Der Autor D. Akhanlı wurde in Spanien auf Ersuchen der Türkei festgenommen. Außerdem in der Presseschau: Der BGH wies die Haftbeschwerde von Franco A. zurück und laut AG München ist die Weitergabe der Bank-TAN per Telefon grob fahrlässig.
Thema des Tages
Der Fall Doğan Akhanlı: Am Samstag ist der aus der Türkei stammende deutsche Schriftsteller Doğan Akhanlı von der spanischen Polizei festgenommen worden. Am nächsten Tag ordnete ein Gericht in Madrid die Freilassung an, Doğan Akhanlı darf allerdings die Stadt nicht verlassen. Unter anderem die Montags-taz (Tobias Schulze/Jürgen Gottschlich), spiegel.de (Hasnain Kazim) und die Montags-Welt (Philipp Haibach/Boris Kalnoky) haben die Fakten zusammengetragen. Grundlage der Festnahme war ein Ersuchen der Türkei über Interpol. Die SZ (Kai Strittmatter) und die taz (Jürgen Gottschlich) porträtieren den Schriftsteller, der bereits mehrmals in Kontakt mit der türkischen Justiz geriet. Wie die Montags-SZ (Constanze von Bullion/Antonie Rietzschel) berichtet, haben deutsche Politiker wie Angela Merkel und Cem Özdemir empört auf die Verhaftung reagiert und der Türkei vorgeworfen, die internationale Organisation Interpol zu missbrauchen.
In seinem Kommentar appelliert Jürgen Gottschlich (Montags-taz) an die spanische Justiz, sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Es sei jedenfalls schon ein gutes Zeichen, dass Akhanlı zunächst auf freien Fuß gesetzt worden sei.
Die SZ (Mike Szymanski) weist darauf hin, dass das Vorgehen der Türkei nicht neu sei. Auch in anderen Fällen setze die Türkei bei der Verfolgung vermeintlicher Staatsfeinde auch auf Interpol. So sei Anfang des Monats – ebenfalls in Spanien – der schwedische Schriftsteller und Regierungskritiker Hamza Yalçın wegen eines türkischen Haftbefehls festgenommen worden. Wer an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt über internationale Haftbefehle und Auslieferungsersuche entscheidet, erläutert die Montags-taz (Christian Rath).
Rechtspolitik
Maas zu AfD, Mietpreisbremse und Musterfeststellungsklage: Im Interview mit der WamS (Jacqes Schuster/Daniel Friedrich Sturm) sieht Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen möglichen Einzug der AfD in den Bundestag nicht als Gefahr für den Rechtsstaat. Dafür sei der deutsche Rechtsstaat zu stark, so der Minister. Allerdings seien die Fremdenfeindlichkeit und der Nationalismus der AfD ganz sicher keine Bereicherung für unsere politische Debatte, deshalb würde er sich freuen, wenn der AfD der Einzug nicht gelänge. Außerdem kündigt Maas, für den Fall, dass er auch in der nächsten Legislaturperiode Justizminister bleibt, u.a. eine Verschärfung der Mietpreisbremse und die gesetzliche Verankerung der Musterfeststellungsklage an.
Mietpreisbremse: Corinna Budras (FAS) erläutert, warum aus ihrer Sicht die Mietpreisbremse nicht funktioniert und auch nicht funktionieren wird. Zum einen halte sich keiner an die Mietbremse, zum zweiten würde sie mieterseitig auch nicht eingefordert. Eine Abschaffung wäre kein Scheitern, sondern eine Anerkennung der Realität, meint die Autorin.
Aufforderung zur Selbsttötung: Laut Montags-taz (Christian Rath) will der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) der nächsten Justizministerkonferenz einen Gesetzentwurf vorlegen, der darauf abzielt, die Aufforderung zur Selbsttötung unter Strafe zu stellen. Anlass sei ein Vorfall in Baden-Baden. Auf dem Vordach eines Hotels habe Ende Juli ein verzweifelter Gast hinunterzuspringen gedroht. Als die Polizei eintraf, hatten sich bereits rund 50 Schaulustige versammelt, von denen einige den Mann zum Springen aufgefordert und die Szene mit ihrem Smartphone gefilmt hatten. Es war der Polizei letztlich gelungen, den Mann in Gewahrsam zu nehmen und in eine Klinik zu bringen.
