Niedersachsen behält seine Vetoposition bei VW. Das hat jetzt der EuGH entschieden. Außerdem in der Presseschau: Ein LAG-Urteil zur sexuellen Belästigung im Betrieb, die Annahme des Insolvenzplans bei Suhrkamp, ein philosophisches Plädoyer für Tierrechte und warum es verboten ist, Verkehrsschilder zu fälschen.
Thema des Tages
EuGH zum VW-Gesetz: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die 2008 erfolgte Neuregelung des VW-Gesetzes akzeptiert. Das EuGH-Urteil von 2007 sei damit korrekt umgesetzt worden. Die 20-prozentige Sperrminorität, von der aktuell ausschließlich das Land Niedersachsen profitiert, kann damit erhalten bleiben. Es berichten u.a. die SZ (Karl-Heinz Büschemann) und die taz (Christian Rath).
Johannes Ritter (FAZ) sieht keinen Grund zur Freude: "Das VW-Gesetz ist ein anachronistischer und unnötiger Schutzwall, der schon längst hätte fallen müssen." Dagegen hält Michael Kröger (spiegel.de) die Klage der EU-Kommission für "unnötige Prinzipienreiterei." Angesichts von nur zehn Prozent frei verfügbaren VW-Aktien könne die abgesenkte Sperrminorität eh keine potenziellen neuen Großaktionäre abschrecken. Christian Rath (Badische Zeitung) hält das EuGH-Urteil nur für punktuell bedeutsam, da derzeit für andere Unternehmen kein vergleichbarer Schutz wie im VW-Gesetz gefordert werde.
Rechtspolitik
Minderheitsrechte im Bundestag: Die Linke fordert eine Grundgesetzänderung zur Stärkung der parlamentarischen Minderheitsrechte im Falle einer großen Koalition, den Grünen würde eine Änderung einfacher Gesetze und der Bundestags-Geschäftsordnung genügen. Die Welt (Claudia Kade) gibt einen Überblick über die Debatte. Laut focus.de drohen die Grünen inzwischen auch mit dem Gang zum Bundesverfassungsgericht.
EU-Datenschutz-Grundverordnung: Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat am Montagabend die Verhandlungsposition des Parlaments zur Modernisierung des EU-Datenschutz-Rechts festgelegt. Die SZ (Javier Carceres) gibt in Frage- und Antwort-Form einen Überblick über das Vorhaben.
Justiz
EuGH zu Energienetzen: Die EU-Staaten dürfen für ihre Strom- und Gasnetze ein Privatisierungsverbot vorsehen. Das entschied laut FAZ.net der Europäische Gerichtshof. Konkret ging es um ein Gesetz in den Niederlanden, das den Einstieg privater Anleger verbot. Dagegen hatte unter anderem eine Tochter des deutschen Energiekonzerns RWE geklagt.
LAG Stuttgart zu sexueller Belästigung: Das Landesarbeitsgericht Stuttgart hält im Fall einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz zwar eine Kündigung grundsätzlich für möglich, im Einzelfall könne jedoch eine Abmahnung oder Versetzung genügen. Erfolgreich geklagt hatte ein gekündigter Vertriebsingenieur, der bei einer abendlichen Besprechung einen Kollegen von hinten umklammert und sich kurz an diesen gepresst hatte, berichtet focus.de (Marcus Creutz).
SG Braunschweig zu Hartz IV und Nachhilfe: Das Sozialgericht Braunschweig hat einem 16-jährigen Schüler mit Lese-Rechtschreibschwäche einen Anspruch auf längerfristige Nachhilfe zugesprochen. Das Jobcenter wollte die Finanzierung nach einem Jahr auslaufen lassen. Annette Prosinger (Welt) sieht zwar die Gefahr, dass solche Urteile nur die Nachhilfe-Branche mästen. Dennoch sollten nicht nur versetzungsgefährdete Schüler gefördert werden. Lehrer sollten deshalb mitentscheiden, wer wirklich Nachhilfe braucht.
BVerwG – Gentechnik und Honig: Das Bundesverwaltungsgericht will am Donnerstag entscheiden, ob der Staat Maßnahmen ergreifen muss, um die gentechnische Verunreinigung von Honig zu verhindern. Die SZ (Stefan Mayr) portraitiert den Kläger und Hobby-Imker Karl-Heinz Bablok.
