Anzeigen zu Geldwäsche als Form organisierter Kriminalität nehmen in Deutschland rapide zu. Außerdem in der Presseschau: neues zu Erbschaftsteuer, Insolvenzrecht und Basel III, Linde und das Aktiengesetz, Proteste von Flüchtlingen gegen die Residenzpflicht, Adoboli rechtfertigt sich und warum das Leben für Lufthansa-Piloten manchmal verdammt ungerecht sein kann.
Geldwäsche grassiert: Wie die SZ (Markus Zydra) auf ihrer Titelseite berichtet, ist die Zahl der Anzeigen mit Verdacht auf Geldwäsche laut Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) im Jahr 2011 um 17 Prozent auf knapp 13.000 gestiegen. Wie ftd.de (Maike Rademaker) berichtet, wollten die Ermittler jetzt vor allem die Immobilienbranche in den Fokus nehmen. Weil Sparkassen verdächtig selten Anzeige erstatten würden, sollen sie jetzt von Sonderermittlern der Bafin genauer geprüft werden, berichtet das Handelsblatt (Laura de la Motte).
Heribert Prantl (SZ) meint, die von BKA und Bafin vorgelegten Zahlen hätten keinen Aussagewert, weil es aufgrund der "irrwitzigen Unschärfe" der Geldwäschegesetze mittlerweile fast nichts mehr gebe, was nicht angezeigt werden müsse. Die FTD schreibt in ihrem Leitartikel, Deutschland sei "ein ganz besonderes Paradies für Geldwäscher", was nicht zuletzt an der unklar geregelten Kompetenzen der verschiedenen Aufsichtsbehörden liege.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Cash-GmbH im Vermittlungsausschuss: Über den – leicht wahlkampftaktisch eingefärbten Streit – um die Abschaffung der so genannten Cash-GmbH im Zusammenhang mit dem Jahressteuergesetz berichtet das Handelsblatt (Axel Schrinner).
Linde und das Aktiengesetz: Seit einer Verschärfung des Aktiengesetzes im Jahr 2009 ist es für Vorstandsvorsitzende einer Aktiengesellschaft nur noch dann möglich, ohne zweijährige Karenzzeit in den Aufsichtsrat zu wechseln, wenn sie von mindestens einem Viertel der Kapitalbesitzer vorgeschlagen werden. Diese Regel hatte den sofortigen Wechsel Josef Ackermanns verhindert. Im Zusammenhang mit einem möglichen Wechsel von Linde-Chef Wolfgang Reitzle kritisiert der frühere DWS-Vorstandschef Christian Strenger im Interview auf der Recht-Seite der FTD (Anke Stachow) das Aktienrecht als zu starr.
Residenzpflicht: Über den publikumswirksamen Protest von Asylsuchenden gegen die Unterbindung ihrer Freizügigkeit mittels der so genannten Residenzpflicht berichtet zeit.de
Baseler Bankenausschuss kritisiert EU und USA: Der Baseler Bankenausschuss hat die mangelhafte und zögerliche Umsetzung der strengeren Bilanzierungsrichtlinien gemäß des Abkommens Basel III in den USA und der EU kritisiert, berichtet das Handelsblatt (Yasmin Osman). In der EU würden Staatsanleihen immer noch als risikofrei bewertet, in den USA versuche man, das Risiko von Verbriefungen durch externe Ratingagenturen zu bestimmen. Beides müsse ein Ende haben.
Banken gegen Insolvenzverwalter: Über den Streit zwischen Banken und Insolvenzverwaltern berichtet das Handelsblatt (Heike Anger). Bankenvertreter hätten den Vorwurf des Insolvenzverwalterverbandes zurückgewiesen, sie nähmen als "Profigläubiger" massiven Einfluss auf die Bestimmung von Insolvenzverwaltern. Anlass für den Bericht ist die Einführung des Gesetzes zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen im März 2012.
