Die Anerkennung als "Beobachterstaat" ist für Palästina mehr als nur ein Beobachterstatus, sondern hat große völkerrechtliche Folgen. Außerdem in der Presseschau: Das neue Kindschaftsrecht ist umstritten, Kachelmann muss seinem Ex-Anwalt Honorare nachzahlen und warum Fluggesellschaften wegen Nichtbeförderung einer Frau 4,6 Millionen Euro Schadensersatz zahlen sollen.
Palästina: Heute will Palästina in der UN-Vollversammlung einen Antrag auf Anerkennung als "Beobachterstaat" einbringen. Der Rechtsprofessor Andreas Zimmermann erläutert in einem Gastbeitrag für die FAZ die völkerrechtlichen Grundlagen und Folgen. Faktisch gehe es um die Anerkennung von Palästina als "Staat". Während die UN-Vollmitgliedschaft nur vom UN-Sicherheitsrat zugesprochen werden könne, sei für den Status des Beobachterstaats, die UN-Generalversammlung zuständig. Trotz der Besatzung und anderer Zweifel an der Staatsqualität sei mit einer Anerkennung als Beobachterstaat zu rechnen, weil jetzt schon mehr als 130 Staaten Palästina bilateral als Staat anerkannt haben. Die nun mögliche Anerkennung durch die UN-Generalversammlung öffne den Weg zum Beitritt zu weiteren internationalen Gremien, etwa zum Statut des Internationalen Strafgerichtshofs.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Leistungen für Asylbewerber: Innenminister Friedrich (CSU) will für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, z.B. Serbien und Mazedonien, abgesenkte Sozialleistungen einführen. Dies sei mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vereinbar, weil es nicht um die allgemeine Abschreckung von Flüchtlingen gehe, sondern um die Verhinderung von Sozialmissbrauch, berichtet die SZ (Roland Preuss).
Sorgerecht: Die taz (Simone Schmollack) berichtet über die Anhörung des Rechtsausschusses zur Neuregelung des Sorgerechts bei unehelich geborenen Kindern. Die Kritik der Sachverständigen sei so massiv gewesen, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung wohl noch einmal überarbeitet werde. Vor allem sei die sechswöchige Frist zu kurz, binnen der die Mutter nach der Geburt Argumente gegen ein vom Vater beantragtes gemeinsames Sorgerecht vorbringen muss, wenn sie dieses verhindern will.
Sinti als Minderheit: Die FAZ (Frank Pergande) beschreibt, warum Sinti und Roma jüngst in der Landesverfassung von Schleswig-Holstein als Minderheit anerkannt wurden und welche Folgen das hat. So werde in dem Bundesland nun ein Vertretungsgremium der Sinti und Roma eingerichtet.
Arbeitspflicht in Haft: Die SZ (Heribert Prantl) meldet auf Seite 1, dass es schon seit Jahren eine Diskussion gebe, ob eine Arbeitspflicht für Strafgefangene besser sei oder die Freiwilligkeit der Arbeit in Haft. Die SZ nimmt dies zum Anlass, die Geschichte des Strafvollzugs in geraffter Form zu erzählen.
Doping-Strafrecht: Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Doping im Sport hat die Bundesregierung im Oktober einen Evaluierungsbericht vorgelegt. lto.de (Pia Lorenz) sprach darüber ausführlich mit dem Rechtsprofessor Matthias Jahn, der an dem Bericht beteiligt war. Als positiv wertete er unter anderem, dass sich die Zahl der Strafurteile verzwölffacht habe.
Weitere Themen – Justiz
BVerfG zu Rückmeldegebühr: Die von 1996 bis 2004 an Berliner Hochschulen erhobene Rückmeldegebühr von 100 DM bzw. 51 Euro war verfassungswidrig, weil ihre Höhe in einem groben Missverhältnis zu den mit der Rückmeldung verbundenen Kosten stand. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht laut FAZ (Reinhard Müller).
BVerwG zu Bahái: Hessen muss der Religionsgemeinschaft der Bahái den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts zuerkennen. Obwohl nur 900 Bahái in Hessen leben, sei das Kriterium "Gewähr der Dauer" erfüllt. Die Gemeinschaft habe Verbote im Faschismus und in der DDR überlebt und wachse sogar leicht. Hessen wollte dagegen nur Gruppierungen anerkennen, die mindestens ein Promille der Bevölkerung stellen, berichtet die FAZ (Reinhard Bingener).
BGH zu Stammzellpatenten: Die SZ (Katrin Blawat) glaubt, dass das am Dienstag ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs keine große Bedeutung habe, weil es heute genügend Methoden gebe, Stammzellen herzustellen, ohne Embryonen zu zerstören. Der Anwalt Oliver Tolmein kritisiert auf lto.de das Urteil, weil es Patente zulasse, die Embryonen zwar nicht zerstörten, aber doch gefährdeten.
BGH zu Prospekthaftung: Der Anwalt Thorsten Voß stellt auf dem Handelsblatt-Rechtsboard ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom September vor. Danach sei bei einem Wertpapier-Prospekt, der sich an ein börsenunerfahrenes Publik richte, von einem Empfängerhorizont ohne Spezialkenntnisse auszugehen. Für Prospektfehler müssten auch "Hintermänner" der emittierenden Gesellschaft haften. Voß lobt das Urteil: "Ein Prospektrechtsregime ist nur so wirkungsvoll wie sein Haftungsrecht."