Umgang mit Gefährdern: Die Montags-FAZ (Alexander Haneke) erläutert die rechtlichen Grenzen im Umgang mit terroristischen Gefährdern. Von den ca. 700 Personen, die das BKA als islamistische Gefährder listet, seien mehr als die Hälfte deutsche Staatsbürger, die beispielsweise nicht nach § 58a Aufenthaltsgesetz abgeschoben werden könnten. Eine mögliche Lösung sei der bayerische Weg. Dort könnten Gefährder zum Tragen einer elektronischen Fußfessel gezwungen und bei einem Verstoß gegen die Auflagen in Gewahrsam genommen werden.
"Nein heißt Nein": Die Montags-taz (Simone Schmollack) zieht eine Bilanz zu der vor einem Jahr beschlossenen Reform des Sexualstrafrechts. Seitdem seien deutlich mehr sexuelle Übergriffe und Nötigungsdelikte als in der Vergangenheit angezeigt worden. Es sei allerdings unklar, ob das neue Gesetz dafür gesorgt habe, dass die Zahl der Anzeigen gestiegen sei.
Ehegattensplitting: Die FAS (Dyrk Scherff) stellt fest, dass das Ehegattensplitting zum Wahlkampfthema geworden ist. Die Historie der Regelung sowie die Auswirkungen der verschiedenen von den Parteien vorgeschlagenen Änderungen werden in dem Beitrag dargestellt.
Fluggastrechteverordnung: Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Bundesjustizminister Heiko Maas (beide SPD) fordern eine Änderung der Fluggastrechteverordnung. Die Airlines sollen verpflichtet werden, ihre Kunden für den Insolvenzfall abzusichern. Nach einem entsprechenden Artikel des Hbl (Dana Heide/Till Hoppe) ist jedoch eine baldige Einigung nicht in Sicht: Die 2013 angestoßene Überarbeitung der Fluggastrechteverordnung stecke seit Jahren fest, weil sich Spanien und Großbritannien nicht auf den Status des Flughafens von Gibraltar einigen könnten.
Wahlrecht: Die Montags-FAZ (Jörg Wenge) befasst sich mit dem geltenden Wahlrecht, das etwa 85.000 Personen von der Wahl ausschließt, weil ihnen das Wahlrecht entzogen wurde. Zum einen betreffe das diejenigen, die als schuldunfähige Straftäter in einer psychiatrischen Anstalt sitzen, zum anderen jene, die dauerhaft in allen Angelegenheiten betreut werden. Sowohl von den Sozialverbänden als auch von den Grünen, der SPD und der Linkspartei kommen Forderungen nach einer gesetzlichen Änderung hinsichtlich der unter Betreuung stehenden Personen. Verena Bentele (SPD), die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, wird mit den Worten zitiert: "Wenn wir eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung wollen, geht kein Weg daran vorbei, die Ausschlüsse zu streichen."
Justiz
BSG zur Aufwandsentschädigung beim Ehrenamt: Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die pauschale Aufwandsentschädigung eines Ehrenamtes nicht unter die Sozialversicherungspflicht fällt. Das gelte auch dann, so der entsprechende Bericht in der Samstags-FAZ (Dietrich Creutzburg), wenn dabei neben Repräsentationsaufgaben auch administrative Aufgaben erledigt werden.
LG Bremen zur Körperverletzung durch einen Polizisten: Das Landgericht Bremen bestätigte die Verurteilung eines Polizisten, der vor vier Jahren im Dienst einen damals 54-jährigen Brasilianer krankenhausreif geschlagen hatte. Das Amtsgericht Bremen hatte eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verhängt, meldet die Samstags-taz (Eiken Bruhn).
