Bei der gescheiterten VW-Übernahme durch Porsche verloren Hedgefonds viel Geld. Zurück bekommen sie es nach einem Urteil des LG Stuttgart nicht. Außerdem in der Presseschau: Hartz IV im Bundestag, Sportschutzgesetz, NSU-Opfer-Anwalt im Gespräch, keine Revision im Fall Hoeneß, Menschenrechtspreis für Anwältin und Video-Anweisungen bei der Berliner Polizei.
Thema des Tages
LG Stuttgart zu Porsche: Vor dem Landgericht Stuttgart ist eine Schadensersatzklage mehrerer Hedgefonds wegen Verlusten im Zusammenhang mit der gescheiterten Übernahme des VW-Konzerns durch die nun beklagte Porsche-Holding abgewiesen worden. Die Kläger hatten behauptet, während des Übernahmeversuchs im Jahr 2008 falsch oder zumindest irreführend von der Beklagten informiert worden zu sein, sie forderten daher erfolglos den Ersatz von 1,36 Milliarden Euro. Wie SZ (Max Hägler) und FAZ (Susanne Preuß) berichten, konnten sie sich mit dieser Forderung nicht durchsetzen. Die Vorsitzende Richterin Carola Wittig habe einen Anspruch auf Schadensersatz verneint, weil bereits die Kausalität von Leerverkäufen und Mitteilungen nicht dargelegt worden sei. Selbst bei Annahme eines Geheimplans des früheren Porsche-Vorstandes sei das im Wertpapierhandelsgesetz normierte Verbot von Marktmanipulation kein Schutzgesetz und auch die Verletzung von Handelsgesetzen allein könne keine Haftung begründen. Eine Pflicht zur Offenlegung des Übernahmeplans habe jedenfalls nicht bestanden. Schließlich sei den Klägern auch der "hochspekulative und ungesicherte" Charakter ihres Geschäfts bewusst gewesen. Weitere Klagen sind anhängig, unter anderem verhandelt das Landgericht Braunschweig Ende April mit einem vergleichbaren Streitwert.
In seinem Bericht zur Entscheidung macht das Handelsblatt (Martin Buchenau) darauf aufmerksam, dass die strafrechtliche Aufarbeitung für Porsche keinesfalls beendet ist. Seit Dezember 2012 ermittle die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die früheren Vorstände Wendelin Wiedeking und Holger Härter wegen Marktmanipulationen und seit dem letzten Jahr gegen den kompletten früheren Aufsichtsrat wegen Beihilfe hierzu.
Rechtspolitik
Jugendschutz: Ein von Rundfunkreferenten vorgelegtes Diskussionspapier zu einer Reform des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages unterzieht Rechtsprofessor Marc Liesching (blog.beck.de) einer Kritik. Während es den Entwurfs-Verfassern gelungen sei, Grundsatzfragen sachgerecht zu behandeln, enthielten mehrere Regelungsvorschläge Inhalte, "deren Realitätsferne und offenbarte Unkenntnis über verantwortlichkeitsrechtliche Grundlagen Schreckenspotential birgt."
Hartz IV: SZ (Benjamin Romberg) und Welt (Matthias Kamann) berichten über den Auftritt Inge Hannemanns vor dem Petitionsausschuss des Bundestages. Die ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin warb dort für ihr Anliegen der Abschaffung sämtlicher Sanktionen gegen Hartz IV-Bezieher. Diese würden wegen ihrer existenzgefährdenden Wirkung die Menschenwürde der Betroffenen verletzen und so gut wie nie das angestrebte Ziel – die Rückführung in den Arbeitsmarkt – erreichen.
Werkverträge: Die SZ (Andreas Glas) berichtet über ein vom nordrhein-westfälischen Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) vorgestelltes Gutachten, dass Gesetzesänderungen zur Stärkung der Rechte von Leiharbeitern und Werkvertrags-Arbeitnehmern behandelt. So sollten Leiharbeiter nach spätestens neun Monaten einen Anspruch auf gleiche Bezahlung wie das Stammpersonal haben. Werkvertraglich Beschäftigte sollten sich auf eine Beweislastumkehr berufen können, nach der Arbeitgeber nachweisen müssten, dass ein verdeckter Arbeitsvertrag gerade nicht vorliege.
Sportschutzgesetz: In ihrem Sport-Teil berichtet die SZ (Thomas Kistner) über den vom bayerischen Justizminister Winfried Bausback (CSU) vorgelegten Entwurf eines Sportschutzgesetzes. Dessen Kern sei eine unbeschränkte Strafbarkeit jeglichen Besitzes von Dopingmitteln, darüber hinaus solle der Sport auch gegen Korruption und Spielmanipulationen geschützt werden. Die weitgehend autonome Sportgerichtsbarkeit solle dagegen beibehalten werden. Auch die FAZ (Anno Hecker/Michael Reinsch) schreibt über den Entwurf sowie die Arbeiten der Regierungskoalition zu einem auf das Verbot von Doping beschränkten Gesetz.
