Der neue Generalbundesanwalt Peter Frank schildert Strategien und Probleme in Terrorismus-Verfahren. Außerdem in der Presseschau: ein ausführliches Portrait von Andreas Voßkuhle und die Verurteilung des bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic.
Thema des Tages
GBA Peter Frank im Interview: Die Dienstags-SZ (Wolfgang Janisch/Heribert Prantl) spricht mit dem neuen Generalbundesanwalt Peter Frank darüber, wann die Bundesanwaltschaft bei Angriffen auf Asylheime zuständig ist, warum Mord-Anklagen gegen rückkehrende IS-Kämpfer schwierig sind, was aus den Anschlägen von Brüssel folgt und dass die RAF nicht romantisiert werden sollte.
Rechtspolitik
Terrorismus: Nach den Anschlägen von Brüssel fordert der Grünen-Europaabgeordnete Jan-Philipp Albrecht im Interview mit zeit.de (Lisa Caspari), die Terrorbekämpfung klar der Polizei (und nicht den Geheimdiensten) zuzuordnen, was die internationale Zusammenarbeit erleichtern würde. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und saarländische Innenminister Klaus Boullion (CDU) fordert in einem Focus-Gastbeitrag den Einsatz der Bundeswehr im Innern und eine Ausweitung der Videoüberwachung.
Christian Rath (taz.de) kritisiert die EU-Innenminister: Deren Forderung, nun sofort die allgemeine Fluggastdaten-Speicherung einzuführen, lenke nur davon ab, dass die Daten bekannter Gefährder nicht effizient genutzt werden.
Mord: Der Spiegel (Melanie Ammann - spiegel.de-Zusammenfassung) stellt den Gesetzentwurf zur Reform des Mord-Paragraphen vor, den Justizminister Heiko Maas (SPD) gerade erarbeitet. Wichtigste geplante Änderung: Bei Mord soll nicht mehr automatische lebenslängliche Freiheitsstrafe verhängt werden. lto.de (Constantin van Lijnden) schildert den historischen Hintergrund der Reform.
Stefan Ulrich (Dienstags-SZ) begrüßt den Ansatz des Ministers, denn nicht alle Morde seien gleich.
Kameras bei Urteilen: Nun stellte auch die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) die Pläne von Justizminister Maas vor, bei der Verkündung von Urteilen der obersten Bundesgerichte Fernsehkameras zuzulassen. Auf der Titelseite der Dienstags-SZ (Wolfgang Janisch) wird zudem über den Widerstand der Gerichte gegen die Reform berichtet.
Jost Müller-Neuhof (Tsp) unterstützt die Reform. Sie sei überfällig und verfassungsrechtlich geboten.
Geldwäsche: Die Dienstags-FAZ (Joachim Jahn) schildert, wie der Staat die Bekämpfung der Geldwäsche immer mehr ausweitete, am Ende aber allenfalls "kleine Fische" verurteilt werden.
In einem separaten Kommentar fordert Joachim Jahn (Dienstags-FAZ) die Datenschützer auf, sich mit den geldwäsche-bezogenen Überwachungsmaßnahmen zu beschäftigen.
Erbschaftsteuer: Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) schildert, dass bei der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform der Umverteilungsgedanke zu kurz komme. Ein radikales Gesetz sei wohl nur möglich, wenn Karlsruhe das Erbschaftsteuergesetz einmal in Gänze für nichtig erklären würde.
Immunität: In der Diskussion, ob die strafrechtliche Immunität von Abgeordneten noch zeitgemäß ist, schildert der Tsp (Jost Müller-Neuhof) einige der sieben Fälle, bei denen der Bundestag in den letzten 25 Jahren die Aufhebung der Immunität verweigerte.
CETA: Der Spiegel (Michaela Schießl, spiegel.de-Zusammenfassung) macht darauf aufmerksam, dass das geplante Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA) vom EU-Ministerrat zu großen Teilen vorläufig in Kraft gesetzt werden kann. Falls überhaupt ein gemischtes Abkommen angenommen wird, würde sich die fehlende Zustimmung der nationalen Parlamente nur auf den schmalen Bereich beziehen, der deren Zustimmungspflicht auslöst.
Paulus-Interview: Der Verfassungsrichter und Völkerrechtler Andreas Paulus spricht im zweiten Teil des Interviews mit juwiss.de (Hannes Rathke/Tobias Brings) über CETA als gemischtes Abkommen, CETA-Schiedsgerichte, Schweigen im Völkerrecht und den europäischen Verfassungsverbund.
Justiz
Andreas Voßkuhle im Portrait: zeit.de (Heinrich Wefing) portraitiert sehr ausführlich Andreas Voßkuhle, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Vertraute sagten über ihn, dass er fast alles besser könne als die anderen und das auch wisse.
BGH zur Krankenhausfinanzierung: Kommunale Zuschüsse an Krankenhäuser müssten nicht bei der EU als Zuschüsse angemeldet werden, wenn Art und Umfang der Zuschüsse transparent bestimmt werden. Das entschied der Bundesgerichtshof laut lto.de.
BVerwG zu Handwerksinnungen: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Handwerksinnungen ihren Mitgliedern keine Mitgliedschaft ohne Tarif-Bindung anbieten dürfen. Dadurch unterscheiden sie sich von Arbeitgeberverbänden, erläutert blog.beck.de (Markus Stoffels).
VGH Kassel zu zerschnittenem Bargeld: Die Bundesbank muss einer alten Frau, die aus Angst vor Einbrechern 37 Scheine à 500 Euro zerschnitten hat, die Summe ersetzen, berichtet spiegel.de. Eigentlich sei ein Ersatz bei vorsätzlicher Zerstörung nicht möglich, aber das Verhalten der Frau entspreche nicht dem Verhalten eines geistig gesunden Menschen.
LG Gera zu politischer Nötigung: Der Spiegel (Julia Jüttner) schildert einen Prozess am Landgericht Gera. Dort waren vier Neonazis wegen Nötigung angeklagt, weil sie die sächsische Landtagsabgeordnete Katharina König (Linke) an einem Infostand bedrängten. Am Ende wurden alle vier freigesprochen, weil sie freiwillig vom unbeendeten Versuch zurückgetreten seien.
BAG zu kirchlichem Arbeitsrecht: Nun berichtet auch die Dienstags-taz (Christian Rath) über einen Vorlagebeschluss des Bundesarbeitsgerichts von Mitte März. Der Europäische Gerichtshof soll entscheiden, ob kirchliche Arbeitgeber selbst entscheiden können, für welche Tätigkeiten die Mitgliedschaft in einer Kirche erforderlich ist.
LG Lüneburg - sexueller Missbrauch im Sport: An diesem Dienstag will das Landgericht Lüneburg sein Urteil in einem Fall sprechen, bei dem ein Rudertrainer angeklagt war, drei ihm anvertraute Jungen wiederholt sexuell missbraucht zu haben. Aus diesem Anlass bringt die Dienstags-SZ (Thomas Hahn) einen Hintergrund zum sexuellen Missbrauch in Sportvereinen.
OLG Düsseklorf - Sportschuhe: Am 5. April wird das Oberlandesgericht Düsseldorf in der Berufung über die Klage von Adidas gegen Puma verhandeln, wonach Puma die Adidas-Sportschuh-Modellreihe "Boost" nachgemacht habe. Parallel klagt Puma gegen Adidas, wonach Adidas bei dieser Modellreihe Geschmacksmuster von Puma verletzt habe. Der Spiegel (Simon Häge) schildert den Konflikt vor dem Hintergrund der jahrzehntealten Firmenrivalität.
AG Berlin-Reinickendorf - verschollener Erbe: Die WamS (Thomas Vitzthum) schildert einen Fall, den das Nachlassgericht in Berlin-Reinickendorf lösen muss: Der Erbe eines Hauses ist seit dem Zweiten Weltkrieg ohne Lebenszeichen vermisst, wurde aber aus Pietät nie für tot erklärt, was nun den Erbantritt seines Neffen hindert.
StA Köln - sexuelle Übergriffe an Silvester: Die Kölner Staatsanwaltschaft hat erstmals im Zusammenhang mit der Kölner Silvesternacht einen Mann wegen sexueller Nötigung angeklagt, berichtet spiegel.de. Der Algerier soll zusammen mit zehn anderen Männern eine Frau umzingelt und begrabscht haben.
