Der islamistische Terror führte zu vielen neuen Gesetzen. Jetzt zog eine Regierungskommission Bilanz. Außerdem in der Presseschau: Räuberische Gläubiger erpressen Unternehmen, Manager der Deutschen Bank sollen kollektiv gelogen haben, forensische Gutachter sind manipulierbar und eine Übersicht über die "schrägsten" arbeitsgerichtlichen Urteile.
Anti-Terror-Gesetze: Die Regierungskommission zur Prüfung der Sicherheitsgesetze hat am Mittwoch ihren Abschlussbericht vorgelegt. Präsentiert wurde er von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sowohl die Experten als auch die Minister konnten sich in der Bewertung der Gesetze nicht einigen. Die Stimmung sei aber versöhnlich gewesen, berichten u.a. die FR (Mira Gajevic) und die Welt (Thorsten Jungholt/Manuel Bewarder). Nur an einem Punkt herrschte Einigkeit: der Generalbundesanwalt soll in der Terrorismusbekämpfung gestärkt werden.
lto.de (Claudia Kornmeier) sprach mit Rechtsprofessor Heinrich Amadeus Wolff, der Mitglied der Kommission war. "Ich glaube nicht, dass es einen Bericht einer Regierungskommission gibt, der so disparat Meinungen zusammenfasst wie dieser." Die taz (Christian Rath) beschreibt exemplarisch die Diskussion der Kommission über die Bestrafung von terroristischen Vorbereitungshandlungen.
Wolfgang Janisch (SZ) fordert angesichts der Bestandsaufnahme der Kommission eine "Wiederbelegung des Rechtsstaats in Zeiten des Terrors". Christian Rath (taz) glaubt: "wenn FDP, Grüne und Piraten eine Bürgerrechtskoalition bildeten, sähe ihre Sicherheitsgesetzgebung wohl nicht völlig anders aus."
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Konzerninsolvenzrecht: Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf für ein Konzerninsolvenzrecht auf den Weg gebracht, der in dieser Wahlperiode wohl nicht mehr beschlossen wird. Dabei soll die Bündelung der Insolvenzverfahren von Konzerntöchtern an einem Gericht erleichtert werden, damit auch einfacher ein gemeinsamer Insolvenzverwalter bestellt werden kann. So soll "das Ganze" besser im Blick bleiben, erläutert die SZ (Daniela Kuhr).
Räuberische Aktionäre und Gläubiger: Die Zeit (Moritz Baumstieger) schildert das Phänomen, dass Aktionäre, die nur deshalb Beschlüsse der Hauptversammlungen von Unternehmen anfechten, um sich ihr Klagerecht abkaufen zu lassen. Ein Gesetz von 2009, das solche Prozesse beschleunigt und so das Erpressungspotenzial mindert, habe nur teilweise gewirkt. Inzwischen gebe es auch "räuberische Gläubiger", die die Sanierung von Unternehmen aufhalten.
Weitere Themen – Justiz
OLG Köln zur Apothekerhaftung: Bei schweren Fehlern eines Apothekers, insbesondere wenn er nicht erkennt, dass das ärztliche Rezept für ein Medikament grob falsch ausgestellt ist, haftet er für Schäden - es sei denn er kann beweisen, dass die Schäden nicht auf seinem Fehler beruhen. Das entschied das Oberlandesgericht Köln im Fall eines Säuglings, dem ein achtfach zu hoch dosiertes Medikament verschrieben wurde und der deshalb einen Herzstillstand mit Folgeschäden erlitt, berichtet spiegel.de.
LG Frankfurt zu Telekom-Leitungsentgelten: Kabel Deutschland ist am Landgericht Frankfurt/Main mit einer Klage gegen die Deutsche Telekom gescheitert, meldet das Handelsblatt (Martin Wocher). Das Kabel-Unternehmen forderte von der Telekom rund 350 Millionen Euro zurück, weil die Netzgebühren der Telekom angeblich schon seit langem überhöht seien. Das Landgericht ließ aber die alten Verträge gelten.
BVerfG zu Knutschfleck und DNA: Die Welt (Tim Röhn) berichtet ausführlich über einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu einem 14-Jährigen, der in die DNA-Datei für Sexualstraftäter aufgenommen werden sollte. Er hatte eine 13-Jährige geküsst und wehrte sich nun erfolgreich dagegen, dass sein Profil gespeichert wird.*
BGH zum Negativattest bei Deals: Der Strafrechtsblog (Detlef Burhoff) stellt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Juli vor. Danach halten die Karlsruher Richter die Rüge, dass im Strafurteil nicht mitgeteilt wurde, ob eine Verständigung stattgefunden hat, nur dann für zulässig, wenn zugleich vorgetragen wird, es habe eine Verständigung stattgefunden. Es gebe keine gerichtliche Pflicht mitzuteilen, dass keine Verständigung stattgefunden habe. Der Bundesgerichtshof weiche hier von der strengeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ab.
GenStA zu Deals: Der neue Stuttgarter Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen spricht im Interview mit der Badischen Zeitung (Christian Rath) über die Kontrolle von Deals im Strafverfahren. "Es schmeichelt der Staatsanwaltschaft natürlich, wenn sie vom Bundesverfassungsgericht als 'Wächter des Gesetzes' angesprochen wird."
LG Hannover – Wulff: Heinrich Wefing (Die Zeit) begrüßt die Zulassung der Korruptions-Anklage im Fall Christian Wulff. Es sei eine "zivilisatorische Errungenschaft", dass Deutschland vergleichsweise immun ist gegen Korruption. Dazu trage bei, dass auch bei relativ kleinen Summen wie im Fall Wulff genau hingeschaut werde.
LG Hamburg – gebrauchte Software: Am Landgericht Hamburg wurde jetzt eine Klage des Softwarehändlers Susensoftware gegen SAP verhandelt. Der Händler hält Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von SAP für unwirksam, die verlangen, dass SAP jedem Verkauf seiner Software zustimmen muss, berichtet die SZ (Pia Ratzesberger).
ArbG Mannheim/Heidelberg – Eren Derdiyok: Das Arbeitsgericht Mannheim/Heidelberg lehnte es ab, den Fall des Profifußballers Eren Derdiyok von 1899 Hoffenheim im Eilverfahren zu entscheiden. Es soll aber schon am 12. September in der Hauptsache verhandelt werden, berichtet spiegel.de. Derdyok wehrt sich dagegen, dass er bei seinem Verein nur in einer Trainigsgruppe 2, der Gruppe für ausgemusterte Profis, trainieren darf.
Staatsanwaltschaft München – Deutsche Bank: Die Staatsanwaltschaft München hat mehrere Manager der Deutschen Bank, u.a. den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann, vorgeladen, berichtet die FAZ (Joachim Jahn). Gegen die Manager wird wegen Prozessbetrugs ermittelt. Sie sollen das Oberlandesgericht München im Prozess um die Kirch-Insolvenz kollektiv angelogen haben.
Anwälte und China: Die FAZ (Corinna Budras) nimmt die Fusion zwischen der britischen Sozietät SJ Berwin mit der chinesisch-australischen Sozietät King & Wood Mallesons zum Anlass, einen Überblick über den chinesischen Anwaltsmarkt zu geben. Diese erste Fusion mit einem chinesischen Partner werde nicht die letzte bleiben.
* Hinweis der Redaktion: Hier stand ursprünglich, dass es sich um einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus Januar handelt. Tatsächlich behandelt der Welt-Artikel einen Beschluss aus Juli (Az. 2 BvR 2392/12). Geändert am 29.08.2013 um 11:16 Uhr.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Klage gegen J.P. Morgan: Die für die Immobilienfinanzierung zuständige US-Behörde Federal Housing Finance Agency verlangt von der Bank JP Morgan Chase sechs Milliarden Dollar Schadenersatz, weil diese einst faule Hypothekenkredite verkauft hat. Das berichtet die SZ (Nicolaus Piper). Die Behörde hat die Aufsicht über die verstaatlichten Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac.
Großbritannien – Pressefreiheit: Der Verfassungsblog (Max Steinbeis) spricht mit dem englischen Rechtsprofessor Gavin Phillipson über die rechtlichen Rahmenbedingen der Pressefreiheit und die große Macht der Presse in Großbritannien.
Sonstiges
Manipulierbare Gutachter: Auf ihrer Wissens-Seite berichtet die SZ (Christian Weber) von einem Experiment in den USA. Forensische Gutachter beurteilten identische Fälle anders, wenn sie von Behörden beauftragt wurden als wenn sie im Auftrag der Verteidigung tätig wurden.
Das Letzte zum Schluss
Skurille Arbeitsrechts-Urteile: bild.de hat die 33 "schrägsten Arbeitsurteile" zusammengestellt. Beispiel: Einem Arbeitnehmer ist es nicht zuzumuten, einen Leichenwagen als Dienstwagen zu nutzen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 29. August 2013: Umstrittene Anti-Terror-Gesetze – Vorgeladene Bank-Manager – Schräge Arbeitsrechts-Urteile . In: Legal Tribune Online, 29.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9455/ (abgerufen am: 07.05.2024 )
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