StA Dresden nimmt Ermittlungen wegen Galgen für Merkel und Gabriel bei Pegida-Demonstration auf. Außerdem in der Presseschau: die Presse darf Auskunft nur zu "bereits vorhandenen" Informationen verlangen und die grenzenlose Weite des Geldwäsche-Straftatbestandes.
Thema des Tages
StA Dresden – Pegida-Galgen: Die Staatsanwaltschaft Dresden hat wegen der auf einer Pegida-Demonstration am Montagabend in Dresden gezeigten Galgen für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es gehe um den Verdacht der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten berichten SZ (Cornelius Pollmer), zeit.de und taz (Daniel Bax).
Für Heribert Prantl (SZ) ist die zunehmende Hetze auf den Pegida-Demonstrationen der Begleitchor zu den Gewalttaten gegen Flüchtlingsunterkünfte. Wenn Volksverhetzung zum Volkssport werde, dürfe der Staat nicht mehr einfach zuschauen. Auch Lenz Jacobsen (zeit.de) sieht das Bild von Merkel und Gabriel am Galgen als Symbol für die Radikalisierung von Pegida.
Rechtspolitik
StPO-Reform: lto.de (Pia Lorenz) widmet sich den Vorschlägen zur Reform der StPO. Ziel des nichtöffentlichen Eröffnungstermins, der Hauptverhandlungen bei umfangreichen Strafverfahren vor Land- und Oberlandesgerichten künftig vorangehen solle, sei die Kommunikation der Beteiligten zu verbessern. Die Rechte der Nebenklage wolle der Enturf aus Praktikabilitätsgründen durch die Zusammenfassung von Geschädigten beschränken, dafür aber die Position des Verteidigers stärken.Auch die SZ (Wolfgang Janisch) stellt den Kommissionsbericht ausführlich vor.
Vorratsdatenspeicherung: zeit.de (Patrick Beuth) schafft einen Überblick über die zum Teil verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, deren Wiedereinführung noch diese Woche vom Bundestag beschlossen werden könnte. Die abschließende Beratung des Gesetzentwurfs im Rechtsausschuss sei für Mittwoch geplant.
Transitzonen für Flüchtlinge: Christian Rath (taz) kritisiert den Vorschlag, an den Grenzen Transitzonen für die Prüfung der Asylberechtigung von Flüchtlingen einzurichten. Das EU-Recht sehe vor, dass Asylverfahren in solchen Zonen innerhalb von vier Wochen abgeschlossen sein müssten. In diesem Zeitraum seien die Antragsteller oft noch nicht einmal registriert worden.
Delisting-Abfindung: Die Rechtsanwälte Hartwin Bungert und Benjamin Leyendecker-Langer berichten in der FAZ darüber, dass Aktiengesellschaften, die sich von der Börse zurückziehen wollen, den Anteilseignern künftig zuvor den Kauf ihrer Papiere anbieten müssen. Diese Regelung habe der Bundestag anlässlich der Umsetzung einer Brüsseler Änderungsrichtlinie zur EU-Transparenzrichtlinie beschlossen.
Syndikusanwälte: Nun meldet auch die FAZ (jja), dass die Gesetzesreform stockt, mit der Syndikusanwälten der Weg zurück in die berufsständische Altersvorsorge geebnet werden soll. Es sei zu befürchten, dass es dieses Jahr nicht mehr klappe. Uneinigkeit bestehe unter anderem über die von Justizminister Heiko Maas (SPD) geplante Pflicht, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.
Gentechnik-Verbote: Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat am Dienstag gegen den Kommissionsvorschlag gestimmt, nationale Gentechnik-Verbote auch für aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellte Futter- und Lebensmittel zu erlauben, berichtet die FAZ (hmk).
Justiz
EuGH zu Safe Harbor: Nun widmet sich auch juwiss.de in zwei Beiträgen der Safe Harbor-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Lorin-Johannes Wagner befindet, der EuGH habe gezeigt, dass er es mit der Einhaltung europäischer Datenschutzstandards ernst meine. Emma Peters befasst sich mit den Folgen der Entscheidung für die europäischen Sicherheitsbehörden.
BVerfG zu Presseauskünften: Der Bundesnachrichtendienst musste der Bild-Zeitung keine Auskunft über die NS-Verwicklungen seiner Anfangsjahre geben, entschied das Bundesverfassungsgericht. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass Auskünfte nur zu "bereits vorhandenen" Informationen verlangt werden könnten und nicht zu solchen, die erst der Aufarbeitung durch eine Historikerkommission bedürften. Damit bleibt die Frage ungelöst, woraus die Presse Informationsansprüche gegen Bundesbehörden ableiten darf, schreiben taz (Christian Rath) und Tsp (Jost Müller-Neuhof).
BVerfG – Altersschätzungen: Im Interview mit der taz (Christian Rath) schildert die Anwältin Susanne Besendahl, worauf sich die von ihr im Namen eines jungen Flüchtlings eingelegte Verfassungsbeschwerde stützt. Die zur Altersschätzung angewandten Untersuchungsmethoden verletzten die Menschenwürde.