Gerichtsöffentlichkeit: Die FAS (Denise Peikert) schildert ausführlich und empathisch, wie vor allem alte Männer die Öffentlichkeit in Strafprozessen herstellen. Sie gäben ihrem Leben im Ruhestand eine neue Aufgabe.
Strafverfahren am AG Neumünster: Die Samstags-taz (Annabelle Seubert) schildert einen Tag am Amtsgericht Neumünster. Fast jeder Fall rühre hier aus einem Mangel - an Geld, an Bildung, an Gefühl.
Erinnerung im Strafverfahren: Am Beispiel eines Prozesses am Landgericht Verden (um das Verhungernlassen einer Mutter) beschreibt die Samstags-taz (Alexander Krützfeldt) ausführlich die Schwierigkeit mit Zeugenaussagen im Strafprozess.
Weniger Zivilklagen: Die WamS (Susanne Geschke) geht der Frage nach, warum die Zahl der Zivilklagen deutlich zurückgegangen ist. Ein Grund sei der Vormarsch von Schlichtern und Schiedsgerichten.
Recht in der Welt
ICTY zu Karadzic: Das Internationale Jugoslawien-Tribunal hat Radovan Karadzic, den ehemaligen Präsidenten der bosnischen Serbenrepublik wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 40 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Den Vorwurf des Völkermords sah der Gerichtshof nicht als erwiesen. Es berichtete unter anderem die Samstags-FAZ (Michael Martens). Wie zeit.de meldet, will Karadzic Rechtsmittel einlegen.
Für Stefan Ulrich (Samstags-SZ) lohnt sich die Arbeit des Gerichtshofs. "Sie gibt den Opfern aller Seiten eine Stimme, erkennt ihre Leiden an und hilft so, Hass abzubauen." Reinhard Veser (Samstags-FAZ) kommentiert: Für die serbische Regierung sei das Urteil eine Reifeprüfung: "Wenn es ihr ernst ist mit der seit Jahren propagierten europäischen Orientierung, darf sie nicht in den Chor von Karadžićs Apologeten einstimmen, das Urteil sei gegen Serbien gerichtet."
Die Samstags-FAZ (Reinhard Müller) bringt ein Portrait des Vorsitzenden ICTY-Richters O-Gon Kwon, dessen Kammer Karadzic verurteilte.
EU/Türkei - Asyl: Die Dienstags-FAZ (Helene Bubrowski) stellt fest, dass die vereinbarte Rückschiebung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei nicht gegen internationales Recht verstößt und beruft sich dabei auf den emeritierten Rechtsprofessor Kay Hailbronner. Eine Gegenposition vertritt die Menschenrechtsjuristin Julia Duchrow auf zeit.de.
Türkei - Journalisten: Vom Prozessauftakt gegen die Cumhuriyet-Journalisten, denen die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen vorgeworfen wird, berichtete die Samstags-taz (Jürgen Gottschlich). Der Prozess wird ohne Öffentlichkeit weitergeführt.
USA - Krypto-War: zeit.de (Patrick Beuth) schildert in Fragen und Antworten den Stand des Konflikts, nachdem das FBI erklärte, es brauche Apple doch nicht, um das Handy eines Terroristen zu untersuchen. Inzwischen meldete spiegel.de, dass das Telefon "geknackt" sei.
USA/Europa - VW: Im Interview mit Focus (Nele Husmann) lässt der US-Klägeranwalt Michael Hausfeld offen, in welchen Staaten er gegen Volkswagen klagen wird. Er spricht über die Klagen wegen des Abgasskandals, über sein Verhältnis zu Deutschland und warum Anwälte, die Gutes tun wollen, zunächst viel Geld verdienen müssen.
Sonstiges
Recht und Integration: Der Spiegel (Beate Lakotta) begleitet zwei bayerische Staatsanwältinnen, die einer Gruppe Flüchtlinge in drei Stunden das deutsche Rechtssystem nahebringen sollen. "Nicht, dass sie kein Interesse für Grundzüge der deutschen Rechtsordnung haben; aber alle Sorgen kreisen hier um Asylverfahren – ein Thema, das der Unterricht ausspart."
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. bis 29. März 2016: Frank im Interview / Voßkuhle im Portrait / Karadzic im Knast . In: Legal Tribune Online, 29.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18902/ (abgerufen am: 18.05.2024 )
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