E.on hat gegen die Gorleben-Schließung Verfassungsbeschwerde erhoben. Außerdem in der Presseschau: Bundeswehreinsatz im Irak, Filesharing-Fälle vor dem BGH, LG Berlin urteilt im Mordkomplott gegen Berliner Pferdewirtin, polnisches Verfassungsgericht hebt Schächtverbot auf und warum "Knöllchen-Horst" nichts von Dolly Buster bekommt.
Thema des Tages
BVerfG – Gorleben: Nach Informationen der SZ (Michael Bauchmüller) hat der Energiekonzern E.on Ende 2014 eine Verfassungsbeschwerde gegen die Schließung des Zwischenlagers Gorleben erhoben, die mit der Verabschiedung des Standortauswahlgesetzes im Jahr 2013 erfolgt ist. Seit der Schließung sei unklar, wo die restlichen 26 Castoren gelagert werden sollen und wer die Kosten für die Zwischenlagerung im Ausland trägt. Der Konzern halte Gorleben für eine "bewährte und funktionsfähige Lagerlösung für Wiederaufbereitungsabfälle".
Rechtspolitik
Bund-Länder-Finanzbeziehungen: Das Handelsblatt (Donata Riedel/Axel Schrinner) führt ein Interview mit dem Präsidenten des Bundesrechnungshofs Kay Scheller zur geplanten Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Die diskutierte Beteiligung der Länder an den Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag sieht der Jurist sehr kritisch, da sich der Bund hierdurch verschulden könne. Zudem solle diejenige staatliche Ebene für die Verwendung der Mittel verantwortlich sein, die das Geld zur Verfügung stelle. Auch bezüglich der Ausgaben trete er für eine Entflechtung von Bund-Länder-Beziehungen ein, etwa bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder im Bildungsbereich.
Bundeswehreinsatz: Mit großer Mehrheit hat der Bundestag am gestrigen Dienstag dem Einsatz von Bundeswehr-Ausbildern im Irak zugestimmt. Dies berichten die SZ (Nico Fried) und spiegel.de (Matthias Gebauer). Der außenpolitische Sprecher der Links-Fraktion Jan van Aken habe den Einsatz der Ausbilder als grundgesetzwidrig bezeichnet, weil die Bundeswehr nur im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit im Ausland eingesetzt werde dürfe. Rechtsprofessor Jochen A. Frowein erläutert in einem Leserbrief in der FAZ, warum der Bundeswehreinsatz seiner Ansicht nach verfassungsgemäß ist. Die Verfassungsmäßigkeit der Ausbildungshilfe könne entweder auf Art. 24 Absatz 2 des Grundgesetzes als Einsatz im kollektiven Sicherheitssystem der Vereinten Nationen gestützt werden; oder sich aus Art. 25 des Grundgesetzes ergeben, weil der Einsatz auf Anforderung eines Staates völkerrechtsgemäß sei.
Fluggastdaten: Mit dem aktuellen Vorschlag der Kommission zur Speicherung von Fluggastdaten befasst sich nun auch zeit.de (Friedhelm Greis). Der komplette Datensatz soll, statt den bisher geplanten 30 Tagen, nur noch sieben Tage gespeichert und danach anonymisiert werden. Die anonymisierten Daten sollen wiederum bis zu fünf Jahren gespeichert werden dürfen.
Verkehrsgerichtstag: Die Ergebnisse des Verkehrsgerichtstages vom gestrigen Donnerstag fasst lto.de zusammen. Themen waren unter anderem die konkrete Ausgestaltung der Pkw-Maut, die Nutzung der dabei erhobenen Daten zur Verbrechensbekämpfung und die Ablenkung durch Smartphones. Die Diskussion zur Einführung eines zusätzlichen Gefahrengrenzwertes von 1,1 Promille für Fahrradfahrer stellt die SZ (Laura Hertreiter) ausführlich dar. Daneben gäbe es aber auch Forderungen die Obergrenze auf 1,9 Promille gegenüber derzeit 1,6 Promille anzuheben.
Justiz
BGH zu Auskunftsanspruch bei Samenspende: Am Mittwoch hat der Bundesgerichtshof Kindern, die mithilfe von Samenspendern gezeugt wurden, einen Auskunftsanspruch über die Identität des biologischen Vaters zuerkannt. Professor Herbert Grziwotz stellt das Urteil auf lto.de vor. Das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung könne auch finanzielle Folgen haben, etwa wenn es die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anficht und die Vaterschaft des Samenspenders feststellen lässt; dann ist letzterer unterhaltspflichtig. Deshalb sei ein gesetzlicher Ausschluss von finanziellen Ansprüchen vonnöten.
Heribert Prantl (SZ) fragt, ob das ein Vater-Prinzip angesichts der Entscheidung noch Bestand haben sollte und stimmt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu, die ein Nebeneinander mehrere Väter ablehnen. Das Prinzip bringe "Verlässlichkeit und Sicherheit ins Leben der Kinder."
BGH – Filesharing: internet-law.de (Thomas Stadler) beschreibt zwei Fälle zu Filesharing, die am 11. Juni 2015 vor dem Bundesgerichtshof verhandelt werden sollen. Im ersten Fall gehe es um die Frage, ob die Anschlussinhaberin gegen die Belehrungspflicht gegenüber ihrer minderjährigen Tochter über Urheberrechtsverletzungen verstoßen habe und eine Haftung wegen einer Aufsichtspflichtverletzung in Betracht komme. Im zweiten Fall gehe es um die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn weitere Personen im Haushalt leben und als Rechtsverletzer ausgeschlossen werden können.
