Der milde wirkende Generalbundesanwalt Range hat eine knallharte Anklage gegen NSU-Frau Zschäpe vorgelegt. Im Spiegel rechtfertigt er das Vorgehen. Außerdem in der heutigen Presseschau: Ausblicke auf das BAG-Urteil zum kirchlichen Arbeitsrecht, der Stand des Verfahrens gegen Christian Wulff und warum das US-Militär den Ehebruch von Offizieren bestraft.
Range und Zschäpe: Der Spiegel (Dietmar Hipp u.a.) sprach mit Generalbundesanwalt Harald Range über die Anklage gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe. Mit einem Freispruch rechne er nicht, Versäumnisse der Justiz im Vorfeld seien nicht ersichtlich, die scharfe Anklage verfolge keine politischen Zwecke. (Vorabmitteilung auf spiegel.de)
Weitere Themen – Rechtspolitik
Kinderrechte: Heribert Prantl (Samstags-SZ) unterstützt das Bündnis Kinderrechte, das ebensolche ins Grundgesetz aufnehmen will. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht das Recht von Kindern auf Förderung ihrer Fähigkeiten und bestmöglichen Schutz längst anerkannt, es sei aber unverständlich, warum dieses Grundrecht noch ungeschrieben sei. "Eine Verfassung ist auch eine Liebeserklärung an ein Land. Wenn Kinder darin nicht vorkommen, fehlt ihr etwas", meint Prantl.
Betreuungsgeld: Gregor Gysi (Die Linke) hat SPD und Grüne aufgefordert, gemeinsam gegen das jüngst beschlossene Betreuungsgeld zu klagen, berichtet die Samstags-FR (Markus Decker). Vor allem die Grünen seien dagegen, weil eine gemeinsame Aktion mit der Linken die rot-grünen Wahlchancen beeinträchtigen könnte.
Weitere Themen – Justiz
BGH zu Elternhaftung: Die Anwälte Arno Lampmann und Andreas Biesterfeld kritisieren auf lto.de das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Elternhaftung für illegale Downloads ihrer Kinder. "Können Eltern sich fortan auch dann exkulpieren, wenn ihr Kind CDs stiehlt oder ein Haus anzündet, sofern sie nachweisen können, dass sie es zuvor darüber belehrt haben, dass das verboten ist?", fragen sie polemisch. Die Anwälte befürchten, dass die Musikindustrie nun Kinder und Jugendliche direkt auf Schadensersatz verklagt, dann werde der Aufschrei groß sein. Klawtext.de (Sebastian Dosch) bringt eine Presseschau zum BGH-Urteil.
BAG zu Fragen bei Einstellung: Der Anwalt Tim Wybitul erläutert auf lto.de das Urteil des Bundesarbeitsgerichts, wonach Fragen nach eingestellten Ermittlungsverfahren bei Einstellungsgesprächen grundsätzlich unzulässig seien und nicht korrekt beantwortet werden müssen. Es könne allerdings Ausnahmen geben, "etwa wenn es um ausgesprochene Vertrauensstellungen oder wichtige Führungspositionen geht." Auch blog.beck.de (Markus Stoffels) beschäftigt sich mit dem Urteil.
AG Lingen zu Teldafax: Schon Ende September hat das Amtsgericht Lingen den ehemaligen Teldafax-Chef Koch zur Zahlung von rund 550 Euro Schadensersatz an einen ehemaligen Kunden verurteilt. Der Mann hatte die Stromrechnung ein Jahr im Voraus bezahlt, obwohl Teldafax da schon pleite war. Die Montags-SZ (Christoph Giesen) hält die Auswirkungen des Urteils für eher gering. Selbst wenn andere Gerichte dem Piloturteil folgen, könnten allenfalls einige Tausend von rund 750.000 potenziellen Klägern von dem Urteil profitieren, denn das Privatvermögen der ehemaligen Teldafax-Vorstände sei endlich.
NPD-Antrag bei BVerfG: Der Parteienrechtler Martin Morlok analysiert im Interview mit dem Spiegel den Antrag der NPD an das Bundesverfassungsgericht, ihr die Verfassungskonformität zu bescheinigen. Die NPD habe kein Rechtsschutzbedürfnis, denn solange sie nicht verboten sei, habe sie alle Rechte. Und gegen konkrete Beeinträchtigungen könne sie auch konkret klagen.
BAG – kirchliches Arbeitsrecht: Am Dienstag wird das Bundesarbeitsgericht darüber entscheiden, ob die Kirchen und ihre Sozialeinrichtungen ein eigenes System der Lohnfindung ohne Streikrecht haben dürfen. Die Montags-FAZ (Reinhard Bingener/Corinna Budras) schildert die beiden zur Verhandlung anstehenden Fälle, bei denen die Vorinstanzen der Gewerkschaft ver.di Streikaufrufe gegen das evangelische Diakonische Werk erlaubten. In der Samstags-SZ (Detlev Esslinger) führen die Chefs von verdi, Frank Bsirske, und Diakonischem Werk, Johannes Stockmeier, ein moderiertes Streitgespräch. Bsirske wirft den Kirchen vor, sie setzten ein Grundrecht, das Streikrecht, außer Kraft. Stockmeier betont, dass die kirchlichen Beschäftigten mit der streiklosen Aushandlung der Arbeitsbedingungen sehr zufrieden seien.
LG Koblenz – Nürburgring: Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) gibt einen Zwischenstand im Untreue-Prozess gegen den ehemaligen rheinland-pfälzischen Finanzminister Ingolf Deubel (SPD). Dieser sei sich weiter keiner Schuld im Zusammenhang mit der gescheiterten Finanzierung eines Freizeitparks am Nürburgring bewusst. Am 18. Dezember solle SPD-Ministerpräsident Kurt Beck aussagen.
Ermittlungsverfahren Wulff – Glaesecker: Die Montags-Welt (Ulrich Exner) gibt einen Überblick über den Stand der Ermittlungen in den Korruptionsverfahren gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff (CDU) und dessen Ex-Sprecher Olaf Glaeseker. Gegen Wulff würden die Ermittlungen vermutlich bald eingestellt, während gegen Glaeseker, der sich von einem Geschäftspartner des Landes häufig einladen ließ, wohl Anklage erhoben werde.
Weitere Themen – Recht in der Welt
ICTY – Gotovina: Das Jugoslawien-Tribunal (ICTY) hat in der zweiten Instanz den früheren kroatischen General Ante Gotovina und den Polizeikommandeur Mladen Markac überraschend freigesprochen. In der ersten Instanz waren sie noch wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei der Befreiung der Krajina zu Haftstrafen von 24 und 18 Jahren verurteilt worden. Das berichtet die Samstags-FAZ (Klaus-Peter Schwarz). Die Montags-FAZ (Michael Martens) stellt auch die Kritik an der Entscheidung sowie die dissenting opinions der unterlegenen Richter dar.
Israel – Drohnenangriff: Die Samstags-FR (Mira Gajevic) interviewte den Völkerrechtler Wolff Heintschel von Heinegg zum israelischen Drohnenangriff auf den Hamas-Militärchef Ahmed al-Dschabari. Dieser sei ein "zulässiges militärisches Ziel" gewesen, Drohneneinsätze seien grundsätzlich zulässig.
Das Letzte zum Schluss
Ehebruch im Militär: Die Montags-FAZ (Patrick Bahners) beschäftigt sich im Feuilleton mit dem US-Militärstrafrecht. Pro Jahr gebe es rund hundert Prozesse wegen Ehebruchs gegen Offiziere. Angewandt werde eine Generalklausel für alle Ordnungsverstöße, welche die Disziplin beeinträchtigen oder geeignet sind, die Streitkräfte in Misskredit zu bringen. Die FAZ kann das verstehen: "Dass dem Ehebruch die ‚Tendenz’ innewohne, die Streitkräfte dem ‚öffentlichen Spott’ auszusetzen, wird man nach Enthüllungen über General David Petraeus nicht veraltet oder weltfremd nennen."
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. - 19. November 2012: Range spricht über Zschäpe – BAG urteilt über Kirchen – Wulff freut sich über baldige Einstellung . In: Legal Tribune Online, 19.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7578/ (abgerufen am: 07.05.2024 )
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