Der Job als Syndikusrechtsanwalt

Anwalt des eigenen Arbeit­ge­bers

Gastbeitrag von Lena ForbergerLesedauer: 5 Minuten

Die Anzahl der zugelassenen Rechtsanwälte geht zurück – die der Syndizi hingegen steigt an. Spannender Job bei besserer Work-Life-Balance? Lena Forberger erklärt, was man als Syndikusanwalt eigentlich so macht.

Berufseinsteiger legen viel Wert auf spannende Tätigkeiten, eine angemessene Bezahlung – und zunehmend auch die Vereinbarkeit mit dem Privatleben. Hier wirkt die Großkanzlei traditionell eher abschreckend. Anders sieht das hingegen bei Inhousetätigkeiten aus, auch wenn es dort sicherlich auf den Arbeitgeber ankommt. Dr. Claudia Junker ist seit mehr als 13 Jahren General Counsel bei der Deutschen Telekom AG – und war zuvor Anwältin in einer Großkanzlei.

Sie kennt deshalb beide Perspektiven: Beide Tätigkeiten seien sehr anspruchsvoll, eine klare Abgrenzung der Arbeitsbelastung sei allerdings möglich. "In der Großkanzlei ist oft ein sehr hoher Arbeitsdruck – freie Abende gibt es eher nicht. Im Unternehmen ist das anders. So haben wir als Unternehmen etwa eine Wochenend-Policy – am Wochenende wird nur in Notfällen gearbeitet", berichtet sie.

Der Job als Syndikusanwalt wird zunehmend beliebter, das zeigen auch aktuelle Zahlen der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK): Während die Anzahl der zugelassenen Rechtsanwälte leicht zurückging, gab es bei den Syndikusrechtsanwälten einen Zuwachs um gut 15 Prozent. Was macht den Job aus?

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"Breites Spektrum an Rechtsfragen"

Der Syndikus, auch Unternehmensjurist genannt, ist beispielsweise in der Rechtsabteilung eines Unternehmens tätig. In dieser Funktion berät der Syndikus ausschließlich seinen nicht-anwaltlichen Arbeitgeber in sämtlichen Rechtsfragen, arbeitet sich also tief in die rechtlichen Angelegenheiten des Unternehmens ein. Spiegelbildlich ist es am Syndikus gelegen, "juristische Themen Nichtjuristen verständlich darzulegen, um effektiv rechtliche Unterstützung bereitzustellen", berichtet Niklas Zielonka, Syndikusrechtsanwalt der Rhine-Ruhr 2025 FISU Games gGmbH.

Der wesentliche Unterschied zum traditionellen Rechtsanwalt besteht darin, dass dieser mehrere Mandanten betreut. Je nach Unternehmensstruktur kommt der Syndikus mit jeglichen Rechtsfragen in Berührung. Insbesondere in größeren Unternehmen sind aber häufig neben der allgemeinen Rechtsabteilung auch einzelne Abteilungen, etwa für Compliance oder Datenschutz, etabliert.

Durch die ausschließliche Beratung des eigenen Arbeitgebers sieht Zielonka keineswegs eine inhaltliche Begrenzung seiner anwaltlichen Tätigkeit, "vielmehr wird man mit einem breiten Spektrum an Rechtfragen konfrontiert". Durch diesen Fokus sei es möglich, "die rechtlichen Aspekte der Unternehmensstrategie und der Unternehmensentscheidungen mitzugestalten", so Zielonka. Ähnliches berichtet Junker: "Wir sind ins operative Geschäft und die strategischen Überlegungen unseres Unternehmens (Arbeitgebers) eingebunden".

Im Tätigkeitsfeld der Rechtsberatung ist die inhaltliche Arbeit des Unternehmensjuristen mit der Arbeit eines Rechtsanwalts vergleichbar. So ist auch für den Syndikus eine Spezialisierung, gegebenenfalls auch unter Erlangung bzw. Wahrung des Fachanwaltstitels, möglich. Darüber hinaus kann er teilweise zur gerichtlichen Vertretung seines Arbeitgebers in verwaltungs-, finanz- und sozialgerichtlichen Verfahren legitimiert sein. Der Syndikusrechtsanwalt, der zugleich niedergelassener Rechtsanwalt ist (sog. Doppelzulassung), kann seinen Arbeitgeber in zivilrechtlichen sowie arbeitsgerichtlichen Verfahren vertreten, sofern er die Tätigkeit nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abrechnet. In Straf- und Bußgeldsachen darf er allerdings weder seinen Arbeitgeber noch dessen Mitarbeiter verteidigen.