OLG München – NSU: Vom gestrigen Prozesstag im NSU-Verfahren vor dem Oberlandesgericht München berichtet die SZ (Annette Ramelsberger). Eine Kommissarin des Bundeskriminalamtes habe dargelegt, dass der NSU auch eine Kindertagesstätte in der Kölner Keupstraße im Visier gehabt habe, wo das Nagelbombenattentat verübt worden war. Zudem habe es weitere Auseinandersetzungen um die Beteiligung von weiteren Nebenklägern gegeben.
OVG NRW zu Neutralitätspflicht: Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel hat auf der Internetseite der Stadt zu Protesten gegen die Versammlung "DÜGIDA" aufgerufen und wollte die Beleuchtung öffentlicher Gebäude am Demonstrationstag ausschalten, was das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Eilverfahren zunächst untersagte. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hob die Entscheidung auf seine Beschwerde hin auf. Der Wissenschaftliche Mitarbeiter Philipp Bender befasst sich auf juwiss.de mit der Entscheidung und kritisiert die materiell-rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz zur Reichweite der Neutralitätspflicht.
LG Köln – Sal. Oppenheim: Im Untreue-Prozess gegen die ehemalige Führungsriege der Bank Sal.Oppenheim hat die Vorsitzende Richterin am gestrigen Donnerstag den Angeklagten die möglichen Haftstrafen mitgeteilt, erläutern die FAZ (Joachim Jahn), die SZ (Kirsten Bialdiga) und das Handelsblatt (Massimo Bognanni). Die Kammer halte alle vier Angeklagten nach der vorläufigen Würdigung für schuldig. Die Richterin habe zudem Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt, wenn die Angeklagten zu Geständnissen bereit seien.
LG Berlin zu Mordkomplott: Am gestrigen Donnerstag wurden vor dem Landgericht Berlin fünf Personen wegen Mordes und wegen Beihilfe zum Mord verurteilt. Angeklagt waren der ehemalige Freund des Mordopfers, dessen Mutter und weitere drei Personen, die den Mord an der 21-Jährigen gemeinsam geplant und mehrere Mordversuche unternommen haben sollen. Kurz vor der Tat habe das Opfer mehrere Lebensversicherungen in Millionenhöhe auf den Namen des Freundes abgeschlossen. Die FAZ (Mechthild Küpper), die SZ (Verena Mayer) und die Welt (Michael Mielke) schildern den Fall ausführlich.
LG Hamburg - Lobbyismusvorwurf: Das Landgericht Hamburg entscheidet am heutigen Freitag, ob der Kölner Publizist Werner Rügemer dem Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) Lobbyismus vorwerfen darf. Der Publizist behauptete, das Institut sei wegen der Finanzierung durch die Post-Stiftung wissenschaftlich nicht unabhängig, woraufhin das Institut auf Unterlassung klagte. Die taz (Anja Krüger) stellt den Streitstand ausführlich dar.
Recht in der Welt
Polen – Schächtverbot: Der polnische Verfassungsgerichtshof hat im Dezember letzten Jahres das Schächten von Tieren auch ohne Betäubung erlaubt. Das polnische Tierschutzgesetz sah die Betäubung für jegliches Schlachten vor, worin das Gericht einen unzulässigen Eingriff in die Religionsfreiheit erblickte. Die Wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Warschau Anna Śledzińska-Simon erläutert auf verfassungsblog.de die polnische Rechtslage und die Argumentation des Verfassungsgerichtshofs.
USA – Todesstrafe: Der Supreme Court der USA hat die Klage von Todeskandidaten gegen den Einsatz des umstrittenen Betäubungsmittels Midazolam angenommen und die Hinrichtung der drei Kläger aufgeschoben. In einem Kommentar greift Markus Feldenkirchen (spiegel.de) die aktuelle Diskussion in den USA auf und kritisiert das Verfahren und die Todesstrafe: "Dieses Tauziehen um Leben und Tod ist verstörend, es ist eine Farce, die eines demokratischen Rechtsstaats nicht würdig ist."
Sonstiges
BfV – NS-Personalkontinuitäten: Die SZ (Stefan Braun), die FAZ (Majid Sattar) und die taz (Stefan Reinecke) befassen sich mit dem historischen Forschungsbericht zu NS-Personalkontinuitäten beim Bundesamt für Verfassungsschutz, der am gestrigen Donnerstag vorgestellt wurde. Direkte Beschäftigung von ehemaligen SS- und Gestapo-Angehörigen sei beim von den Alliierten gegründeten Inlandsgeheimdienst gemieden worden. Jedoch seien zahlreiche freie Mitarbeiter beschäftigt worden, die während der NS-Zeit einflussreiche Positionen inne gehabt haben.
Das Letzte zum Schluss
Geiler "Knöllchen-Horst": Dolly Buster darf behaupten, der berühmte Falschparker-Denunziant "Knöllchen-Horst" "geile" sich daran auf, wenn er die Parksünder anzeigt. Darin sah das Amtsgericht Osterode keine Beleidigung, meldet spiegel.de. Der Begriff sei aus dem Munde einer ehemaligen Pornodarstellerin keine Herabwürdigung. Zudem habe sich das Begriffsverständnis gewandelt und dieser sei nicht mehr nur negativ belegt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 30. Januar 2015: Verfassungsbeschwerde gegen Gorleben-Schließung – Filesharing vor dem BGH – NS-Personalkontinuitäten beim BfV . In: Legal Tribune Online, 30.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14526/ (abgerufen am: 16.05.2024 )
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