Befristete Verträge für Profifußballer sind rechtmäßig, so das LAG Mainz. Außerdem in der Presseschau: mehr weibliche Bundesrichter, BGH arbeitet rassistische Vergangenheit auf und Dieter Grimm porträtiert Scalia.
Tagesthema
LAG Rheinland-Pfalz zu Fußballerverträgen: Fußballvereine dürfen mit ihren Spielern auch weiterhin befristete Verträge schließen. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gestrigen Mittwoch nach einer Klage des ehemaligen Torhüters des FSV Mainz 05, Heinz Müller. Die Vorinstanz hatte noch zugunsten Müllers entschieden, der 2014 nach Ablauf eines Zweijahresvertrages auf Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis geklagt hatte. Eine Befristung sei in der Gesamtbetrachtung wegen der "Eigenart der Arbeitsleistung" rechtmäßig. Dazu berichten u.a. SZ (Johannes Aumüller), lto.de sowie blog.beck.de (Christian Rolfs).
spiegel.de spricht mit dem Fachanwalt für Arbeitsrecht Thomas Becker, der meint: "Die Richter haben den Profiklubs einen Freibrief ausgestellt", es bleibe alles beim Alten.
Rechtspolitik
Mehr weibliche Bundesrichter: Wie die SZ (Wolfgang Janisch) meldet, wollen die Grünen erreichen, dass bei Wahlen der Bundesrichter künftig mit quotierten Listen gearbeitet werde; bei einer frei werdenden Stelle an einem der fünf Bundesgerichte, wo die Frauenquote teilweise noch unter 30 Prozent liege, sollen dann ein Mann und eine Frau vorgeschlagen werden.
Strafkammertag: Laut einem Bericht der FAZ (Reinhard Müller) vom Strafkammertag in Hannover lehnten viele Richter Videoaufzeichnungen von Hauptverhandlungen oder im Ermittlungsverfahren ab, wie sie Pläne aus dem Bundesjustizministerium vorsehen. Eine Entlastung würde so nicht erreicht; vielmehr bräuchten die Gerichte mehr Flexibilität zur Beschleunigung von Verfahren.
Herrschaft auf Zeit: Demokratie sei eben Herrschaft auf Zeit: In einem Gastbeitrag für die FAZ (Staat und Recht) argumentiert Rechtsprofessor Michael Kloepfer für eine Begrenzung der Wiederwählbarkeit des Bundeskanzlers und stellt die grundgesetzlichen Regime für Regierungschef und Bundespräsident gegenüber. Letzterer sei obgleich politisch machtloser, viel stärker eingeschränkt.
Schiedsgerichte vs. Zivilprozessrecht: Nationale Handelsschiedsgerichte stellten heute eine aus Sicht der Zivilgerichte unerwünschte Konkurrenz dar, so Bundesverfassungsrichter Reinhard Gaier in einem FAZ-Gastbeitrag (Staat und Recht). Die Geschäftszahlen im Zivilprozess seien rückläufig und ließen auch die notwendige Basis für die Rechtsfortbildung schwinden. Bevor aber nun Eingriffen in die Privatautonomie erwägt würden, müsse das Zivilprozessrecht modernisiert und wieder attraktiver für die Wirtschaft gemacht werden.
Di Fabio zu (Staats)Grenzen: Im Feuilleton der Zeit befasst sich der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio unter dem Titel "Wozu Grenzen gut sind" mit dem "konstruktiven Spiel" der Öffnung. Der Westen gefährde die Offenheit in Richtung fortgesetzter Entgrenzung – bei Staatsgrenzen, aber auch etwa in Bezug auf Finanzsysteme.
Tempo 30: Wie die taz (Malte Kreutzfeldt/Daniel Albrecht) berichtet, plane das Bundesverkehrsministerium eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, damit Kommunen künftig ohne Nachweis einer erhöhten Gefährdung 30er-Zonen vor Schulen, Kindertagesstätten, Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern einrichten können.
