Die betont seriöse Kleidung von Beate Zschäpe war am ersten Tag des NSU-Prozesses interessanter als die Befangenheitsanträge. Außerdem in der Presseschau: Müssen sich NSU-Verteidiger durchsuchen lassen? Probleme bei der Reform der Prozesskostenhilfe und warum sich das Aktienrecht mit einem Händetrockner auf dem Klo beschäftigt.
NSU-Prozess – Der erste Tag: Am Oberlandesgericht München hat der Mord-Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer der NSU-Terrorgruppe begonnen. Die Verteidiger von Zschäpe stellten einen Befangenheitsantrag, weil sich nur die Anwälte durchsuchen lassen müssen, nicht aber Richter und Staatsanwälte. Die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben stellten einen weiteren Befangenheitsantrag u.a. weil der Umbau des Gerichts schon vor der Zulassung der Anklage beschlossen worden war. Die Reportagen vom ersten Prozesstag beschäftigen sich aber vor allem mit dem seriösen und selbstbewussten Auftreten von Beate Zschäpe. Der Tag wird ausführlich geschildert u.a. von der FAZ (Karin Truscheit), der taz (Wolf Schmidt) und der FR (Stefan Geiger/Mirko Weber).
NSU-Prozess – Durchsuchung der Anwälte: Reinhard Müller (FAZ) hält es nicht für willkürlich, dass die Verteidiger anders behandelt werden als Richter und Staatsanwälte. "Das war schon in RAF-Prozessen gang und gäbe, und wie man leider feststellen musste: aus gutem Grund." Rechtsprofessor Carsten Momsen lehnt auf lto.de dagegen die "Extra-Behandlung der Verteidiger" ab. "Es sollten daher entweder alle Verfahrensbeteiligten besonders durchsucht werden oder gar keiner." Anwalt Udo Vetter (Lawblog) meint, es sei eine "Frage des Selbstverständnisses", dass Verteidiger sich gegen solche Kontrollen wehren. Anwalt Michael Selk (Rechthaber-Blog) kritisiert, dass sich die Verteidiger überhaupt durchsuchen ließen und nur einen Befangenheitsantrag stellten.
Anschlag auf Anwaltsbüro: Auf das Cottbusser Büro eines Verteidigers von Ralf Wohlleben wurde in der Nacht auf Montag ein Anschlag verübt, meldet lto.de. Es wurden Fensterscheiben eingeworfen und die Fassade besprüht.
Prozesse gegen rechte Gewalt: Die Welt (Sven Felix Kellerhoff) erinnert an andere Prozesse gegen rechten Terror, u.a. gegen die Deutschen Aktionsgruppen und die Hepp-Kexel-Gruppe.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Prozesskostenhilfe: Der Plan von Bund und Ländern, die Gerichtsgebühren zu erhöhen und die Prozesskostenhilfe einzuschränken, sollte die Landesjustizhaushalte um 70,8 Millionen Euro im Jahr entlasten. Nach Berechnungen der Länder sieht der jüngste Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums nun aber nur noch Entlastungen in Höhe von 15 Millionen Euro vor. Die Länder sehen daher die Reform in Gefahr, meldet spiegel.de.
Kündigungsschutz: Im Interview mit der FAZ (Corinna Budras) diskutiert Rechtsprofessor Bernd Rüthers über Möglichkeiten zur Einschränkung des Kündigungsschutzes, die die Arbeitslosigkeit verringern könnten. Rüthers hält dies allerdings für politisch sehr schwer durchsetzbar. Der Kündigungsschutz gehöre zu den heiligen Kühen Deutschlands.
Weitere Themen – Justiz
BFH zum häuslichen Arbeitszimmer: Ein Arbeitszimmer, das zum häuslichen Bereich gehört, ist nur bedingt steuerlich absetzbar. Laut Handelsblatt (Marko Wieczorek) hat der Bundesfinanzhof jetzt entschieden, dass auch eine als Arbeitszimmer genutzte Wohnung in einem vom Steuerpflichtigen allein genutzten Zweifamilienhaus zur häuslichen Sphäre gehöre.
OLG München zu Handlüftern im Aktienrecht: Rechtsprofessor Ulrich Noack berichtet auf dem Handelsblatt-Rechtsboard über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München von Mitte April. Danach waren Beschlüsse der Siemens-Hauptversammlung nicht anfechtbar, selbst wenn der Handtrockner auf dem Klo zu laut gewesen sein sollte. Aktionäre, die die Ton-Übertragung für mangelhaft halten, müssten dies sofort rügen, statt erst später Beschlüsse anzufechten. Die Vorinstanz hatte anders entschieden.
AG Bremerhaven zu NPD-Hetze: Das Amtsgericht Bremerhaven hat die Volksverhetzungsverfahren gegen drei NPD-Mitglieder eingestellt, sie müssen jeweils eine Geldauflage von 500 Euro zahlen, berichtet die FR (Eckhard Stengel). Unter anderem ging es um ein Online-Spiel bei dem "Rückkehr-Tickets an kriminelle und sozialschmarotzende Ausländer, gewaltbereite Türken-Machos oder drogendealende Afrikaner" verteilt werden sollten.
AG Augsburg zu Pressefreiheit und Online-Foren: Thomas Stadler (internet-law.de) kritisiert einen Beschluss des Amtsgerichts Augsburg, wonach die Leserkommentare in Online-Foren von Zeitungen nicht von der Pressefreiheit geschützt seien, da keine redaktionelle Kontrolle stattfinde. Das AG habe sich nicht genügend mit der BVerfG-Rechtsprechung auseinandergesetzt, wonach auch der Anzeigenteil einer Zeitung unter dem Schutz der Pressefreiheit stehe.
Rechtsanwalt Leitner: Die SZ (Christopher Keil) portraitiert Werner Leitner, den Anwalt von Uli Hoeneß. "Er tritt ohne Eifer auf, arbeitet akribisch." Leitner sei ein "Vertreter der kontrollierten Offensive".
Weitere Themen – Recht in der Welt
Großbritannien – Secret Courts: Der Verfassungsblog (Max Steinbeis) informiert über den Justice and Security Act der jetzt in Großbritannien in Kraft tritt. Danach soll sich der Staat in Zivilverfahren künftig auf Staatsgeheimnisse berufen können, die nicht offengelegt werden müssen. Dies könne zum Beispiel relevant werden, wenn Folteropfer Schadensersatz fordern.
Russland – Verfahren gegen Demonstranten: Anhand von zwei Beispielen beschreibt die taz (Klaus-Helge Donath) wie Moskauer Ermittlungsbehörden mit konstruierten Vorwürfen gegen Menschen vorgehen, die nach Putins Wahl vor einem Jahr protestiert hatten.
Das Letzte zum Schluss
Das geraubte Rubbellos: Bei einer Lotterie gewann ein amerikanischer Arbeiter fünf Millionen Dollar. Mit seinem erfolgreichen Rubbellos ging er in den nächsten Laden, wo ihm aber nur 4.000 Dollar ausgezahlt wurden. Außerdem nahmen ihm die Ladenbesitzer das Los ab. Als diese es Jahre später für sich einzulösen versuchten, verhielten sie sich jedoch so auffällig, dass sie festgenommen wurden. Der Prozess solle in einigen Monaten beginnen, berichtet die SZ (Silke Bigalke) in ihrem Geld-Teil.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 7. Mai 2013: Zschäpe trägt Jackett – Anwälte werden durchsucht – PKH-Reform steht auf der Kippe . In: Legal Tribune Online, 07.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8679/ (abgerufen am: 04.05.2024 )
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