BGH zu Rückgabe von Plakatsammlung: Der verfahrensbeteiligte Anwalt Matthias Druba verteidigt in einem Gastbeitrag für die FAZ das im März ergangene BGH-Urteil zur Plakatsammlung Sachs. Ein NS-Opfer könne einen Herausgabeanspruch nicht verwirken. Geraubtes Eigentum müsse immer zurückgegeben werden. Eine Entschädigung sei kein Kaufpreis.
LG Köln zu Kachelmanns Anwaltshonoraren: Der vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochene Ex-Wettermoderator Jörg Kachelmann muss seinem ersten Anwalt Reinhard Birkenstock rund 15.000 Euro Honorare nachzahlen. Das entschied laut spiegel.de das Landgericht Köln. Ursprünglich hatte Kachelmann von Birkenstock 37.000 Euro zurückverlangt.
LG Magdeburg verurteilt Lokführer: Nachdem bei einer Zugkollision in Hordorf (Sachsen-Anhalt) vor zwei Jahren zehn Menschen starben, verurteilte das Landgericht Magdeburg jetzt den Lokführer eines Güterzuges wegen fahrlässiger Tötung zu einer einjährigen Bewährungsstrafe. Nach Feststellung des Gerichts hatte der Lokführer zwei Stoppsignale übersehen, weil er in einer Streckenkarte Orientierung suchte. Er habe aber weder telefoniert noch DVDs angesehen, berichtet die SZ.
LG Potsdam – Untreuer Grünen-Schatzmeister: Die SZ (Constanze von Bullion) schildert auf ihrer Seite 3 Eindrücke vom Prozess gegen den langjährigen Schatzmeister der Brandenburger Grünen, der 237.000 Euro unterschlagen haben soll. Er soll nebenher einen Escort-Service mit bulgarischen Prostituierten betrieben haben. Er habe dabei Geschäft und Liebe nicht trennen können und zu Stalking geneigt.
KG Berlin – Spionage für Syrien: Die taz (Franziska Haack) berichtet vom Prozessauftakt am Kammergericht gegen einen Libanesen, der im Auftrag der syrischen Botschaft die regimekritische Exilszene ausgekundschaftet haben soll. Der Mann habe das eingeräumt, aber angeblich nicht gewusst, dass sein Wissen für geheimdienstliche Zwecke verwendet wurde. Er habe sich nur bei der Botschaft beliebt machen wollen, um eine Stelle als Wachmann zu erhalten.
Anklage gegen LBBW-Vorstände: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Anklage gegen sieben aktive und ehemalige Manager der Landesbank Baden-Württemberg erhoben. Sie sollen im Zusammenhang mit Zweckgesellschaften falsche Bilanzen erstellt habe. Die FTD (Meike Schreiber) berichtet, dass die Angeschuldigten und ihre Anwälte davon ausgehen, dass die Anklage gar nicht erst zugelassen wird.
Fall Mollath: Der delegibus-Blog (Oliver Garcia) bringt unter dem Titel "Justiz im Wahn-Wahn" eine ausführliche Darstellung des Falles Gustl Mollath, der einen Banken-Skandal, in den seine Frau verwickelt war, aufdecken wollte und in der Psychiatrie landete.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Ägypten – Richterstreik: Im ägyptischen Verfassungskonflikt sind nun Teile der Richterschaft in den Streik getreten, berichtet spiegel.de.
Kongo – Fliegende Gerichte: Die Zeit (Andrea Böhm) erzählt in einer Reportage von den Richtern, die in ländlichen Gegenden des Kongo mit Flugzeugen für einige Tage abgesetzt werden, um vor allem Sexualdelikte abzurteilen. Sie agieren zwar im Namen des kongolesischen Staates, werden aber von der Open Society Stiftung des Milliardärs George Soros und der US-Anwaltsvereinigung ABA finanziert.
ICTY – Haradinaj-Prozess: Heute beginnt am Jugoslawien-Tribunal in Den Haag der Wiederholungsprozess gegen Ramush Haradinaj. Dem ehemaligen UÇK-Führer und späteren Regierungschef des Kosovo werden Folterungen und Vertreibungen vorgeworfen. Zunächst war er freigesprochen worden, die Berufungsinstanz forderte jedoch wegen der systematischen Einschüchterung von Zeugen eine Wiederholung des Prozesses. Die FAZ (Michael Martens) stellt die Hintergründe dar.
Das Letzte zum Schluss
Tragische Reise einer dicken Frau: Ein amerikanisches Paar war nach Ungarn gereist, wurde aber nicht mehr zurückbefördert, weil die diabeteskranke Frau 192 Kilogramm wog. Nachdem das Paar neun Tage lang eine Fluggesellschaft suchte, die sie nach New York zurückbringt, starb die Frau auf dem Flughafen. Jetzt verklagt der Witwer die Fluggesellschaften auf umgerechnet 4,6 Millionen Euro Schadensersatz, berichtet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 29. November 2012: Großer Schritt für Palästina – Eigentor für Kachelmann – Fliegende Richter für den Kongo . In: Legal Tribune Online, 29.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7667/ (abgerufen am: 18.05.2024 )
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