Der Papst hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das Satiremagazin Titanic zurückgezogen und damit einen möglichen Schiffbruch vor Gericht vermieden. Außerdem in der Presseschau: Suizidhilfe in der Diskussion, Merkel torpediert Anti-Dumping-Verfahren, ein Student klagt gegen seine Hochschule und die Kölner Tigerattacke beschert einem Facebooknutzer eine Strafanzeige.
Papst gegen Titanic: Einen Tag vor dem für Freitag terminierten Prozess des Vatikans gegen das deutsche Satiremagazin "Titanic" vor der Pressekammer des Landgerichts Hamburg hat der Heilige Stuhl eingelenkt, berichtet die FAZ (Michael Hanfeld). Der Vatikan halte sich aber offen, weitere rechtliche Maßnahmen zu prüfen. Die Zeitschrift hatte Benedikt XVI. unter der Überschrift "Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!" mit einem Fleck auf der Soutane in ihrer Juli-Ausgabe auf den Titel gehoben; die umstrittene Ausgabe dürfe nun wieder verkauft werden. Es berichtet auch die SZ (Matthias Drobrinski) auf der Seite Medien.
Lucas Wiegelmann (Die Welt) hält den Rückzug des Papstes für eine "peinliche Niederlage". Entscheidend sei wohl das "unkalkulierbare juristische Risiko" gewesen: Hätten die Vatikan-Anwälte den Prozess verloren, hätte damit ein weltliches Gericht die Verbots-Aktion des Papstes unterbunden und der Papst hätte sich damit "gleichsam offiziell ins Unrecht" setzen lassen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Suizidhilfe: Christian Rath (taz.de) kommentiert den von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf zur Suizidhilfe. Als "symbolisches" Gesetz werde das Gesetz in der juristischen Wirklichkeit nicht viel verändern – was es dennoch bewirke, sei eine "Klimaveränderung". Strafbar werde jetzt erstmals nur die gewerbliche Suizidhilfe; eine "Lebens- und Leidenspflicht" dürfe es nicht geben.
Merkel vs. Parlament: In einem Gastkommentar für das Handelsblatt beschäftigt sich der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf mit dem Verhältnis von Angela Merkel zum Bundestag. Die Ursache des "Systems M" sieht er einer zunehmenden Kontrollschwäche des Parlaments und "strukturellen Mängeln im System der Gewaltenteilung."
Merkel zu Anti-Dumping-Verfahren: Nach einem Bericht der FTD (Ruth Fend/ Peter Ehrlich/Kathrin Werner) hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen Strafzölle für Produkte von chinesischen Solarunternehmen ausgesprochen und eine Einigung durch Verhandlungen angeregt. Damit torpediere Merkel ein Anti-Dumping-Verfahren der EU-Kommission. Ob das Verfahren gegen China bei der Welthandelsorganisation WTO eingeleitet werde, müsse die Kommission kommende Woche entscheiden. Knapp berichtet auch das Handelsblatt (Finn Mayer-Kuckuk/Georg Weishaupt).
Kapitalanlagegesetzbuch: Die Rechtsanwältin Patricia Volhard analysiert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard den kürzlich vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Diskussionsentwurf zu einem Kapitalanlagegesetzbuch ("KAGB-E"). Der Regelungsvorschlag erschwere den Vertrieb von ausländischen Fonds in Deutschland, so ihre Einschätzung.
Leistungsschutzrecht: In einem Gastkommentar auf netzpolitik.org setzt sich Phillipp Otto kritisch mit dem neuen Leistungsschutzrecht auseinander. Wer nach dem "unmöglichen Gesetzesvorschlag" eigentlich für was, wie und an wen bezahlen solle, werde die Gerichte, die deutsche Anwaltschaft und "die Anbieter von Orakeldiensten gut beschäftigen."
Weitere Themen - Justiz
OLG Köln zum AWD: Das Oberlandesgericht Köln hat die Klagen von 16 Anlegern gegen den Finanzdienstleister AWD wegen angeblich überhöhter Provisionen abgewiesen, meldet das Handelsblatt (Kerstin Leitel). Die Ansprüche der Anleger seien verjährt; auch sei der von den Klägern gerügte Prospekt nicht fehlerhaft, sondern hinreichend nachvollziehbar. Es berichtet ebenfalls spiegel.de.
ArbG Frankfurt am Main zu Kündigung: Eine fristlose Kündigung wegen Diebstahls oder Unterschlagung am Arbeitsplatz ist auch nach einer verdeckten und vom Betriebsrat nicht genehmigten Videoüberwachung zulässig, entschied das Arbeitsgericht Frankfurt am Main in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Urteil. Das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Mitarbeiters müsse hintenanstehen. Dies meldet lto.de.
LG Freiburg - Freiburger Privathochschule: Am Freitag entscheidet das Landgericht Freiburg über die Klage eines ehemaligen Studenten gegen die Freiburger Privathochschule IUCE, berichtet die FTD (Steffi Hentschke). Nach Ansicht des Klägers habe die Hochschule den Studienbewerbern verheimlicht, dass sie seinerzeit nicht berechtigt war, akademische Abschlüsse zu verleihen. Vier weitere Studenten hätten bereits Klage eingereicht. Sollte die Hochschule den Prozess verlieren, drohe eine Klagewelle von Studenten.
NSU-Ermittlungen: Der Erfurter Polizeibeamte Sven T. wehrt sich gegen den Vorwurf des Geheimnisverrats, berichtet ausführlich spiegel.de (Julia Jüttner). Sven T. werde verdächtigt, Tipps an Thüringer Neonazis weitergegeben und dadurch möglicherweise das Leben des NSU-Trios im Untergrund gedeckt zu haben.
Ermittlungen gegen Mappus: Nach einem Bericht der FAZ (Susanne Preuss) hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart bei einer Razzia im baden-württembergischen Staatsministerium Computer und andere Geräte beschlagnahmt. Die Razzia sei im Zuge der Ermittlungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus wegen der ENBW-Affäre erfolgt.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Apple vs. Samsung: Nur wenige Tage nach dem spektakulären Patenturteil gegen Samsung könnte die Entscheidung revidiert werden, berichtet das Handelsblatt (Axel Postinett/Jens Koenen). Es gebe Widersprüche im Urteil der Jurymitglieder und Informationen seien angeblich unzureichend geprüft worden.
Freilassung von Michelle Martin: Martin Winter (SZ) kommentiert die kürzlich erfolgte Freilassung der Komplizin von Marc Dutroux, die derzeit in Belgien für Verstörung sorge. Das eigentliche Trauma Belgiens sei der versagende Staat und jetzt sei "die Furcht zurück, dass der Staat erneut" versage.
Das Letzte zum Schluss
Anzeige gegen Facebooknutzer: Die tödliche Attacke eines Tigers auf seine Pflegerin im Kölner Zoo hat für einen facebooknutzer ein juristisches Nachspiel, meldet spiegel.de. Der Tierschützer habe die Zooleitung auf facebook beschimpft, nun drohe ihm eine Strafanzeige.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/lp
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 31. August 2012: Papst versus Titanic – Merkel versus Parlament – Tigerattacke mit Folgen . In: Legal Tribune Online, 31.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6968/ (abgerufen am: 04.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag