Böse Fouls können auch abseits von Platz teuer werden und eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht auslösen, wie das OLG Hamm entschied. Außerdem in der Presseschau: Der "Plan B" der Schweizer Banken nach Scheitern des Steuerabkommens, erste Ergebnisse im Betrugsprozess gegen den ehemaligen Porsche-Finanzvorstand, weitere Verwirrung um Beate Zschäpes Aussageverhalten und vieles mehr.
Steuerabkommen Schweiz: Das Handelsblatt (Holger Alich, Donata Riedel) und spiegel.de beschreiben Details eines "Plan B", an dem Schweizer Banken nach Scheitern des Steuerabkommens in der vergangenen Woche derzeit im Bundesrat arbeiten, um von unversteuertem Geld deutscher Kunden loszukommen. Die Möglichkeit einer Selbstanzeige werde deutschen Steuerhinterziehern nun verstärkt nahe gelegt und die Banken überlegten, Steuerhinterziehern, die ihre Steuersituation nicht per Selbstanzeige bereinigen, das Konto zu kündigen.
Rechtsanwalt Karsten Randt zeigt derweil in der FAZ auf, dass sich für Steuersünder eine Selbstanzeige gegebenenfalls als günstiger erweisen könne als die Versteuerung nach dem Abkommen. Dies könne etwa in Fällen gelten, in denen lediglich Kapitaleinkünfte aus ordnungsgemäß versteuertem Vermögensstamm hinterzogen wurden, da es im Falle der Selbstanzeige auf die tatsächlich erzielen Einkünfte ankomme und nicht wie bei der Versteuerung nach dem Abkommen auf das am 31. Dezember 2010 vorhandene Vermögen.
Zoophilie: Zu der geplanten Einführung eines Bußgeldtatbestands für Sex mit Tieren äußert sich nun auch der Tierschutzbund gegenüber der taz (Christian Rath). Dieser spricht sich dafür aus, Sodomie sogar als Straftatbestand zu werten, wie es bereits bis 1969 der Fall war.
EU-Verordnung zur Haftung von Ratingagenturen: Wie das Handelsblatt (Ruth Berschens) berichtet, soll die mittlerweile dritte EU-Verordnung über Ratingagenturen auch eine zivilrechtliche Haftung für fehlerhafte Bonitätsbenotungen vorsehen. Ob eine Agentur zu Schadensersatz verurteilt werde, solle allerdings im Ermessen der nationalen Gerichte liegen.
Beschneidung: Nach Berichten der FR (Bettina Vestring) und der Welt (Matthias Kamann) hat der Verband der Kinderärzte bei der gestrigen Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Bundestages vor der Beschneidung kleiner Jungen gewarnt, da es dabei weitaus mehr unangenehme Folgen und Komplikationen gebe als allgemein vermutet. Ärzte vom Jüdischen Krankenhaus in Berlin hingegen verwiesen auf ihre Statistiken, wonach bei 1531 Beschneidungen zwischen 2003 und 2012 nur eine Komplikation aufgetreten sei.
Daniel Bogner attestiert auf verfassungsblog.de dem Gesetzentwurf der Bundesregierung inhaltlich einen guten Ansatz, kritisiert jedoch, dass das Gesetz im Hau-Ruck-Verfahren auf den Weg gebracht wurde, anstatt auf eine Verständigung zu setzen, die viele mitnimmt.
Weitere Themen - Justiz
OLG Hamm zu Foul im Fußball: Das Oberlandesgericht Hamm hat nach Schilderung von spiegel.de und lto.de entschieden, dass Fußball für besonders rüde Fouls im Spiel zivilrechtlich haften können. Ein Spieler hatte nach einem groben Foulspiel in der Kreisliga eine schwere Knieverletzung erlitten und konnte daraufhin seinen Beruf als Maler nicht mehr ausüben. Der gegnerische Kicker habe den zu dieser Verletzung führenden Zweikampf ohne jede Rücksicht auf die Gefahr und die Folgen seines Einsteigens für ihn geführt. Bei Verletzungen aufgrund regelgerechter und dem Fairnessgebot entsprechender Spielweise hafte ein Fußballer indes nicht.
Niedersächsisches OVG zu 'Lovemobilen': Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat nach Berichten von faz.net entschieden, dass Vermieter von Wohnmobilen an Prostituierte, so genannte Lovemobile, keine Vergnügungssteuer zahlen müssen. So seien die Prostituierten als Mieterinnen die eigentlichen Besitzer und damit abgabepflichtig.