Wahlrechtsreform: zeit.de (Thorsten Faas) kritisiert die Kritik am Kompromiss zum Wahlrecht für die Bundestagswahl 2013 und versucht mit Modellrechnungen die höhere Gerechtigkeit und Kostengünstigkeit des neuen Modells zu belegen.
Weitere Themen – Justiz
BVerfG – Deal im Strafprozess: Über den Gang nach Karlsruhe eines wegen Raubes verurteilten Berliner Polizisten und die Problematik des in § 257c Strafprozessordnung geregelten Deals berichtet die SZ (Wolfgang Janisch).
BVerfG – Beraterregister für Banken: Ab dem 1. November müssen Banken ihre Finanzberater bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen registrieren lassen. Der Vorstandschef der Volksbank Göppingen, Peter Aubin, hat dagegen Verfassungsbeschwerde erhoben. Die FTD (Mareeke Buttjer) berichtet darüber.
LG Stuttgart – Porsche-Prozess: Die SZ (Max Hägler) berichtet in ihrem Wirtschaftsteil über den Prozess gegen den früheren Finanzchef von Porsche, Max Härter. Ein kürzlich aufgetauchter Brief der französischen Bank BNP ändere nichts an der Tatsache, dass die Anklagvertreter guten Mutes seien, den Vorwurf des Betrugs beweisen zu können. Am 19. November wird weiter verhandelt.
Kammergericht zu Website-Impressum: Der Blog internet-law.de (Thomas Stadler) stellt eine Entscheidung des Kammergerichts vor, wonach das bloße Fehlen eines Bevollmächtigten im Impressum eines Telemediums keinen Wettbewerbsverstoß im Sinne von § 5 Abs. 1 Telemediengesetz darstelle.
Griechenland vor deutschen Gerichten: In einem Beitrag für lto.de untersucht der Juraprofessor Christoph Thole die Erfolgsaussichten der Klagen deutscher Anleger gegen den griechischen Staat vor deutschen Gerichten.
Weitere Themen – Recht in der Welt
England – Kweku Adoboli: Über die Entlastungsstrategie des in England angeklagten Investmentbankers berichtet die FTD (Sebastian Borger).
USA – Abhören: Über die Aushöhlung des Fourth Amendment, der vierten Ergänzung zur US-Verfassung, die vor unverhältnismäßigen Ermittlungen und damit auch vor Abhörmaßnahmen schütze, schreibt Max Steinbeis (verfassungsblog.de). Aktuell müsse der Supreme Court entscheiden, ob die "begründete Furcht" abgehört zu werden, ausreicht, um ein Klagerecht zu begründen.
Sonstiges
Helmut Simons Memoiren: Reinhard Gaier (SZ Feuilleton) empfiehlt nachdrücklich die autobiographische Lebensskizze des ehemaligen Verfassungsrichters Helmut Simon, der durch abweichenden Voten zum § 218 Strafgesetzbuch und zur Viertelparität in Hochschulgremien in den siebziger Jahren für Aufsehen gesorgt hatte. Der autobiographische Text "Lebensskizzen" befindet sich als Anhang in der Biografie Simons von Almut und Wolf Röse, über die Gaier und die Kritik wenig Gutes zu sagen finden.
Das Letzte zum Schluss
Nicht ohne meine Pilotenmütze: Ein Lufthansa-Pilot ist mit seiner Klage vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln gescheitert, berichtet die FR. Der Pilot hatte moniert, die Betriebsvereinbarung, derzufolge Piloten eine Mütze tragen müssen, Pilotinnen die Wahl haben, verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung bestehe die Möglichkeit, das Bundesarbeitsgericht anzurufen, habe ein Sprecher des LAG Köln erklärt.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 30. Oktober 2012: Geldwäsche grassiert – Polizist prozessiert – Helmut Simon reminisziert . In: Legal Tribune Online, 30.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7419/ (abgerufen am: 20.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag