Beim Fußball gibt es keine strafbefreiende Selbstanzeige, aber Uli Hoeneß ist jetzt ja Unternehmer und potenzieller Steuerzahler. Außerdem in der Presseschau: Die neue Presse-Akkreditierung beim NSU-Prozess, die kommende EZB-Verhandlung am Bundesverfassungsgericht, Bushidos Generalvollmacht und welche Auswirkungen eine Marihuana-Plantage auf die Stromrechnung haben kann.
Uli Hoeneß – Steuerhinterziehung: Der Präsident von Bayern München, Uli Hoeneß, hat im Januar eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung erstattet, inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob er tatsächlich straffrei ausgehen kann. Dies enthüllte am Wochenende der Focus (T. Treser/C.Elflein). Die Montags-SZ ( Andreas Burkert/Hans Leyendecker / Klaus Ott) und bild.de (Alfred Draxler) berichten weitere Details.
Im Interview mit der Montags-Welt (Jörg Eigendorf) erklärt der Anwalt Karsten Randt, dass eine Selbstanzeige nur selten öffentlich bekannt werde. Die nachfolgende Hausdurchsuchung bei Hoeneß deute auf Unstimmigkeiten in der Selbstanzeige hin. Die Badische Zeitung (Christian Rath) erläutert das Instrument der Selbstanzeige.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Videoüberwachung: Nach den Anschlägen von Boston sammelt der Focus (Margarete van Ackeren u.v.a., Kurzfassung auf focus.de) vor allem Stimmen, die sich für mehr Videoüberwachung in Deutschland aussprechen, zum Beispiel BKA-Chef Jörg Ziercke. Die Montags-FAZ (Peter Carstens) schildert, wie sich daraus ein Koalitionsdissens ergab, bei dem Innenminister Hans-Peter Friedrich eine Ausweitung befürwortet und Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sie ablehnt. Im Interview mit der Montags-taz (Ulli Schulte) hält Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, die Forderung nach mehr Videoüberwachung für überflüssig. In Deutschland gebe es bereits genug Kameras im öffentlichen Raum.
Zahlungsverzug: Bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie, welche die Zahlungshöchstfrist für gewerbliche Kunden auf 60 Tage festlegt, ist die Bundesregierung weiter im Verzug - und mit unterschiedlichen Wirtschaftsinteressen konfrontiert. Während das Baugewerbe für deutlich kürzere nationale Zahlungshöchstfristen plädiere, hält der Einzelhandel 60 Tage für eine gute Grenze, berichtet das Handelsblatt (K. Ludowig/G. Weishaupt).
Sammelklagen: Nach Informationen der Samstags-FAZ (Hendrik Kafsack) will die EU-Kommission im Juni die EU-Staaten zur Einführung von kollektiven Schadensersatz- und Unterlassungsklagen auffordern. Im Wettbewerbsrecht wolle sie sogar eine verbindliche Richtlinie vorschlagen. Grundsätzlich sollen sich Verbraucher ausdrücklich einer Sammelklage anschließen müssen (Opt-in-Prinzip), Erfolgshonorare für Anwälte und Straf-Schadensersatz soll ausgeschlossen sein. Obwohl sich die Vorschläge also weniger als ursprünglich geplant an US-Vorbildern orientieren, lehnt sie Corinna Budras (Samstags-FAZ) als "unnötig" und "schädlich" ab.
Weitere Themen – Justiz
Journalisten im NSU-Prozess: Am Freitag hat das Oberlandesgericht München seine neuen Akkreditierungs-Regeln für die Presse bekannt gemacht. Es gibt nun Kontingente, zum Beispiel für ausländische Medien, und innerhalb der Kontingente wird gelost, berichten u.a. spiegel.de (Dietmar Hipp) und die taz (Christian Rath). Im Interview mit spiegel.de (Julia Jüttner) beantwortet die OLG-Sprecherin Andrea Titz Fragen zum Verfahren.
Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) nimmt die Neuregelung zum Anlass, den Vorsitzenden Richter des NSU-Prozesses, Manfred Götzl, zu portraitieren. Er sei "dünnhäutiger geworden", heiße es. Alte Kollegen nennen ihn einen "Kriegskameraden".
Reinhard Müller (Samstags-FAZ) kritisiert die Neuregelung: Es fehle ein Kontingent für Online-Medien, außerdem werde die Bedeutung überregionaler Zeitungen nicht genügend gewürdigt. Michael Hanfeld (Samstags-FAZ) sieht im dortigen Feuilleton durch das zu kleine Kontingent für Tageszeitungen sogar die Pressefreiheit eingeschränkt. Christian Bommarius (Samstags-FR) stellt fatalistisch fest, dass das Losverfahren zwar unbefriedigend, aber gerecht sei. Für Heribert Prantl (Samstags-SZ) rächt sich nun der "schwache" Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, das keine Übertragung des Prozessgeschehens in einen zweiten Gerichtssaal angeordnet hat.
Kameras im NSU-Prozess: Der Anwalt des Nebenklägers Hilat Yozgat hat beim Bundesverfassungsgericht einen Eil-Antrag gestellt, um doch noch eine Video-Übertragung des Prozesses in einen zweiten Saal zu erreichen, meldet die Welt am Sonntag. Die Montags-taz (Christian Rath) berichtet, dass der Bundestag eine gesetzliche Klarstellung, dass die Übertragung in einen Arbeitsraum zulässig sei, gründlich vorbereiten will. Außerdem wird die neue Video-Anlage des OLG München vorgestellt.
Wulff-Anklage: Der Generalstaatsanwalt von Celle, Frank Lüttig, verteidigt die Bestechlichkeits-Anklage gegen Christian Wulff in verschiedenen Interviews, insbesondere mit dem Spiegel (Michael Fröhlingsdorf, Alfred Weinzierl – Kurzfassung auf spiegel.de), mit Focus (Ansgar Siemens, Kurzfassung auf focus.de) und der Welt am Sonntag (Ulrich Exner/Miriam Hollstein).
BVerfG – EZB: Am 11. und 12. Juni wird das Bundesverfassungsgericht über die Zulässigkeit von Anleihekäufen durch die Europäische Zentralbank verhandeln. In einem Beitrag für den Verfassungsblog beschreibt der Rechtsprofessor Daniel Thym die Fragestellungen der Verhandlung. Bisher fehle jeder Hinweis, dass eine EuGH-Vorlage angedacht sei.
LG Bielefeld – Gebrauchte E-Books: Ein Online-Händler durfte den Verkauf gebrauchter E-Books verbieten. Das entschied laut einer Meldung der Samstags-FAZ das Landgericht Bielefeld. Die Klage von Verbraucherzentralen sei zurückgewiesen worden.
LG München – Hausdurchsuchung bei jüdischem Schüler: Im Zuge der Beschneidungsdebatte hatte der Rechtsprofessor Holm Putzke Strafanzeige erstattet, weil er via Facebook beleidigt worden sei. Daraufhin durchsuchte der Staatsschutz das Kinderzimmer eines verdächtigen 14-jährigen jüdischen Schülers. Das Landgericht München hat die Durchsuchung laut lto.de, die sich ihrerseits auf eine Meldung der SZ beruft, jetzt für rechtswidrig erklärt. Es habe kein hinreichender Verdacht für eine Durchsuchung bestanden, da selbst die Polizei zweifelte, ob die Beleidigungen von einem Jugendlichen stammen können.
Ermittlungen wegen Auschwitz: Die Montags-Welt (Sven Felix Kellerhoff) analysiert anhand des Falles des 93-jährigen Hans Lipschis, der im KZ Auschwitz arbeitete, welche Schwierigkeiten heute bei einer Anklage bestünden. Außerdem wird ein Überblick über die bisherige Verurteilung von KZ-Mannschaften gegeben.