OLG Saarbrücken zu Praktiker: Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat beschlossen, dass die Praktiker AG eine Kapitalerhöhung über 60 Millionen Euro durchführen darf. Gegen einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss hatten Aktionäre geklagt; das Unternehmen hatte sich wiederum an das übergeordnete OLG gewendet und ein Freigabeverfahren beantragt. Das Handelsblatt (Stefan Menzel) berichtet.
VG Karlsruhe zu Integrationskurs: Die Welt greift eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe auf, wonach es rechtens ist, eine 61-jährige Türkin, die seit 30 Jahren in Deutschland lebt, aber kein Deutsch spricht, zu einem Integrationskurs zu verpflichten. Die Frau hatte argumentiert, dass ihre Kinder gut ausgebildet seien, Steuern bezahlten und die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben.
LG Stuttgart – Porsche: In einem Kreditbetrugsprozess gegen den früheren Finanzvorstand von Porsche Holger Härter und zwei seiner Mitarbeiter vor dem Landgericht (LG) Stuttgart soll nach Berichten des Handelsblatts (mwb) und der FTD das Verfahren gegen einen der Mitangeklagten gegen Geldauflage eingestellt werden. Härter selbst habe einen solchen "Deal" hingegen abgelehnt und hoffe auf einen Freispruch. Die Angeklagten sollen bei der geplanten Übernahme von Volkswagen 2009 eine Bank getäuscht haben.
LG München I – Skylight AG: Vor dem Landgericht München I müssen sich zwei ehemalige Vorstandsmitglieder der Solarfirma Skylight AG u.a. wegen Betrugs verantworten, weil die Firma zwischen 2006 bis 2009 zwar Geld für Solaranlagen kassiert, die Anlagen aber nicht geliefert habe. Wie die SZ (Christian Rost) schreibt, hat einer der beiden Angeklagten, nachdem ihm eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren angeboten wurde, ein Geständnis abgelegt.
LG Hagen – Anklage gegen SS-Mann: Die Staatanwaltschaft Dortmund hat laut der taz (Klaus Hillenbrand) und spiegel.de einen 91-jährigen gebürtigen Niederländer wegen Mordes beim Landgericht Hagen angeklagt. Er soll als Angehöriger der Sicherheitspolizei 1944 den Widerstandskämpfer Aldert Klaas Dijkema erschossen haben.
LG Dresden – Sachsensumpf: Der Berufungsprozess gegen zwei zum so genannten Sachsensumpf recherchierende Journalisten wird länger als erwartet andauern. Obwohl der Vorsitzende Richter letzte Woche in seiner vorläufigen Rechtsauffassung geäußert hatte, dass sich nach seiner Einschätzung die Journalistentätigkeit im Rahmen des Zulässigen bewegt habe, hat er weiteren Beweisanträgen der Staatsanwaltschaft stattgegeben, wie die taz (Michael Bartsch) berichtet. Daher habe sich auch die Verteidigung gezwungen gesehen, an ihrer ursprünglichen Zeugenliste festzuhalten.
LG Frankfurt – Kachelmann: Anlässlich der Schadensersatzklage des ehemaligen Wettermoderators Kachelmann gegen seine frühere Geliebte beschäftigt sich nun auch der Rechtsprofessor von Heintschel-Heinegg auf blog.beck.de mit den Unterschieden zwischen materiellem Wahrheitsbegriff im Strafprozess und formellem Wahrheitsbegriff im Zivilprozess.
Amtsgericht Herne-Wanne zu Entsorgungsfirma Becker: Wie die SZ (Hans-Willy Bein) berichtet, hat das Amtsgericht gegen fünf Manager der Entsorgungsgruppe Heinrich Becker Strafbefehle mit Bewährungsstrafen bis zu einem Jahr erlassen, die bereits rechtskräftig sind. Das Unternehmen selbst müsse eine Millionenstrafe zahlen. Becker wurde vorgeworfen, auf einer Deponie im nördlichen Ruhrgebiet hochgiftige Schlämme aus dem Hochofenbetrieb des Thyssen-Krupp-Konzerns entsorgt zu haben.