Änderung des "Stalking"-Paragraphen: Henning Ernst Müller (blog.beck.de) erläutert die nach einem Entwurf des Bundesjustizministeriums geplante Änderung des § 238 Strafgesetzbuch – dem sogenannten Stalking-Paragraphen – von einem Erfolgs- in ein Eignungsdelikt: Es solle für eine Strafbarkeit der Nachstellungshandlungen nur noch auf die objektive Eignung zur scherwiegenden Lebensbeeinträchtigung ankommen.
EU-Gipfel: Vor dem am heutigen Donnerstag beginnenden EU-Gipfel berichtet ausführlich die taz (Eric Bonse).
Justiz
BAG – Diskriminierung einer Pilotenanwärterin: Am heutigen Donnerstag entscheidet das Bundesarbeitsgericht über die Klage einer ehemaligen Pilotenanwärterin bei der Lufthansa, die nach Beginn der Ausbildung wegen ihrer Körpergröße (161,5 cm) für untauglich befunden wurde. Sie klage nun auf Entschädigung und Schadenersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz; dazu ausführlich Rechtsanwalt Thomas Gennert (lto.de).
Jahresvorschau BVerfG: In Karlsruhe wurde die Jahresvorschau für 2016 vorgestellt, u.a. soll über zwei Organstreitverfahren zur Herausgabe der geheimen Listen mit den sogenannten Selektoren zur Datenausspähung entschieden werden, so zeit.de.
BVerfG zu Gesetzgeber und Völkerrecht: Rechtswissenschaftler Robert Frau (juwiss.de) befasst sich mit der am Freitag veröffentlichen Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu gesetzgeberischen Abweichungen von völkervertragsrechtlichen Verpflichtungen und befindet, der Beschluss überzeuge "nahezu vollständig".
BVerfG – OMT-Verfahren: Über die Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts am Dienstag zum OMT-Programm berichtet pointiert Rechtsprofessor Christoph Herrmann (verfassungsblog.de). Zwar müsse er sich "dafür ein wenig aus dem Fenster lehnen", es erscheine aber möglich, "dass das Gericht seine Rechtsprechung zur Integrationsverantwortung um ein weiteres Element bereichern wird: eine als Minderheitenrecht ausgestaltete Befugnis des Bundestages, über Art. 23 Ia GG hinaus Nichtigkeitsklagen nach Art. 263 I, II AEUV vor dem Gerichtshof wegen Kompetenzverletzungen zu erheben."
LG Hannover zu Supermarktmörder: Marek K., der zwischen 2014 und 2015 in mehreren Bundesländern insgesamt 24 Supermärkte überfallen haben soll, wobei ein Mensch getötet und einer verletzt wurden, ist vom Landgericht Hannover wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe bei Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt worden, so spiegel.de (Julia Jüttner).
BGH stellt sich Vergangenheit: Unter dem Titel "Scham und Schuld" berichtet die SZ (Wolfgang Janisch) von einem am gestrigen Mittwoch in Karlsruhe veranstalteten Symposium von Bundesgerichtshof und Zentralrat der Sinti und Roma zur Vergangenheitsbewältigung der rassistischen Rechtsprechung des BGH. In einem folgenreichen Urteil von 1954 habe der BGH Entschädigungen für "Zwangsumsiedlungen" in der NS-Zeit mit dem Argument abgelehnt, diese seien bei "Zigeunern" nicht rassistischen, sondern kriminalpolitischen Ursprungs gewesen.
OLG München – NSU-Prozess: Am gestrigen 261. Verhandlungstag im NSU-Prozess wurden Zeugen vernommen zu einem Überfall auf eine Zwickauer Sparkassenfiliale im Oktober 2006, bei dem ein Auszubildender nach einem möglicherweise gezielten Bauchschuss nur knapp überlebte. Beate Zschäpe hatte in ihrer verlesenen Stellungnahme Uwe Böhnhardt mit der Tatbegehung belastet, stritt eine eigene Beteiligung an der Planung oder Ausführung ab, berichtet spiegel.de (Gisela Friedrichsen). Dazu auch zeit.de (Tom Sundermann).
