Hat das Gute gesiegt – oder nur das größte Ego? BGH-Richter und StGB-Kommentator Thomas Fischer darf nun doch einen BGH-Strafsenat leiten. Außerdem in der Presseschau: Das BVerfG zu Studiengebühren, nur elf Zuschauer bei der ESM-Verhandlung, und warum ein niedriger Puls als Marker für Gewalttätigkeit angesehen wird.
Thomas Fischer am Ziel: Nach Informationen der FR (Ursula Knapp) wird das Bundeskabinett an diesem Mittwoch den BGH-Richter Thomas Fischer als Vorsitzenden Richter für den 2. BGH-Strafsenat vorschlagen. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger habe sich entsprechend mit Fischer geeinigt. Dieser habe im Gegenzug seine Konkurrentenklage am Verwaltungsgerichtshof Mannheim zurückgezogen. Fischer hatte zuletzt die Besetzung mehrerer Senatsvorsitze mit seinen Klagen blockiert. Er war jeweils nicht zum Zuge gekommen, weil er von BGH-Präsident Klaus Tolksdorf nicht mehr so gut bewertet wurde wie früher.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Sportbetrug: Der Bochum Polizeiermittler Friedhelm Althans fordert im Interview mit spiegel.de (Rafael Buschmann) die Schaffung eines Straftatbestands "Sportbetrug". Dies könne der Polizei die "Beweisführung gegen korrupte Spieler, Schiedsrichter oder Trainer erheblich erleichtern". Anlass des Interviews ist eine Weltkonferenz der Sportminister, die am Dienstag begonnen hat.
Drei-Prozent-Klausel: Ab nächster Woche wird sich der Bundestag mit einem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf zur Einführung einer Drei-Prozent-Klausel bei Europawahlen beschäftigen. Die FAZ (Günter Bannas) beschreibt den bevorstehenden Konflikt mit dem Bundesverfassungsgericht, das 2011 eine Fünf-Prozent-Klausel bei Europawahlen beanstandet hat. Hier gehe es auch um den "Umgang unter Verfassungsorganen."
Urhebervertragsrecht: Über die Jahrestagung des Instituts für Rundfunkrecht schreibt Torsten Kleinz (heise.de). Dort wurde die Reform des Urhebervertragsrecht aus dem Jahr 2002 kritisiert. Noch immer gebe es nur wenige Vergütungsregeln als Mittel der Selbstregulierung. Urheber würden sich im Konfliktfall auch nur selten darauf berufen, weil sie dann möglicherweise keine Aufträge mehr erhalten.
Weitere Themen – Justiz
EuGH zu EU-Terrorliste: Die Aufnahme in die EU-Terrorliste führt dazu, dass alle Konten gesperrt werden. Nun hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein Betroffener auch dann die Aufnahme in die Liste überprüfen lassen kann, wenn er inzwischen wieder gestrichen wurde. Das Urteil wird von dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Stephan Lorentz auf lto.de erläutert.
EuGH – VW-Gesetz: An diesem Mittwoch wird der EuGH-Generalanwalt seinen Schlussantrag im Streit um das niedersächsische VW-Gesetz vortragen. Darauf weist knapp das Handelsblatt hin.
BVerfG zu Studiengebühren: Das Bundesverfassungsgericht hält Studiengebühren grundsätzlich für zulässig, wenn sie sozial ausgestaltet sind. Unzulässig seien jedoch Studiengebühren, die nur von Studenten erhoben werden, die außerhalb des jeweiligen Bundeslandes wohnen. Die taz (Christian Rath) stellt das Urteil vor.
Max Steinbeis (Verfassungsblog) meint, solche verfassungsrechtlichen "Leitplanken" könnten nicht schaden, auch wenn sie nur den Stand der Fach-Rechtsprechung wiedergeben. Außerdem mokiert sich Steinbeis darüber, dass Bremen die Landeskinderregelung mit einer beabsichtigten Manipulation des Länderfinanzausgleichs zu begründen versuchte.
BVerfG – ESM: Die SZ (Helmut Kerscher) beschreibt auf der Titelseite, wie das Bundesverfassungsgericht mit den beengten Raumverhältnissen beim ESM-Verfahren übernächste Woche umgeht. Es gebe 98 Verfahrensbeteiligte und nur elf Plätze für Zuschauer. Über die 42 Plätze auf der Presse-Empore hinaus wurden weitere 72 Presseplätze in zwei Zusatzräumen mit Tonübertragung geschaffen.