Auch ein Unternehmensjurist muss unabhängig sein

Die Vergleichbarkeit führt dazu, dass der Syndikusrechtsanwalt ebenfalls Teil der Bundesrechtsanwaltschaft ist. In der Folge kann er die Vorteile, beispielsweise die Mitgliedschaft beim Versorgungswerk, ziehen, unterliegt andererseits aber auch den allgemeinen Berufspflichten insbesondere der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Ein besonderes Augenmerk liegt hier auf der Wahrung der Unabhängigkeit nach § 43 BRAO; schließlich wird der Unternehmensjurist für seinen Arbeitgeber tätig, darf bei der Rechtsberatung und -vertretung seines "Mandanten" allerdings keinen Weisungen unterliegen.

"Die Weisungsfreiheit muss auch tatsächlich so im Unternehmen gelebt werden, was naturgemäß von außen nur schwer überprüfbar ist", sagt Dr. Christian Deckenbrock, Akademischer Oberrat am Institut für Anwaltsrecht der Universität zu Köln. Um dennoch die berufsrechtlichen Grundpflichten zu gewährleisten, muss bereits bei Zulassung zur Rechtsanwaltschaft eine konkrete Tätigkeitsbeschreibung vorliegen, nach der in qualitativer und quantitativer Weise eine anwaltliche Tätigkeit vorliegt. Hier kommt es aber jeweils auf den konkreten Einzelfall an, sodass an dieser Stelle keine allgemeingültigen Kriterien aufgestellt werden können. In jedem Fall muss eine Abwägung erfolgen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt derweil hohe Anforderungen an die Weisungsunabhängigkeit. Um tatsächlich von der Weisungsunabhängigkeit ausgehen zu können, genüge eine Klausel im Arbeitsvertrag nicht; vielmehr müsse es tatsächliche Anhaltspunkte geben, die die erforderliche Weisungsfreiheit belegen. Wenn der Syndikus etwa ein in einer Stellung tätig ist, in der es gesetzliche oder satzungsmäßige Weisungsbefugnisse gibt, dann müssen diese im Hinblick auf die anwaltliche Tätigkeit als Syndikus ausdrücklich in der Satzung aufgehoben sein.

Gute Noten und Branchenkenntnisse als Voraussetzung

Wer als Unternehmensjurist tätig werden möchte, sollte neben dem Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen zudem über ein (Grund-)Verständnis der jeweiligen Branche verfügen. "Technisches Verständnis (bei uns als Telekommunikationsunternehmen), wirtschaftliche Überlegungen und detaillierte Geschäftskenntnis spielen eine große Rolle. Nur, wenn wir die Facetten auch im Detail verstehen, können wir unseren Aufgaben gerecht werden", sagt Junker.

Wie auch für die Zulassung zum Rechtsanwalt bedarf es zur Zulassung zum Syndikusrechtsanwalt zweier Staatsexamina. Neben dieser Grundvoraussetzung müssen Bewerber auch weitere Einstellungskriterien erfüllen. "Auch im Unternehmen spielt die Note sicher eine Rolle", erklärt Zielonka. Im Übrigen geht es "durchaus um andere Dinge, wie die Identifizierung mit dem Unternehmen und die Bereitschaft, sich mit neuen Rechtsgebieten vertraut zu machen".

Junker, die bei der Telekom die Einstellungskriterien festlegt, bestätigt, dass die Abschlussnoten – wie auch in der Großkanzlei – nach wie vor eine wichtige Rolle spielen, aber durch weitere Merkmale ergänzt werden: "Wir haben zudem einen genauen Blick darauf, was der Bewerber sonst so erlebt hat. War er im Ausland? Engagiert sie sich anderweitig? Hat er Erfahrungen außerhalb seines juristischen Studiums gesammelt? Kurzum, was hebt ihren Lebenslauf von einem blanken Karriereweg ab und macht sie gerade für uns interessant?". 

Was verdient man eigentlich?

Die Arbeitsbelastung ist meistens geringer als in Großkanzleien – das muss aber nicht zwangsläufig mit finanziellen Einbußen verbunden sein, wie der LTO-Gehaltscheck zeigt. Eine juristische Tätigkeit auf hohem Niveau kann auch im Unternehmen entsprechend honoriert werden. Beispielsweise sind die Einstiegsgehälter der Unternehmensjuristen in der Automobil- oder Telekommunikationsbranche vergleichbar mit denen in Großkanzleien.

Mit der (Doppel-)Zulassung zum Syndikusrechtsanwalt sind nicht nur die Gehaltsperspektiven vielversprechend; auch die Bezüge der berufsständischen Versorgungskasse sind gewährleistet. Die Tätigkeit in der freien Wirtschaft erlaubt allerdings eine breite Gehaltsspanne, so dass sich eine konkrete Verdienstaussicht regelmäßig nicht beziffern lässt. 

Aber bei der Berufswahl sind ja auch noch viele weitere Faktoren entscheidend. Langweilig wird es als Syndikusanwalt jedenfalls nicht. Was ihren Job ausmacht, beschreibt Junker zusammenfassend so: "Die ganze Welt des Rechts, die ganze Welt der Menschen".

Lena Forberger ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer internationalen Großkanzlei. Ihr Erstes Staatsexamen hat sie im November 2022 in Köln absolviert.

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