Zschäpes Schweigen: Nach den wechselnden Berichterstattungen über den Aussagewillen von Beate Zschäpe thematisieren nun die SZ (Hans Leyendecker und Tanjev Schultz) und die taz (Wolf Schmidt) einen Ermittlungsvermerk des BKA, der während einer Verbringung Zschäpes in ein anderes Gefängnis im Sommer dieses Jahres gefertigt worden war. Dabei soll sie angegeben haben, dass sie sich im November 2011 gestellt habe, um auch auszusagen. Ihr Rechtsbeistand habe ihr aber bisher davon abgeraten; sie denke allerdings seit längerer Zeit darüber nach, sich von jemand anderem verteidigen zu lassen.
Mollath-Affäre: Die SZ (ehr, fmue, msz, urit) beschäftigt sich zur causa Mollath mit einem kritischen Gutachten des Hamburger Strafrechtlers Gerhard Strate im Auftrag der Freien Wähler. Olaf Przybilla (SZ) schlägt vor, dass die Staatsanwaltschaft eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Mollath beantragen könnte, um ihre Unabhängigkeit unter Beweis zu stellen. Heribert Prantl (SZ) sieht die Verantwortung im Fall Mollath nicht nur bei einer leichtfertigen oder rücksichtslosen Justiz, sondern auch bei einer öffentlichen Sicherheitserwartung, die Richter und Gutachter bei der Beurteilung einer psychischen Krankheit oft im Zweifel gegen den Angeklagten entscheiden lasse.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Ägypten – Justiz gegen Staatschef: Die FAZ (Rainer Herrmann) widmet sich aus Anlass der Konflikte mit dem Präsidenten Mursi der ägyptischen Justiz. Diese sei von Beginn an nie unabhängig gewesen, und fühle sich mutmaßlich zum großen Teil weiter dem alten Regime verbunden.
Österreich – Prozess gegen Ernst Strasser: Die FAZ (Stephan Löwenstein) berichtet vom gestrigen Prozessbeginn gegen den ehemaligen österreichischen Innenminister und späteren Europaabgeordneten Ernst Strasser. Ihm wird vorgeworfen, gegenüber als Lobbyisten getarnten Reportern die Bereitschaft geäußert zu haben, gegen Zahlung von jährlich 100.000 Euro Einfluss auf EU-Richtlinien zu nehmen.
Sonstiges
Todesstrafe in Hessen: Dass in Artikel 21 der hessischen Landesverfassung noch die Todesstrafe normiert ist, wegen des Vorrangs des Grundgesetzes aber keine Anwendung findet, ist unter Juristen bekannt. Die SZ (Marc Widmann) fragt sich, weshalb die Regelung noch nicht abgeschafft worden ist, und ob das an der Feigheit der Politik vor einer hierfür notwendigen Volkabstimmung liegt.
Entschädigung für NS-Opfer: Aus Anlass des Treffens des Bundesfinanzministeriums mit der Jewish Claims Conference Mitte November führt lto.de (Claudia Kornmeier und Pia Lorenz) ein Interview mit dem Rechtsanwalt Matthias Druba, der sich schwerpunktmäßig u.a. mit dem Folgenrecht der Wiedervereinigung und Restitutionsrecht beschäftigt.
Konzerne versus Staaten: Die taz (Cédric Koch) befasst sich mit einer Studie der Lobbykritiker vom Corporate Europe Observatory, wonach Regierungen häufig gegen Unternehmen vor internationalen Schiedsgerichten betreffend Umwelt- und Sozialstandards unterliegen würden. So würden einige wenige Kanzleien Konzerne auf der ganzen Welt dazu ermuntern, Regierungen zu verklagen. Mehr als die Hälfte der Fälle sei im vergangenen Jahr von nur 15 Richtern entschieden worden.
Das Letzte zum Schluss
Wasserwerfer in der linken Szene: Adolf Rebler berichtet auf lto.de von einem kuriosen Fall vor dem Verwaltungsgericht Aachen, in dem eine linke Gruppierung einen ausrangierten Wasserwerfer der Polizei erworben, ordnungsgemäß zugelassen und bei einer Demonstration verwendet hatte. In der Folge war die Zulassung zurückgenommen worden; die Rücknahme scheiterte jedoch vor dem VG zweimal aus formellen Gründen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/js
Die juristische Presseschau vom 27. November 2012: Foul im Fußball – Plan B bei Schweizer Banken – Unklarheit über Zschäpe . In: Legal Tribune Online, 27.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7643/ (abgerufen am: 02.05.2024 )
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