, Freiheitsentziehung und Entlassung aus ihren Ämtern beklagen, auf eine Entscheidung. Einige Beschwerden wurden bereits wegen der Nichtbeachtung des innerstaatlichen Rechtswegs abgewiesen. Der Rechtsprofessor Jochen Frowein analysiert in einem Gastbeitrag für die FAZ, ob es in der Türkei überhaupt noch einen effektiven Rechtsweg gegen Maßnahmen nach der Notstandserklärung im Sinne von Art. 15 der Menschenrechtskonvention gibt. Er kommt zu dem Schluss, dass die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs in der Türkei nicht mehr notwendig sei.
Frankreich – Marine Le Pen: Die Bezeichnung Marine Le Pens als "Faschistin" durch einen politischen Gegner stellt keine strafbare Beleidigung dar, so entschied das französische Kassationsgericht und wies damit das Rechtsmittel Le Pens gegen ein Urteil des Pariser Berufungsgerichts von Oktober 2015 ab. Zur Begründung hieß es, die Aussage habe die Grenzen der freien Meinungsäußerung nicht überschritten, wie lto.de meldet.
Norwegen – Breivik: Die Isolationshaft des norwegischen Massenmörders Andreas Behring Breivik ist nicht unmenschlich, entschied ein Berufungsgericht in Norwegen und hob das Urteil der Vorinstanz auf. Das Berufungsgericht sei zu dem Schluss gekommen, dass Breivik "weder Folter noch unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt" werde, melden spiegel.de und zeit.de.
Malaysia – Kim Jong Nam: Weil sie den Halbbruder des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un – Kim Jong Nam – getötet haben sollen, sind nun zwei Frauen in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur wegen Mordes angeklagt worden. Ihnen droht die Todesstrafe, schreiben die SZ und zeit.de.
Türkei – Deniz Yücel: Der Welt-Korrespondent Deniz Yücel ist von Istanbul in die Haftanstalt Silivri verlegt worden. Über die dortigen Haftbedingungen sei noch nichts bekannt, so sein Anwalt Veysel Ok. Yücel drohen bei einer Verurteilung wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung bis zu zehn Jahre Haft, schreibt die taz (Daniel Bax).
Italien – Leihmutterschaft: Ein italienisches Gericht entschied, dass zwei homosexuelle Männer als Väter von siebenjährigen Zwillingen, die in Kanada von einer Leihmutter zur Welt gebracht wurden, eingetragen werden dürfen. Es stellte sich damit in Widerspruch zu einem im Jahr 2015 ergangenen Urteil eines anderen italienischen Jugendgerichts, das den Auftraggebern einer Leihmutter nicht gestattete, sich als Eltern des von dieser in Moskau ausgetragenen Kindes eintragen zu lassen. Letztgenanntes Urteil wurde im Januar diesen Jahres vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt. Es berichtet die FAZ (Jörg Bremer).
Sonstiges
Doppelte Staatsbürgerschaft: Dem Thema der doppelten Staatsbügerschaft widmet sich der Rechtsprofessor Stefan Talmon in einem Gastbeitrag für die FAZ. Er stellt die völkerrechtlichen Hintergründe dar sowie die rechtlichen und politischen Schwierigkeiten, die sich für Staaten im Zusammenhang mit dieser ergeben können.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/lz
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau 2. März 2017: Vorladung für Fillon / Taser für Polizei / Dieselfahrverbot für München . In: Legal Tribune Online, 02.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22242/ (abgerufen am: 29.04.2024 )
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