Werbung für Kinderlebensmittel: Capri-Sonne erhält Schmähpreis "Goldener Windbeutel"

Kinder sind leichtgläubig und damit eine beliebte Zielgruppe der Lebensmittelindustrie. Sie werden nicht nur mit lockeren Sprüchen umworben, sondern auch mit Abenteuercamps, Gewinnspielen oder Sammelaktionen. Foodwatch prämierte Capri-Sonne nun für die dreisteste Werbemasche. Auch der Gesetzgeber setzt mit dem UWG einem allzu bunten Treiben Grenzen, erklärt Dirk Pauli.

Vergangene Woche verlieh Foodwatch zum fünften Mal den "Goldenen Windbeutel". Prämiert wurde die dreisteste Werbemasche für ein Kinderprodukt. Über den Gewinner abstimmen durften Verbraucher, sie entschieden sich für die Limonade Capri-Sonne. Weitere Kandidaten waren der Joghurt Monsterbacke, die Chips Pom-Bär, die Cornflakes Kosmostars und der Kuhflecken-Pudding "Paula".

Nicht nur Foodwatch verfolgt das Ziel, Kinder vor unsachgemäßer Werbung zu schützen, weil sie sich leichter als Erwachsene beeinflussen lassen. Auch der Gesetzgeber stellt hohe Anforderungen an Werbung, die sich an Kinder richtet. Die meisten Vorschriften zum Schutz von Kindern vor einer unsachgemäßen Beeinflussung finden sich im Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG).

Unzulässig: "Den musst Du probieren!"

Werbung für Kinderlebensmittel darf nicht irreführend sein, § 5 UWG. Verboten sind objektiv unwahre Angaben, aber auch mehrdeutige oder sogar wahre Aussagen, die eine Fehlvorstellung hervorrufen. Wer etwa einen Kinderjoghurt mit der Aussage "So wertvoll wie ein Glas Milch" bewirbt, weil der Kalziumgehalt des Joghurts dem eines Glases Milch entspricht, riskiert eine gerichtliche Untersagung, wenn nicht deutlich gemacht wird, dass dieser Joghurt im Vergleich zur Milch den dreifachen Zuckergehalt hat. Denn ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher wird bei diesem Werbespruch keinen so hohen Zuckergehalt erwarten. Einen Hinweis in den Nähwertangaben hält die Rechtsprechung nicht für ausreichend, um eine Irreführung auszuschließen.

Als völlig inakzeptabel bewertet der Gesetzgeber die unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst ein Produkt zu erwerben oder ihre Eltern zum Kauf zu veranlassen. Dies ergibt sich aus Nr. 28 der sogenannten Schwarzliste zum UGW.

Damit ist jedoch nicht jede Werbung verboten, die Kinder oder ihre Eltern zum Kauf animieren soll. Untersagt ist lediglich die "unmittelbare Kaufaufforderung". Dafür genügt es nicht, dass in einem Werbespot Kinder gezeigt werden, die begeistert einen Pudding in den Einkaufswagen legen. Denn das ist nur eine mittelbare Aufforderung zum Kauf. Unzulässig ist es dagegen, Kinder direkt mit "Du" anzusprechen, etwa mit Slogans wie "Den musst Du probieren!" oder "Schnapp ihn Dir!".

Sammelaktionen und Gewinnspiele

Aber auch mittelbare Kaufaufforderungen können im Einzelfall unlauter sein. Kinder sind nämlich häufig nicht in der Lage, ein Angebot kritisch zu bewerten, ihre Sammel- und Spielleidenschaft kann sie schnell zu einer unvernünftigen Entscheidung verleiten.

Kritisch sind Sammelaktionen, die ein Kind zum Kauf von Mengen animiert, die  über den Bedarf des Kindes hinausgehen. Das Gleiche gilt, wenn die Aktion nur kurze Zeit dauert und die Kinder dadurch unter Zeitdruck gesetzt werden.

Gewinnspiele sind vor allem dann problematisch, wenn die Teilnahme vom Kauf der Lebensmittel abhängig gemacht wird. Um dem Schutzbedürfnis der Kinder Rechnung zu tragen, müssen die Teilnahmebedingungen für sie verständlich formuliert sein und es darf nicht suggeriert werden, dass durch den Erwerb der Ware die Gewinnchance erhöht wird.

Diese strengeren Regeln gelten für alle Gewinnspiele, die zumindest auch Kinder ansprechen. Dies wurde etwa bei einem Gewinnspiel zur Bewerbung von Fruchtgummis angenommen, obwohl der ausgelobte Gewinn (Goldbarren) für Kinder eher wenig attraktiv war. Für das Gericht war entscheidend, dass die beworbene Ware neben Erwachsenen auch Kindern schmeckt und dass der TV-Werbespot überwiegend tagsüber platziert wurde (OLG Köln, Urt. v. 21.09.2012, Az. 6 U 53/12).

Capri-Sonnen-Schwimmabzeichen rechtlich erlaubt

Meist treffen noch die Eltern die Entscheidung, welche Lebensmittel sie für ihre Kinder kaufen. Es sind daher auch sie, die von einem Produkt überzeugt werden müssen. Die Werbung versucht oft zu suggerieren, dass das Lebensmittel besonders kindgerecht oder wertvoll ist. Die Grenze zur unlauteren Irreführung ist dann häufig nicht mehr weit, denn Kinderlebensmittel sind nicht selten stark gezuckert.

Ein weiteres Problem besteht, wenn die Werbung gesundheitsbezogene Angaben enthält, denn nach der Health Claim Verordnung müssen solche Angaben zuvor von der Europäischen Kommission zugelassen werden. Dies dürfte selten der Fall sein. Gesundheitsbezogene Angaben bringen zum Ausdruck, dass ein Zusammenhang zwischen Lebensmittel und gesundheitlicher Verfassung besteht, etwa wenn ein Joghurt unter Hinweis auf die Vermehrung der Darmbakterien des Kindes beworben und mit dem Spruch kombiniert wird "ihr Kind wird von innen heraus unterstützt".

Mit dem Wettbewerbsrecht lassen sich Auswüchse bei der Kinderwerbung verhindern, den Unternehmen bleiben dennoch viele Werbemöglichkeiten. Sportevents und Ferienlager gesponsert von Capri-Sonne oder das Capri-Sonnen-Schwimmabzeichen mögen ein Dorn im Auge der Verbraucherschützer sein, rechtlich untersagen lassen sich diese nicht.

Der Autor Dirk Pauli, LL.M. (Chicago) ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und in der Kanzlei Kleiner Rechtsanwälte in Stuttgart tätig.

Zitiervorschlag

Dirk Pauli, LL.M. (Chicago), Werbung für Kinderlebensmittel: Capri-Sonne erhält Schmähpreis "Goldener Windbeutel" . In: Legal Tribune Online, 24.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8796/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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