Nach dem BVerfG hat auch der EuGH den Rettungsschirm ESM für rechtmäßig erklärt – allerdings mit deutlich weniger öffentlicher Anteilnahme. Außerdem heute in der Presseschau: Das BVerfG zu einer wirren Aussage von Eva Herman, der BGH zu Stammzellpatenten und warum Unternehmen denjenigen am wenigsten trauen sollten, denen sie am meisten trauen.
EuGH zu ESM: Der Euro-Rettungsschirm verletzt kein EU-Recht. Das stellte jetzt der EuGH auf Vorlage des irischen Supreme Courts fest. Der ESM verstoße nicht gegen die Nichtbeistandsklausel der EU-Verträge, so die Richter. Auch konnte die Verankerung des ESM in den EU-Verträgen im vereinfachten Verfahren beschlossen werden und war zudem gar nicht nötig, weil die Euro-Staaten auch ohne Vertragsänderung einen Rettungsfonds einrichten durften. Es berichten u.a. die SZ (Wolfgang Janisch) und die taz (Christian Rath).
Der Rechtsprofessor Christoph Herrmann stellt auf lto.de das Urteil näher vor. Auch der Verfassungsblog (Max Steinbeis) bringt eine juristisch vertiefte Analyse.
Joachim Jahn (FAZ) kommentiert: "Wer den Europäischen Gerichtshof fragt, darf sich über die Antwort nicht wundern." Der Rechtsakt, der selbst aus Luxemburger Sicht die Kompetenzen der europäischen Institutionen überschritte, müsse erst noch erfunden werden.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Google gegen Leistungsschutzrecht: Der Hauptbetroffene des geplanten Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse, der Suchmaschinenkonzern Google, startete eine Kampagne gegen das Vorhaben. "Google versucht, ein Gesetz abzuschießen, das mitnichten das Suchen im Netz erschwert, das aber dem Konzern nicht passt, weil es ihn zu Zahlungen verpflichtet", kommentiert Heribert Prantl (SZ). Gefährlich sei "nur die Art und Weise, mit der ein Weltkonzern seine gewaltige Marktmacht nutzt, um seine Nutzer zu täuschen und den Gesetzgeber zu drangsalieren."
Professoren gegen Leistungsschutzrecht: Zugleich legten renommierte Rechtswissenschaftler eine eigene Kritik vor. Fazit: Ein Leistungsschutzrecht sei "sachlich nicht erforderlich". Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei "nicht durchdacht". Die Kritik wird von netzpolitik.org (Andre Meister) zusammengefasst.
Weitere Themen – Justiz
BVerfG zu Eva Herman: Das Bundesverfassungsgericht hat eine Klage der ehemaligen TV-Moderatorin Eva Hermann abgelehnt. Sie sah ihr Persönlichkeitsrecht verletzt, weil eine Zeitung ihre Äußerungen zum Mutterbild der Nazis zuspitzend zusammenfasste und der BGH ihr für das vermeintliche Falschzitat Schadensersatz verweigerte. Das BVerfG entschied nun: Wer es nicht schaffe, sich unmissverständlich auszudrücken, müsse sich eine verschärfende Zusammenfassung durch andere gefallen lassen. Der Lawblog (Pressebüro Düsseldorf) berichtet.
BGH zu Stammzellpatenten: Methoden zur Nutzung embryonaler Stammzellen können nicht patentiert werden, wenn dabei oder im Vorfeld Embryonen zerstört werden. Das entschied der Bundesgerichtshof nach einer entsprechenden Vorgabe des EuGH. Ein Patent könne aber erteilt werden, wenn im Patentantrag allgemein erklärt werde, dass keine Embryonen zerstört werden. Der Bonner Forscher Oliver Brüstle erhielt deshalb doch noch ein eingeschränktes Patent. Es berichten spiegel.de und taz (Christian Rath).