BGH – Günther Jauchs Tochter: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag die Frage behandelt, ob eine Zeitung den Namen einer Adoptivtochter von Günther Jauch erwähnen darf. Das Oberlandesgericht Hamburg hatte dies verboten, der BGH werde wohl aber anders entscheiden, prognostiziert die SZ (Wolfgang Janisch) auf ihrer Medienseite. Das Urteil soll am 5. November verkündet werden.
OLG München – Zschäpe: Im NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe und andere wurde eine Zeugin vernommen, die Beate Zschäpe 2006 in Nürnberg in der Nähe eines Tatorts in einem Supermarkt gesehen haben will. Vor Gericht erwies sich die Aussage aber als wenig belastbar, berichtet u.a. die FAZ (Karin Truscheit) und spiegel.de (Gisela Friedrichsen).
LG Osnabrück – Heidi K.: Vor einigen Wochen hatte das Landgericht Osnabrück die Lehrerin Heidi K. in einem Säumnisurteil zur Zahlung von 80.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt, weil sie einen Kollegen zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigt hatte. Gegen das Versäumnisurteil hat K. nun Einspruch eingelegt. Das Landgericht habe einen neuen Verhandlungstermin festgelegt, meldet spiegel.de.
AG Berlin-Charlottenburg - Suhrkamp: Eine Versammlung der Gläubiger und Gesellschafter des Suhrkamp-Verlags hat dem vom Verlag ausgearbeiteten umstrittenen Insolvenzplan zugestimmt. Dieser sieht eine Umwandlung des Verlags in eine Aktiengesellschaft vor, was Rechte des Minderheitsgesellschafters Hans Barlach reduzieren würde. Es berichten die SZ (Andreas Zielcke), die FAZ (Sandra Kegel) und die taz (Dirk Knipphals). Die taz (Christian Rath) prognostiziert, dass Barlach gegen den Insolvenzplan klagen wird, weil er die Einleitung des Insolvenzverfahrens am Amtsgericht Charlottenburg als rechtsmissbräuchlich einstuft.
Recht in der Welt
Niederlande – Sterbehilfe: In Holland wurde ein 71-jähriger Mann wegen Sterbehilfe an seiner 99-jährigen Mutter verurteilt, allerdings wurde keine Strafe verhängt. Das berichtet die FR (Peter Riesbeck). Die Frau wollte zwar nicht mehr leben, hatte aber keine unheilbare Krankheit und ihr Hausarzt lehnte es ab, die Sterbehilfe zu begleiten.
Sonstiges
Bürger- und Völkerrechte für Tiere: spiegel.de (Lukas Ondreka) sprach mit dem Philosophen Will Kymlicka über sein Buch Zoopolis. "Es ist richtig, dass Wildtiere, anders als domestizierte Tiere, nicht Bürger unserer Gemeinschaft sind. Aber dies bedeutet nicht, dass sie sich außerhalb der Grenzen der Gerechtigkeit befinden. Wir haben Verpflichtungen gegenüber ihnen, und ja, wir brauchen eine Art des Völkerrechts zwischen den Spezies."
Thomas Drach: Der ehemalige Entführer Thomas Drach wurde in Hamburg aus der Haft entlassen und reiste sofort nach Holland. Die SZ (Wolfgang Janisch) erklärt, warum die Weisung der Führungsaufsicht, eine elektronische Fußfessel zu tragen, nur im Inland gilt. Außerdem wird erläutert, dass Drach sich nicht strafbar mache, wenn er das eventuell versteckte Lösegeld holt und dass deutsche Behörden ihm keinen Reisepass versagen dürften.
Das Letzte zum Schluss
Manipuliertes Verkehrsschild: In Weimar haben unbekannte Täter ein Tempo 30-Schild mit Pappe und Folie in ein Tempo 50-Schild verwandelt. Mehrere Autofahrer wurden deshalb von einer dahinter stationierten Radaranlage geknipst, berichtet spiegel.de. Die Polizei ermittelt jetzt wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 23. Oktober 2013: EuGH billigt das VW-Gesetz – Durchbruch bei Suhrkamp – Bürgerrechte für Tiere . In: Legal Tribune Online, 23.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9863/ (abgerufen am: 18.05.2024 )
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