Im Prozess um die NSU-Morde ist die Phase der Vorspiele vorbei. Jetzt werden die ersten Bilanzen gezogen. Außerdem in der Presseschau: das BVerwG zu Samenspende und Unterhalt, der BGH zum Framing fremder Videos, die Klage Boliviens gegen Chile und warum es so viele gefälschte Panini-Bildchen gibt.
NSU-Prozess: Am 4. Verhandlungstag lehnte es das OLG München ab, den Sprengstoffanschlag in der Kölner Keupstraße in ein separates Verfahren abzutrennen. Abgelehnt wurde außerdem der Wunsch, das gesamte Verfahren als Erinnerungsstütze für die Verfahrensbeteiligten aufzuzeichnen oder ein Wortprotokoll zu führen. Es berichten u.a. die FAZ (Katrin Truscheit) und zeit.de (Tom Sundermann).
Die ersten vier Verhandlungstage bilanzieren die SZ (Annette Ramelsberger), die taz (Wolf Schmidt) und spiegel.de (Gisela Friedrichsen). Tenor: langsam sind die Hackordnungen geklärt und der Prozess geht richtig los. Ob Zschäpes Verteidiger-Team schon entmutigt ist, fragt sich die Welt (Hannelore Crolly/Per Hinrichs). Am 4. Juni wird der Prozess mit Aussagen einiger Angeklagter fortgesetzt.
Der Anwalt Volker Römermann nimmt in einem FAZ-Gastbeitrag den NSU-Prozess zum Anlass, die Stellung von Verteidigern als Organen der Rechtspflege zu skizzieren.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Verkehrsverstöße: Der Bundestag hat am Donnerstag die Umstellung des Flensburger Punktesystems für Verkehrsverstöße beschlossen. spiegel.de beschreibt die wichtigsten Änderungen.
Doping: In einem Gastbeitrag für die FAZ kritisiert der Kriminologe Arthur Kreuzer die Forderungen zur Bestrafung von Doping. Ein "Krieg gegen das Doping" sei scheinheilig und werde genauso erfolglos enden wie der "Krieg gegen die Drogen".
Insolvenzrecht: Am Donnerstag beschloss der Bundestag eine neue Möglichkeit der Privatinsolvenz, bei der schon nach drei Jahren Restschuldbefreiung eintritt, wenn 35 Prozent der Schulden zurückbezahlt werden. Aus diesem Anlass beschreibt die FAZ (diverse Korrespondenten) wie Privatinsolvenzen in Großbritannien, Spanien, Frankreich und den USA geregelt sind.
Weitere Themen – Justiz
BSG zu Pflege-TÜV: Das Bundessozialgericht hat Klagen gegen den 2009 eingeführten Pflege-TÜV zurückgewiesen. Ein Pflegeheim hatte die Prüfung und die Veröffentlichung der Ergebnisse als unzulässigen Eingriff in seine Berufsfreiheit kritisiert, weil viele geprüfte Kriterien nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgingen, berichtet die FAZ (Corinna Budras).
BVerwG zu Samenspende und Unterhalt: Das Bundesverwaltungsgericht hat laut spiegel.de entschieden, dass eine Frau, die mit Hilfe einer anonymen Samenspende Mutter wird, keinen staatlichen Unterhaltsvorschuss verlangen kann. Schließlich habe sie selbst die Kenntnis von der Person des Vaters und damit den Rückgriff beim eigentlichen Unterhaltsschuldner vereitelt.
BGH zu Framing: Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob fremde Videos ohne Zustimmung des Urhebers in die eigene Webseite eingebaut werden können, dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt, berichtet taz.de (Christian Rath). In einem separaten Kommentar spricht sich Rath (taz) gegen ein Zustimmungserfordernis aus. Die Rechte des Urhebers könnten auch dadurch gesichert werden, dass er ein Framing seiner Videos technisch verhindern kann. netzpolitik.de (Leonhard Dobusch) hat Reaktionen auf den BGH-Beschluss zusammengetragen.
LG Stade – Tötung auf Verlangen?: Ein 78-jähriger Rentner hatte seine Frau erschossen – angeblich auf deren Wunsch hin. Ein erstes Strafurteil wegen Tötung auf Verlangen hatte der BGH aufgehoben. Ob ein ernsthafter Todeswunsch vorliege, dürfe nicht nur anhand von Aussagen des Täters geprüft werden. Jetzt, so spiegel.de (Julia Jüttner) müsse das Landgericht Stade entscheiden, ob der Mann wegen Mordes oder wegen Tötung auf Verlangen verurteilt wird.
BVerfG zu Parabolantennen: Der Doktorand Cengiz Barskanmaz bespricht im verfassungsblog einen aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Frage, wann Hauseigentümer Parabolantennen der Mieter dulden müssen. Bei einer turkmenischen Familie genüge der Hinweis auf türkische Sender im Kabel-Fernsehen in der Regel nicht. Das BVerfG habe hier eine "Lektion in doing diversity" erteilt, meint Barskanmaz.
BVerfG – ThUG: spiegel.de (Julia Jüttner) schildert den Fall eines heute 33-Jährigen, der als 19-Jähriger eine Joggerin ermordet hat. Er sei heute nach dem Therapie-Unterbringungsgesetz (für Ex-Sicherungsverwahrte) interniert. Sein Anwalt bestreite jedoch das Vorliegen einer psychischen Störung und habe Verfassungsbeschwerde eingelegt.
50 Jahre "van Gend en Loos": Die FAZ (Alexandra Kemmerer) berichtet von einer Feier des Europäischen Gerichtshofs anlässlich seines Urteils "van Gend en Loos", mit dem 1963 die Gemeinschaftsordnung als eigene Rechtsordnung konstituiert wurde. Wie damals werde auch heute noch ein "Europa der Juristen" beschworen.
Weitere Themen – Recht in der Welt
IstGH – Israel: Der Internationale Strafgerichtshof hat eine Untersuchung begonnen, ob gegen Israel ein Verfahren eingeleitet wird. Anlass sei, so die taz, der israelische Angriff auf ein Schiff mit Hilfsgütern für Palästinenser im Jahr Ende 2010, bei dem 9 Menschen starben.
IGH – Bolivien – Chile: Bolivien hat Chile beim Internationalen Gerichtshof verklagt, um das Nachbarland zu Verhandlungen über einen bolivarischen Zugang zum Meer zu bewegen. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Sebastian Tho Pesch beleuchtet auf dem Juwiss-Blog den Hintergrund des Rechtsstreits. Er hält die Erfolgsaussichten Boliviens für gering.
Sonstiges
Völkerrecht: Nun stellt auch die FAZ (Katja Gelinsky) den neuen Ansatz der Völkerrechtlerin Anne Peters vor, wonach auch einzelne Menschen Subjekte im Völkerrecht sein können.
Das Letzte zum Schluss
Gefälschte Sammelbildchen: In Italien ist der bisher größte Versuch bekannt geworden, Pannini-Fußballer-Klebebilder zu fälschen. Die italienische Polizei hat 5,7 Mio. Bildchen im Wert von 2,7 Mio. Euro sichergestellt. Ein ehemaliger Panini-Mitarbeiter hatte zur Anfertigung der Plagiate extra eine Druckerei eingerichtet, berichtet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. Mai 2013: NSU-Prozess wird ernst – Kein Vorschuss bei Samenspende – Bolivien will ans Meer . In: Legal Tribune Online, 17.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8753/ (abgerufen am: 02.05.2024 )
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