ArbG Berlin – Kopftuch: In einem weiteren Gerichtsverfahren um das Kopftuch einer Lehrerin hat das Land Berlin jetzt die die bekannte Berliner Rechtsanwältin Seyran Ateş mit der Rechtsvertretung beauftragt. Die Montags-taz (Daniel Bax) berichtet, dass die Entscheidung auf Kritik gestoßen sei, unter anderem beim Berliner "Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit". In dem Fall hat eine bereits angestellte muslimische Lehrerin dagegen geklagt, dass sie aufgrund ihres Kopftuchs von einer Grundschule an eine Berufsschule versetzt worden war. Ein Urteil dazu werde für den Januar 2018 erwartet. Das Land strebe jetzt eine Grundsatzentscheidung an. Unter Umständen sei man bereit, bis zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen Gerichtshof zu gehen, soll Ateş angekündigt haben.
BGH zur Haftbeschwerde Franco A.: Der Bundesgerichtshof hat die Haftbeschwerde von Franco A. verworfen. Das meldet lto.de. Franco A. wird vorgeworfen, gemeinsam mit zwei weiteren Beschuldigten einen Angriff auf das Leben hochrangiger Politiker und Personen des öffentlichen Lebens geplant zu haben. Er wollte dabei den Verdacht auf in Deutschland lebende Asylbewerber lenken und hat sich zu diesem Zweck selbst als Schutzsuchender ausgegeben. Für den BGH besteht jedoch jedenfalls hinreichender Tatverdacht wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz sowie ein dringender Tatverdacht wegen Betrugs, weshalb die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft gerechtfertigt sei.
AG München zur Weitergabe einer TAN-Nummer: lto.de berichtet über einen Fall, den das Amtsgericht München Anfang des Jahres entschieden hat. Aufgrund einer zuvor erhaltenen Phishing-E-Mail teilte eine Bankkundin per Telefon einer vermeintlichen Bankangestellten die TAN-Nummer für eine Überweisung in Höhe von mehreren Tausend Euro mit. Die Bank weigerte sich, den entstandenen Schaden zu ersetzen und bekam vor dem Amtsgericht München recht. Die Kundin habe grob fahrlässig gehandelt und hätte erkennen müssen, dass die Weitergabe der TAN die Gefahr einer missbräuchlichen Überweisung berge.
AGH NRW zur Unvereinbarkeit der Anwaltstätigkeit mit öff. Dienstverhältnis: lto.de (Pia Lorenz) erläutert eine Entscheidung des Anwaltsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen, mit der die Unvereinbarkeit der Anwaltstätigkeit mit einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst bestätigt wird. Es ging im Verfahren um eine Juristin, die juristische Aufgaben aus dem Bereich der Geschäftsführung bei einem – von der Agentur für Arbeit und einer Kommune getragenen – Jobcenter wahrnimmt, dieses u.a. in gerichtlichen Verfahren vertritt und als Syndikusanwältin zugelassen werden wollte. Diese Tätigkeit sei jedoch wegen der damit verbundenen "Staatsnähe" nicht mit dem anwaltlichen Berufsbild vereinbar, meinten die Richter.
BFH zur Mitwirkung an politischer Willensbildung: Mit einem Urteil des Bundesfinanzhofes zur Gemeinnützigkeit von Organisationen, die an der politischen Meinungsbildung mitwirken, befasst sich Dipl.-Volkswirt Manfred Lehmann auf lto.de. Die Münchner Richter hatten in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom März dieses Jahres festgestellt, dass Äußerungen, die zwar in dem Sinne als "politisch" anzusehen seien, als sie das Gemeinwesen betreffen, jedoch zugleich parteipolitisch neutral blieben, der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft nicht grundsätzlich entgegenstehen. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass es eines stärkeren Bewusstseins bei den verantwortlich Handelnden auf Seiten der Finanzverwaltung bedürfe, dass die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen nicht schädlich ist, wenn sie den gemeinnützigen Zwecken dient. Die Betätigung gemeinnütziger Organisationen als "Themenanwälte" müsse auch die politische Ebene tangieren können, anderenfalls drohe das Engagement innerhalb der Zivilgesellschaft faktisch leerzulaufen.