BFH zu Beihilfe bei der Steuerhinterziehung: Wenn Bankmitarbeiter wissentlich einem Bankkunden bei der Steuerhinterziehung helfen, dann haften sie selbst gegenüber dem Fiskus für den Steuerausfall. Das hat im Januar der Bundesfinanzhof entschieden, wobei im konkreten Fall der Gehilfenvorsatz nicht ausreichend festgestellt war. Der Anwalt Hilmer Erb ordnet das Urteil auf dem Handelsblatt-Rechtsboard in eine Reihe ähnlicher Urteile ein.
BGH zur AutoComplete-Funktion: Rechtsprofessor Thomas Hoeren kritisiert in einem FAZ-Gastbeitrag das Urteil des Bundesgerichtshofs zur AutoComplete-Funktion von Google. Es sei in der Begründung und im Ergebnis falsch. Google werde eine übermäßige Pflicht auferlegt, wenn das Unternehmen jeweils prüfen müsse, ob beanstandete Vorschläge zur Suchwort-Ergänzung Persönlichkeitsrechte verletzten. Google solle dagegen Verfassungsbeschwerde einlegen, so Hoeren.
LG Cottbus spricht Veysel Kurt frei: Das Dossier der ZEIT (Christoph Grabitz) schildert den Fall des türkischen Döner-Verkäufers Veysel Kurt, der verdächtigt wird, 2009 seine deutsche Geliebte beim Sex ermordet zu haben. Das Landgericht Cottbus verurteilte ihn zunächst, der BGH hob das Urteil wieder auf, im April 2013 sprach ihn das Landgericht Cottbus frei. Sachverständige gingen von einem ungewöhnlichen Unfall aus. Noch ist aber die Revision der Staatsanwaltschaft anhängig. Der Autor sieht den Abbau von rechtsmedizinischen Kapazitäten als Ursache von Fehlurteilen.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Argentinien – Richterwahl: In Argentinien soll die Bevölkerung künftig direkt die Mitglieder des Magistratsrates wählen, der die Richter ernennt. Das sieht ein jetzt verabschiedetes Gesetz vor, über das die FAZ (Josef Oehrlein) berichtet. Bisher habe der Magistratsrat seine Mitglieder kooptiert. Die Reform ist umstritten, weil Richterkandidaten von Parteien benannt werden müssen, "die in mindestens 18 der 24 Provinzen des Landes präsent sind", was nur die regierende Partei der Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner erfüllen könne.
Sonstiges
Anschlag von Solingen: Die SZ (Heribert Prantl) erinnert an den Brandanschlag gegen ein von Türken bewohntes Haus in Solingen im Mai 1993, "das bis dahin größte ausländerfeindliche Verbrechen der Nachkriegszeit." Die Tat, bei der fünf Menschen starben, fand drei Tage nach Änderung des Asylgrundrechts im Bundestag statt. Prantl erinnert auch an zahlreiche andere Anschläge dieser Zeit und die von Politikern geförderte Angst vor Flüchtlingsmassen. Am Ende fordert er die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft als "Integrations-Turbo".
Suhrkamp-Rettungsschirm: Im Interview mit der ZEIT (Thomas E. Schmidt/Adam Soboczynski) beschreibt Frank Kebekus, der als Generalbevollmächtigter der Suhrkamp-Geschäftsführug einen Insolvenzplan ausarbeiten soll, seine Aufgabe und sein Selbstverständnis. "Ich verstehe mich nicht als Repräsentant eines Gesellschafterstammes." Bei fortwährender Konfrontation sei es allerdings seine Aufgabe, bestimmte Dinge "durchzusteuern".
Das Letzte zum Schluss
Gefährlicher Ruhepuls: Die FAZ (Ricarda Hucklenbroich) stellt die Theorie des US- Kriminologen Adrian Raine vor, wonach ein niedriger Ruhepuls ein biologischer Marker für spätere Gewalttaten sein könne. "Raine diagnostizierte bei gefährlichen Straftätern einen Erregungsmangel, der in ihrem niederfrequenten Puls zum Ausdruck kommt und den sie durch risikobereites Verhalten auszugleichen suchen." Allerdings gebe es noch viele andere Marker und auch Einflüsse der Umwelt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Freitag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 29. Mai 2013: Thomas Fischer setzt sich durch – Elf Zuschauer am BVerfG - Niedriger Puls macht verdächtig . In: Legal Tribune Online, 29.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8818/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
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