Voßkuhle-Interview: Die Welt am Sonntag (Jochen Gaugele/Thorsten Jungholt/Claus Christian Malzahn) sprach mit BVerfG-Präsident Andreas Voßkuhle über die Macht des Bundesverfassungsgerichts, seine Öffentlichkeitsarbeit, die politische Einstellung der Richter, ein mögliches NPD-Verbot, den NSU-Prozess, die Innere Sicherheit, das Wahlrecht, Abgeordnetendiäten, das Parteiensystem, die Euro-Rettung und den EuGH.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Zarnajew: In den USA wird gestritten, ob dem überlebenden Boston-Attentäter Dschochar Zarnajew das Recht entzogen werden soll, bei Verhören einen Anwalt zuzuziehen, berichtet spiegel.de. Bei Bestehen einer terroristischen Gefahr sei dies möglich.
EuGH – Finanztransaktionssteuer: Großbritannien hat beim Europäischen Gerichtshof gegen die von elf EU-Staaten geplante Finanztransaktionssteuer geklagt, berichtet u.a. manager-magazin.de. Es belaste den Finanzplatz London, wenn dort zum Beispiel deutsche Aktien besteuert werden müssten, obwohl Großbritannien die Steuer ablehne.
UN-Ausschuss – Sarrazin: Der Spiegel sprach mit Régis de Gouttes, Mitglied des Uno-Anti-Rassismus-Ausschusses, über die Vorwürfe gegen Deutschland, keine Strafverfolgung gegen die mutmaßlich rassistischen Aussagen Thilo Sarrazins unternommen zu haben. Deutschland solle seine Gesetzeslage überprüfen.
Griechenland – Siemens: Die Montags-SZ (Klaus Ott/Tasos Telloglou) stellt die geplante griechische Korruptions-Anklage gegen den ehemaligen Siemens-Chef Heinrich von Pierer vor. Er soll wegen aktiver Bestechung angeklagt werden. "Mit ziemlicher Sicherheit würde mangels Beweisen kein deutsches Gericht auf Basis der jetzt erhobenen Vorwürfe einen Prozess gegen Pierer beginnen", so die SZ.
Sonstige
Bushido – Generalvollmacht: lto.de (Pia Lorenz) spricht mit dem Notar Herbert Grziwotz über die Generalvollmacht, die der Rapper Bushido einem Freund und mutmaßlichen Gangster gegeben hat. Solche Vollmachten gebe man nur Menschen, denen man vertraue. Der Wortlaut und Inhalt sei aber nicht ungewöhnlich.
Juristische Ausbildung hinter Gittern: Die Montags-SZ (Charlotte Frank) berichtet, wie 80 Jurastudenten und Professoren vier Tage lang am Strafvollzug der JVA Oldenburg teilnahmen, um zu erfahren, "was es heißt, jemanden in den Knast zu schicken".
Zypern-Hilfe: Der Rechtsprofessor Jasper Finke setzt sich im juwiss-Blog mit der Frage auseinander, ob die Hilfe des ESM-Rettungsschirms für Zypern mit EU-Recht und der Budget-Verantwortung des Bundestags übereinstimmt. Er antwortet mit "vielleicht", widerspricht aber vehement Dietrich Murswiek, der dies verneint hatte.
Das Letzte zum Schluss
Marihuana braucht Strom: Der lawblog (Udo Vetter) schildert eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm. Dabei wurde der Besitzer einer Marihuana-Plantage, der illegal Strom für die Beheizung und Lüftung abgezweigt hatte, zur Zahlung von 50.000 Euro Stromkosten für zwei Jahre verurteilt. Die Schätzung des Energieversorgers sei durchaus realistisch, urteilte das OLG.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 20. - 22. April 2013: Uli Hoeneß am Pranger – Tombola am OLG - Bushido beim Notar . In: Legal Tribune Online, 22.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8575/ (abgerufen am: 27.04.2024 )
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