BVerfG – Flüchtlingsstrom: Die bayerische Staatsregierung hat beschlossen, den Klageweg zum Bundesverfassungsgericht zu beschreiten, sollte der Bund nicht bald wirksame Maßnahmen ergreifen, um den weiteren Zuzug von Asylbewerbern zu begrenzen. In Betracht komme ein Bund-Länder-Streit, der sich gegen ein Unterlassen des Bundes richten würde – und den es in dieser Form noch nicht gab, wie die FAZ (Reinhard Müller) schreibt.
BGH zu Olympia-Verweigerung: Der einstige Weltmeister im Dreisprung, Charles Friedek, hat wegen der ihm vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) versagten Olympia-Nominierung 2008 dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz, entschied der Bundesgerichtshof. Über die Schadenshöhe muss nun das Oberlandesgericht Frankfurt entscheiden, berichtet lto.de (Constatin Baron van Lijnden).
OLG München – NSU-Prozess: Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben sind vor dem Oberlandesgericht München mit ihren Anträgen auf Aussetzung des Prozesses gescheitert. Richter Manfred Götzl begründete die Ablehnung damit, dass die von den Verteidigern geltend gemachte Verletzung der Grundsätze des fairen Verfahrens nicht gegeben sei, schreibt spiegel.de.
LG Lüneburg zu Schmerzensgeld: Im Fall des 1983 freigesprochenen Mörders, der erst 2012 durch verfeinerte Gen-Analysen überführt werden konnte, hat das Landgericht Lüneburg nun die vom Vater der Getöteten erhobene Schmerzensgeldklage abgewiesen. Der Vater habe aber zumindest moralische Unterstützung bekommen. So habe das Gericht formuliert, es müsse davon ausgehen, dass der Beklagte die Tochter des Klägers vergewaltigt und anschließend getötet habe, weiß SZ (Hans Holzhaider) zu berichten.
LG München – Deutsche-Bank: Wie SZ (Stephan Radomsky) schildert, tut sich die Oberstaatsanwältin Christiane Serini im Strafprozess gegen den Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier weitere Ex-Top-Banker des Instituts schwer mit der Anklage wegen versuchten Prozessbetrugs. Der Erkenntniswert ihrer Zeugenaussage, mit der sie die Anklage möglicherweise hätte retten können, sei gering gewesen.
Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen: Oberstaatsanwalt Rommel wird neuer Leiter der zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, berichtet lto.de.
Recht in der Welt
Italien – Verfassungsreform: Italien erlebt gerade den umfangreichsten und ambitioniertesten Prozess zur Reform seiner Verfassung seit Beginn der Republik. Bei keiner anderen genehmigten Verfassungsänderung sei eine so große Anzahl an Aspekten und Artikeln revidiert worden, schreibt der Professor Francesco Palermo auf verfassungsblog.de und stellt vor, was sich im Einzelnen ändert.
Iran – Atom-Abkommen: Wie spiegel.de meldet, hat das iranische Parlament dem Atom-Abkommen mit den Uno-Vetomächten und Deutschland zugestimmt. Damit sei der Weg zu seiner Umsetzung nun endgültig frei.
Sonstiges
Thomas Fischer über Geldwäsche: In seiner Kolummne auf zeit.de kritisiert Bundesrichter Thomas Fischer diesmal den Geldwäsche-Straftatbestand § 261 StGB. Die Vorschrift mache praktisch jeden als Täter verdächtig, der regelmäßig am Wirtschaftsleben teilnehme.
Asylgrundrecht: Der Rechtsanwalt und Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz philosophiert in der FAZ über die Grenzen des Asylgrundrechts. Wie jedes Grundrecht funktioniere es nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung. So setze das Sozialstaatsprinzip einer Masseneinwanderung nach Deutschland ebenso reale wie zwingende Grenzen.
NSA-Untersuchungsausschuss: Auf netzpolitik.org erklärt Anna Biselli, warum es sich lohnt am NSA-Untersuchungsausschuss teilzunehmen und porträtiert Besuchende und deren Beweggründe.
NSU-Untersuchungsausschuss: Wie die taz (Konrad Litschko) berichtet, hat der Bundestag beschlossen, dass es einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss geben wird, der seine Arbeit bereits Mitte November aufnehmen und die Rolle der Sicherheitsbehörden noch einmal genauer beleuchten soll.
Schleuserin – Merkel? Entgegen einem seiner Kollegen meint Professor Henning Ernst Müller auf blog.beck.de, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht strafbar gemacht habe, als sie sich Anfang September mit Österreich darauf einigte, unter Umgehung des eigentlich vorgesehenen Grenzregimes Flüchtlinge aufzunehmen. Die Strafbarkeit nach § 96 AufenthG stehe in entscheidenden Punkten zur Disposition der Exekutive, die von der Bundeskanzlerin angeführt werde.
VW – Abwrackprämie: Nach einem Bericht von manager-magazin-Redakteur Nils-Viktor Sorge prüft das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eine Rückforderung der 2009 und 2010 gezahlten Abwrackprämie für VW-Fahrzeuge, die mit manipulierten Dieselmotoren auf den Markt gekommen sind.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ml
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 14. Oktober 2015: Ermittlungen wegen Galgen – eingeschränktes Presseauskunftsrecht – Fischer über Geldwäsche . In: Legal Tribune Online, 14.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17196/ (abgerufen am: 17.05.2024 )
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