Geschäftsgeheimnis: Die EU-Kommission plant eine Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, schreibt das Handelsblatt (Melanie Rübartsch) und lässt Experten zum bislang vorliegenden Entwurf Stellung nehmen. So sei zu begrüßen, dass der Entwurf den Begriff des Geschäftsgeheimnisses definiere, zu kritisieren, dass daneben viele unbestimmte und erst noch auszulegende Rechtsbegriffe verwendet worden seien.
Justiz
EuGH – Hartz IV: Am heutigen Dienstag befasst sich der Europäische Gerichtshof in einer mündlichen Verhandlung mit der Rechtmäßigkeit der Verweigerung von Hartz IV-Leistungen an EU-Ausländer in Deutschland. In ihrem Bericht stellt die FAZ (Jan Hauser/Corinna Budras) die Schwierigkeiten der Kommunen dar, die Anzahl der möglicherweise leistungsberechtigten Ausländer zu erfassen.
BVerfG – ESM: In den Mittelpunkt eines Vorberichts zu dem am heutigen Dienstag verkündeten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm ESM stellt die SZ (Wolfgang Janisch) die seit längerem anhaltende Kritik politischer Entscheidungsträger an der Spruchpraxis des Gerichts vor. Diese sei im Detail zwar selten berechtigt, treffe aber ein Gericht, dass sich zunehmend weniger um die gesellschaftliche Akzeptanz seiner Entscheidungen bemühe und zudem in Sachen Grundrechtsschutz Konkurrenz von europäischen Spruchkörpern erfahre.
OLG München – NSU: FR-online.de (Timur Tinc) befragt Mehmet Gürcan Daimagüler, Nebenklagevertreter im Verfahren gegen Beate Zschäpe und andere vor dem Oberlandesgericht München. Der Anwalt spricht über die Beweggründe des von ihm mitverfassten offenem Briefs, institutionellen Rassismus, Themen für einen neuen NSU-Untersuchungsausschuss, notwendige Verbesserungen bei den Sicherheitsbehörden, Aufklärungslücken im jetzigen Verfahren und die Wahrnehmung des Prozesses bei den Opferfamilien.
LG München zu Uli Hoeneß: Die Staatsanwaltschaft München II hat den Verzicht auf eine Revision gegen das Urteil des Landgericht München II in der Steuerstrafsache Uli Hoeneß angekündigt. Nach Ansicht der Ermittlungsbehörde bestehe kein "offensichtliches Missverhältnis" zwischen Schwere der Tat und Höhe der Strafe, schreibt die SZ (Annette Ramelsberger). Auch sei eine höchstrichterliche Klärung der Anforderungen einer strafbefreienden Selbstanzeige nicht nötig, da "missglückte oder unvollständige" Anzeigen kein Massenphänomen seien. Die taz (Markus Völker) fasst dagegen Fragen zusammen, die nun wohl nicht mehr geklärt werden können. So bleibe etwa fraglich, ob ein mutmaßlich allein mit einem Pager ausgestatteter Laie komplexe Devisen-Geschäfte mit den bekannt gewordenen Gewinnen habe betreiben können.
Ein weiterer Beitrag der SZ (Annette Ramelsberger) im Medien-Teil des Blattes kritisiert die Berichterstattung zur Verurteilung des Managers.
In diesem Sinne plädiert auch Heribert Prantl (SZ) dafür, den Verurteilten "wieder in Frieden zu lassen." Dessen Strafe sei Freiheitsentzug, nicht jedoch "verschärfter Pranger", weshalb eine Berichterstattung "zur Befriedigung von Sensationsgeilheit" auch angesichts des nahenden Haftantritts des Managers nicht angebracht sei. Reinhard Müller (FAZ) kommentiert, dass das schnelle Ende des Verfahrens gegen Hoeneß durchaus ein wenig "orchestriert" wirke. "Einfache" Bürger, denen Steuerhinterziehung in weit geringerem Maße vorgeworfen werde, sähen sich deutlich längeren Verhandlungen ausgesetzt. "Doch jeder Fall ist anders."
Rechtsanwalt Karsten Randt behandelt in einem Gastbeitrag für die FAZ "Lehren aus dem Hoeneß-Verfahren." Dem Verurteilten sei das "sehr formaljuristische" Verständnis der Selbstanzeige zum Verhängnis geworden, wer sich demnach zu einer solchen Anzeige gedrängt sehe, sollte die nachzuzahlenden Steuern lieber zu hoch ansetzen.
