Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind. Dies gilt nicht minder für den Dienstwagen, der für viele nach wie vor Statussymbol und Gradmesser ihrer Wertschätzung ist. So führen Auswahl und Ausstattung des Fahrzeugs nicht selten zum Streit. Emotional reagieren Arbeitnehmer auch, wenn der Chef die Überlassung des Firmenwagens wieder einstellen will. Von Dr. Gudrun Germakowski.
Obwohl das Thema ein Dauerbrenner vor deutschen Arbeitsgerichten ist, unterschätzen viele Arbeitgeber noch immer ihre Verpflichtung, die sie mit der Überlassung eines auch privat nutzbaren Dienstwagens eingehen. Andere wollen sich vor jeder Bindung durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt schützen – ohne Erfolg, denn solche Klauseln hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits vor einigen Jahren als unwirksam verworfen (Urt. v. 19.12.2006, Az. 9 AZR 294/06).
Im Jahr 2010 musste sich das BAG zweimal mit Fragen der Dienstwagenüberlassung beschäftigen. Mit Entscheidung vom 13. April 2010 (Az. 9 AZR 113/09) grenzte das Gericht die Möglichkeiten ein, eine bestehende Dienstwagenberechtigung zu widerrufen. Es hat hierbei zwar bestätigt, dass die private Dienstwagennutzung unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt werden kann. Dieser müsse jedoch strengen Anforderungen genügen.
Ein Widerrufsvorbehalt "aus wirtschaftlichen Gründen" reiche jedenfalls nicht aus. Notwendig sei die Benennung konkreter Gründe. Dem Arbeitnehmer müsse von Anfang an klar sein, wann er mit einem Widerruf zu rechnen habe. Mit seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2010 (Az. 9 AZR 631/09) hat das BAG schließlich Klarheit darüber geschaffen, dass der Arbeitgeber den Dienstwagen zurückfordern kann, sobald seine Entgeltfortzahlungspflicht endet. Das Gericht hat damit für Fälle der Langzeiterkrankung oder auch Elternzeit Rechtssicherheit geschaffen.
Privatnutzung ist echtes Entgelt
Beide Urteile behandeln völlig unterschiedliche Punkte, rückten jedoch einen ebenso einfachen wie häufig übersehenen Punkt in den Vordergrund: Die Dienstwagenüberlassung zu privaten Zwecken ist Entgelt. Der Arbeitgeber schuldet den zugesagten Dienstwagen – hiervon kann er sich nicht einmal freikaufen, indem er den geldwerten Vorteil auszahlt. Selbst jene, die dies wissen, scheint die Bedeutung dieses Umstandes häufig nicht zu ereichen.
Bei fast allen Personalern schrillen sofort die Alarmglocken und sie warnen vor ungewollter Bindung, wenn ein Arbeitnehmer plötzlich mehr als das vertraglich vereinbarte Gehalt ausgezahlt erhält. Bei Bonuszahlungen überschlagen sie sich meist mit Vorbehalten. Dagegen wird oftmals völlig bedenkenlos einem Arbeitnehmer statt des vereinbarten Kleinwagens eine C-Klasse oder ein Audi A6 überlassen, wenn dieser nach Ausscheiden eines Mitarbeiters gerade ungenutzt im Fuhrpark steht.
Umso größer ist später das Erstaunen, wenn der Arbeitnehmer nach Auslaufen des Leasing-Vertrages ein vergleichbares Fahrzeug fordert, da er die Überlassung des A6 als Gehaltserhöhung verstanden hat.
Klare Regelungen vermeiden Streit
Einziges Mittel gegen eine unerwünschte Bindung ist eine klare Regelung der Dienstwagenüberlassung. Hierzu gehört die Vereinbarung eines angemessenen Widerrufsvorbehalts. Sinnvoll ist es zudem – dies zeigt sich gerade bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen –, Haftungsregelungen aufzustellen. Auch Regelungen zur Pflege und Wartung sind zu empfehlen.
Nicht selten verlieren nämlich auch Arbeitnehmer den Charakter der Dienstwagenüberlassung aus den Augen. Es wird vergessen, dass das Fahrzeug – trotz gestatteter Privatnutzung – in erster Linie für Zwecke des Arbeitsverhältnisses überlassen wurde und kein Privatwagen ist. So kann man sicher nicht beanstanden, wenn ein Arbeitnehmer den Dienstwagen bei sorgsamem Umgang etwa dazu nutzt, den Weihnachtsbaum nach den Feiertagen zur Entsorgungsstation zu transportieren. Eine Selbstverständlichkeit sollte es jedoch sein, dass die Reinigung nach einer solchen Nutzung Privatsache des Arbeitnehmers ist und nicht auf Kosten des Arbeitgebers gehen kann.
Schließlich sollte zu den guten Vorsätzen für das Jahr 2011 auch für alle Dienstwagenfahrer die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung gehören. Denn bei allen noch offenen Fragen ist klar: Bußgelder wegen zu schnellen Fahrens, Rotlichtverstößen oder Falschparkens trägt stets der Arbeitnehmer.
Die Autorin Dr. Gudrun Germakowski ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP am Standort Düsseldorf.
Gudrun Germakowski, Rechtsprechung zum Dienstwagen: . In: Legal Tribune Online, 30.12.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2244 (abgerufen am: 31.10.2024 )
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