Immunität Frauke Petry: Der Immunitätsausschuss des sächsischen Landtages hat, wie jetzt auch der Spiegel (Steffen Winter) berichtet, in der vergangenen Woche einstimmig beschlossen, die Immunität der AfD-Landtagsabgeordneten Frauke Petry aufzuheben. Sollte kein Abgeordneter binnen einer Woche schriftlich widersprechen, gilt die Ausschussempfehlung als Landtagsbeschluss. Für den Fall einer Anklage und Verurteilung droht der AfD-Vorsitzenden eine Mindeststrafe von einem Jahr Haft, heißt es in dem Bericht. Es geht um Darlehen in Höhe von 3.000 Euro, die Parteimitglieder der Partei gewährt haben. Entgegen der Aussage von Petry hätten Bewerber um ein Landtagsmandat auf die Rückzahlung des Darlehens verzichten müssen, wenn es ihnen gelungen sei, tatsächlich ein Mandat zu erringen.
OLG München zu Werbeblockern: Auf ihrer Medienseite befasst sich die Samstags-FAZ (Michael Hanfeld) jetzt auch mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts München zur Zulässigkeit von Werbeblockern. Auf eine Klage der Süddeutschen Zeitung, ProSiebenSat.1 und der RTL-Werbetochter IP-Deutschland hin haben die Münchener Richter festgestellt, dass das Programm Adblock keine gezielte Behinderung der Kläger darstelle und es sich nicht um verbotene aggressive Werbung handele.
"Hinter Gittern": Die SZ setzt die Reihe über den Alltag im Strafvollzug fort. In der Samstags-SZ (Alexander Krützfeldt) wird beschrieben, wie im Gefängnis Drogen und Handys gehandelt werden, in der Montags-SZ (Alexander Krützfeldt) geht es um die Hierarchien und wie sie durchgesetzt werden.
Recht in der Welt
USA – Dieselskandal: Laut Hbl (Stefan Menzel) hat die Staatsanwaltschaft im Fall des früheren Volkswagen-Ingenieurs James Liang eine Haftstrafe von drei Jahren wegen dessen Beteiligung an den Manipulationen gefordert. Ein Urteil wird für kommenden Freitag erwartet. Liang müsse eine Fußfessel tragen und dürfe die Vereinigten Staaten nicht verlassen. Seine Anwälte hatten angekündigt, dass er umfassend aussagen wolle. Insgesamt gibt es in den USA acht Volkswagen-Beschuldigte.
Türkei – Verfahren gegen "Putschisten": Die FAS (Rainer Hermann) fasst den bisherigen Prozessverlauf des Verfahrens gegen 468 Angeklagte zusammen, denen eine Beteiligung am Putsch im vergangenen Jahr vorgeworfen wird, und wirft auch einen Blick auf den Putsch selbst.
USA – Polanski: Das Verfahren gegen den Regisseur Roman Polanski wird weitergeführt. spiegel.de berichtet, dass der Richter Scott Gordon ein Gesuch des 84-jährigen polnisch-französischen Filmemachers auf Einstellung des Missbrauchsverfahrens abgelehnt habe. Im Falle seiner Rückkehr in die USA muss Polanski somit weiterhin eine Haftstrafe wegen eines vor 40 Jahren begangenen Sexualverbrechens befürchten. Polanski soll seinerzeit die damals 13-jährige Samantha Geimer missbraucht haben.
Sonstiges
IFAB – Videobeweis im Fußball: Der Journalist Tobias Altehenger erläutert auf lto.de die Regelungen des International Football Association Board (IFAB) zum Videobeweis. Der Videobeweis werde das Spiel gerechter machen, was in einem Geschäft, in dem es um so viel Geld geht wie in der Fußball-Bundesliga, sicher keine schlechte Idee sei, meint der Autor. Das Spiel attraktiver machen werde er aber nicht. Fans würden sich daran gewöhnen müssen, nach Toren ihres Teams erst abzuwarten, ob der Videoassistent sein Veto einlegt.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/pf
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. August 2017: Fall Doğan Akhanlı / Haftbeschwerde Franco A. zurückgewiesen / AG München zur Weitergabe einer TAN . In: Legal Tribune Online, 21.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24037/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
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