BGH zu Lehman-Anlegern: Anleger, die (inzwischen wertlose) Zertifikate der Bank Lehman Brothers kauften, können das Geschäft auch dann nicht unter Berufung auf das Fernabsatzgesetz anfechten, wenn sie die Produkte am Telefon bestellten und nicht über eine zweiwöchige Widerrufsfrist aufgeklärt wurden. Das entschied der Bundesgerichtshof laut spiegel.de. Die Widerrufsregeln gälten nicht für Anlageprodukte mit Kursschwankungen.
LAG Köln zu Whistleblowing: blog.beck.de (Markus Stoffels) stellt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln aus dem Juli vor. Eine Frau, die als Hauswirtschafterin in einem Privathaushalt angestellt war, hatte beim Jugendamt auf den vermeintlich verwahrlosten Zustand der zehn Monate alten Tochter hingewiesen. Die anschließende fristlose Kündigung der Hauswirtschafterin sah das LAG als rechtmäßig an. Selbst wenn die Vorwürfe berechtigt waren (was offen blieb), hätte sie zuerst das Gespräch mit den Eltern, ihren Arbeitgebern, suchen müssen.
LG Traunstein zu Polizeigewalt: Das Landgericht Traunstein verurteilte den ehemaligen Rosenheimer Polizeichef zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung im Amt. Er habe einen gefesselten 15-Jährigen mehrfach mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Das Gericht glaubte der Darstellung des Jungen, berichtet spiegel.de.
StA Nürnberg-Fürth – Fall Mollath: Nach einem Bericht der SZ (Mike Szymanski/Olaf Przybilla) will die Staatsanwaltschaft eine Überprüfung beantragen, ob Gustl Mollath zu Recht psychiatrisch untergebracht ist. Dabei soll auch ein neuer Gutachter zum Einsatz kommen. Hierfür habe sich auch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eingesetzt.
Libor-Manipulationen: Das Handelsblatt (Rolf Benders u.a.) gibt einen Überblick über die rechtliche Aufarbeitung des Skandals um die Manipulation des Libor-Zinssatzes durch Banken. Hauptschauplatz der zivilrechtlichen Aufarbeitung des Libor-Skandals sei Nordamerika. Doch auch in London liefen die ersten Klagen an.
Syndikusanwälte: Die FAZ (Joachim Jahn) stellt den Einsatz des Anwaltsrechtlers Hanns Prütting gegen die Diskriminierung der Unternehmensjuristen vor.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Frankreich – Kalinka-Prozess: In Frankreich hat der Berufungsprozess gegen den deutschen Arzt Dieter Krombach begonnen. Er war voriges Jahr in erster Instanz zu 15 Jahren Haft wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt worden. 1982 soll er seine Stieftochter Kalinka getötet haben. Die SZ (Michael Kläsgen/Katrin Kuntz) gibt einen Überblick.
Indien – Prozess gegen patriarchale Gewalt: Die taz (Georg Blume) berichtet vom Kampf einer indischen Frau, die ihren Mann wegen Mordversuchs angezeigt hat. Er hatte sie zwei Mal die Treppe hinabgestoßen, um die Geburt von zwei weiblichen Zwillingen zu verhindern.
Sonstiges
Wirtschaftskriminalität: Die Unternehmensberatung KPMG hat ihre periodische Untersuchung über Wirtschaftskriminalität in Deutschland veröffentlicht. Danach droht den Unternehmen vor allem Gefahr vom eigenen Management, berichtet ftd.de (Andreas Albert). Es entwickelten sich gerade jene Mitarbeiter zu einer Gefahr, auf die die Konzernführung sich in besonderer Weise verlasse.
Regino-Preis: Den Regino-Journalistenpreis für herausragende Justizberichterstattung erhält in der Kategorie Print in diesem Jahr Wolfgang Janisch (SZ), meldet blog.beck.de (Mathias Bruchmann).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 28. November 2012: Rettungsschirm kann weiter retten – Eva Herman kann nicht klar reden – Managern kann man nicht trauen . In: Legal Tribune Online, 28.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7654/ (abgerufen am: 18.05.2024 )
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