LG Stuttgart – Porsche-Prozess: Für heute ist im Porsche-Prozess vor dem Landgericht Stuttgart das staatsanwaltliche Plädoyer angesetzt. Wegen eines erst jüngst von einem Hedgefond präsentierten Zeugen, der eine Manipulationsabsicht der Porsche-Manager bezeugen wolle, sei ein Wiedereinstieg in die Beweisaufnahme zwar noch denkbar; es handele sich aber, so die FAZ (Joachim Jahn), nur um einen Zeugen vom Hörensagen mit beschränkter Beweiskraft.
Barschels Tod: In der Zeit (Martin Klingst; zeit.de-Zusammenfassung) kommt Werner Janssen erstmals zu Wort, er ist Professor für Pathologie und Rechtsmedizin und führte 1987 eine ausführliche Nachuntersuchung am Leichnam von Uwe Barschel, dem in einer Wanne tot aufgefunden Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins, durch. Der Befund sei eindeutig ausgefallen: Suizid durch Medikamentenmissbrauch. Eine versehentliche Überdosierung habe er genauso ausschließen können, wie Fremdeinwirkung.
Björn Höcke - Ein Fall für die Justiz? Christian Fuchs und Martin Machowecz (Zeit) porträtieren den AfD-Politiker und ehemaligen Lehrer ausführlich und gehen dabei auch auf Ermittlungsverfahren gegen diesen ein. So prüfe die Staatsanwaltschaft Berlin derzeit, ob Höcke sich bei seinem Auftritt in der Talkshow "Günther Jauch" einer Volksverhetzung strafbar gemacht habe.
Recht in der Welt
USA – Antonio Scalia: Unter dem Titel "Konservatismus als Treue zur Verfassung" widmet der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm (verfassungsblog.de) dem vergangene Woche verstorbenen Supreme Court Richter Antonio Scalia einen Nachruf.
USA – Elisabeth Cabraser: Vor dem ersten Verhandlungstag am Donnerstag kommender Woche im Prozess in der Abgas-Affäre gegen Volkswagen in San Francisco porträtiert die Zeit (Heike Buchter) eine der Anwältinnen der Klägerseite. Cabraser habe bereits Schadenersatzklagen gegen BP, Exxon, General Motors und die Tabakindustrie erfolgreich geführt und "Milliarden erstritten". Fazit: "Vor dieser Frau zittert VW".
USA – Apples iPhone-Sperre: Wie u.a. die Welt (Benedikt Fuest) berichtet, hat ein kalifornisches Gericht per Urteil bei Apple Unterstützung beim Entsperren des iPhones eines der Attentäter von San Bernardino eingefordert; es solle die sog. Selbstzerstörungsfunktion ausgeschaltet werden, um dem FBI die gespeicherten Daten zugänglich zu machen. Apple wolle sich der Anordnung aber wiedersetzen. Dazu auch netzpolitik.org (Jakob Mayn).
Sonstiges
Rechtsbildungsunterricht für Flüchtlinge: Wie Gerichte und Staatsanwaltschaften in Bayern den sogenannten Rechtsbildungsunterricht für Flüchtlinge organisieren, erläutert lto.de (Marcel Schneider) anhand der Arbeit der Münchner Richterin am Amtsgericht Monika Andreß. Unterrichtet würden 4 Module: Basiskurs, Zivilrecht, Familienrecht und Strafrecht; unterrichtet werde auf Deutsch mit einem Dolmetscher.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dc
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 18. Februar 2016: Befristete Fußballerverträge / Schiedsgerichte vs. Zivilprozess / Barschels Suizid . In: Legal Tribune Online, 18.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18469/ (abgerufen am: 18.05.2024 )
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