VG Düsseldorf – Annette Schavan: Zeit.de (Anja Kühne) bringt einen umfassenden Vorbericht zu der am Donnerstag stattfindenden Verhandlung zur Aberkennung des Doktortitels der früheren Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.
Zinsgeschäfte: Das Handelsblatt (Elisabeth Atzler/Yasmin Osman) berichtet über die zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen nordrhein-westfälischer Kommunen gegen die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), Nachfolgeinstitution der WestLB, wegen Schäden durch umstrittene Finanzgeschäfte. Unter Berufung auf ein Schadensersatz gewährendes Urteil des Bundesgerichtshofs gegen die Deutsche Bank hätten die angerufenen Gerichte den Kommunen bislang fast immer recht gegeben, nun verklage die EEA ihrerseits eine Kommune wegen nicht gezahlter Zinsen.
Recht in der Welt
EGMR – Russland/Greenpeace: Die wochenlang in Russland inhaftierten Besatzungsmitglieder eines Greenpeace-Schiffes fordern wegen ihrer Festsetzung nun Schadensersatz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, meldet die taz.
Schweiz – Hoeneß-Effekt: Einen rechtsvergleichenden Blick auf die Steuerstrafsache Uli Hoeneß unternimmt die FAZ (Jürgen Dunsch). Die von überführten Steuersündern zu leistende Geldbuße betrage in der Schweiz das bis zu Dreifache des hinterzogenen Betrags. Dafür sei Steuerhinterziehung – im Gegensatz zu Steuerbetrug – keine Straftat und könne demnach auch nicht mit Freiheitsentzug bestraft werden. Die Zahl der Selbstanzeigen in der Eidgenossenschaft sei zudem im vergangenen Jahr um rund 70 Prozent gestiegen.
Bangladesh – Entschädigung: Fast ein Jahr nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesh beginnt das irische Modeunternehmen Primark mit der Auszahlung von 9 Millionen Dollar Entschädigung an Opfer und deren Hinterbliebene, meldet das Handelsblatt.
Sonstiges
Menschenrechtspreis: Vor dem Hintergrund drastischer Strafandrohungen für homosexuelle Handlungen und "Propaganda" in vielen afrikanischen Ländern stellen Welt (Julia Jaroschewski) und taz (Dominic Johnson) Alice Nkom, diesjährige Preisträgerin des von Amnesty International verliehenen Menschenrechtspreises vor. Die Kamerunerin sieht sich seit ihrem Einsatz für die Rechte von Homosexuellen Morddrohungen ausgesetzt.
Steuerliche Absetzbarkeit: Aufgrund von Änderungen des Einkommensteuergesetzes sind Aufwendungen für Scheidungsverfahren und Zivilprozesse nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar, schreibt die SZ (Berrit Gräber). Die Neuerungen seien umstritten und könnten Gegenstand von Musterverfahren werden.
Datenschutz: Am Anfang des Monats haben US-amerikanische Datenschützer bei der Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde Federal Trade Commission eine Beschwerde gegen den Kauf des Nachrichtendienstes WhatsApp durch den Internet-Riesen Facebook eingelegt. Die Rechtsanwälte Thomas Weimann und Daniel Nagel erklären für lto.de, warum die Beschwerde mit dem Ziel, den Verkaufsvollzug zu stoppen, auch für deutsche Nutzer wichtig ist.
Schadensausgleich: Seit zehn Jahren haben jugendliche Straftäter in Berlin unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, ihre Opfer durch die Ableistung von Arbeitsstunden zum Beispiel in gemeinnützigen Einrichtungen finanziell zu entschädigen. Die taz-Berlin (Baran Korkmaz) berichtet über Erfahrungen mit diesem Modell.
Das Letzte zum Schluss
Anweisung: Ein jüngst veröffentlichtes Video einer Berliner Polizeieinheit sorgte in der Hauptstadt für einige Aufregung. Unter anderem hatten sich die Beteiligten gegenseitig in Strapsen und beim simulierten Geschlechtsverkehr aufgenommen. Der Polizeipräsident sorgt jetzt dafür, dass derartige Versuche in Humor künftig unterbleiben: Wie die taz meldet, forderte er in einem internen Schreiben an alle 16.000 Beamte, sich "im Beruf und Privaten so zu verhalten, dass unser Handeln keinen Zweifel aufkommen lässt."
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 18. März 2014: Niederlage für Hedgefonds – Keine Revision zu Hoeneß – Menschenrechtspreis für Anwältin . In: Legal Tribune Online, 18.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11356/ (abgerufen am: 17.05.2024 )
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