EU der 25: Gegen Spanien und Italien haben die übrigen Mitgliedstaaten das EU-Patent durchgesetzt und nun vom EuGH Rückendeckung erhalten. Außerdem in der Presseschau: Schärfere Regeln für Banken, Moralfragen im Kirch-Fall, Prozess um Brustimplantate, russischer Blogger vor Gericht, Patente auf Erbanlagen und was man so auf dem Flohmarkt findet – oder auch nicht.
EuGH zu EU-Patent: Der Europäische Gerichtshof hat, wie erwartet, die Klagen Spaniens und Italiens gegen das EU-Patent abgewiesen. Beide Länder hatten darauf bestanden, das EU-Patent neben Englisch, Französisch und Deutsch auch in ihre Landessprachen zu übersetzen, was die Verhandlungen fast 13 Jahre lang blockierte. Die übrigen Mitgliedstaaten brachten das Vorhaben schließlich gegen den Willen Spaniens und Italiens im Wege der "verstärkten Zusammenarbeit" auf den Weg. Über diesen Schritt denkt Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) nach. Tatsächlich gebe es aufgrund zahlreicher Sonderregelungen bereits ein "Europa der multiplen Geschwindigkeiten, der variablen Geometrien". Nun sei zu befürchten, dass die "verstärkte Zusammenarbeit" künftig immer dann "aus dem Hut gezogen" werde, wenn eine Minderheit Schwierigkeiten mache.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Banker-Boni: Das Europäische Parlament hat am Dienstag ein Gesetzespaket zur Bankenregulierung verabschiedet. Dazu gehört, dass Manager nicht mehr als die Hälfte ihres fixen Jahresgehaltes als Boni erhalten dürfen. Außerdem müssen die Banken höhere Reserven bilden und offen legen, in welchen Ländern sie Steuern zahlen. Die SZ (Javier Cáceres) berichtet.
BGB-Reform: Der Rechtsausschuss des Bundestages hört heute Sachverständige zu einer Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches an, mit der die Verbraucherrechterichtlinie der Europäischen Union umgesetzt werden soll. Die geplanten Änderungen, die vor allem das Kaufrecht betreffen, beschreibt die FAZ (Joachim Jahn).
Visum für Türken: Der Innenausschuss des Bundestages hat am Montag über zwei Anträge der Opposition zum Assoziationsabkommen mit der Türkei diskutiert. lto.de (Claudia Kornmeier) führt ein Interview mit dem Rechtswissenschaftler Daniel Thym, der als Sachverständiger geladen war. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob türkische Staatsbürger für Besuche in Deutschland ein Visum brauchen. Derzeit muss der Europäische Gerichtshof klären, ob die Visumspflicht gegen das Zusatzprotokoll des Assoziationsabkommens verstößt, wonach die Dienstleistungsfreiheit nicht weiter beschränkt werden darf.
Frauenquote: Die taz (Marco Carini) spricht mit der Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) über die Frauen-Quote. Schiedek hatte über den Bundesrat einen Gesetzentwurf für eine feste Frauenquote in Aufsichtsräten initiiert, wird sich damit aber voraussichtlich bei der Abstimmung im Bundestag am Donnerstag nicht durchsetzen können.
Weitere Themen - Justiz
NSU-Prozess – Nach der Verschiebung: Nachdem das Oberlandesgericht München den Beginn des NSU-Prozesses verschoben hat, hat die bayerische Justizministerin Beate Merk eine Entschädigung für die Angehörigen der Opfer angekündigt. Das berichtet unter anderem die FR (Markus Decker). Vertreter der betroffenen Familien hatten die Verschiebung scharf kritisiert, viele Angehörige hätten sich bereits auf den Prozessbeginn vorbereitet und etwa Fahrkarten gekauft oder Hotelzimmer gebucht. Die SZ (Christian Rost) gibt auf der München-Seite die Stimmung am Gericht wieder: Die meisten Juristen würden dem Vorsitzenden Richter Götzl den Rücken stärken und sich über die Kritik von Medien und Politik ärgern.
NSU-Prozess – Manfred Götzl: Die FR (Stefan Geiger) porträtiert Manfred Götzl, den Vorsitzenden Richter im NSU-Verfahren am Münchner Oberlandesgericht, als fähigen und strengen, aber nicht bösartigen Richter, desen Urteile "fast ausnahmslos" Bestand hätten.
VGH Baden-Württemberg zu Wetter-Wetten: Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg, wonach Wetten auf das Wetter kein erlaubnispflichtiges Glücksspiel darstellen, analysiert der Rechtsanwalt Markus Ruttig auf lto.de.
OLG München zum Kirch-Prozess: Das Urteil des Oberlandesgerichts München im Kirch-Prozess werfe "Fragen der Wirtschaftsmoral" auf, schreibt der Rechtswissenschaftler Bernd Rüthers auf der "Recht und Steuern"-Seite der FAZ. Das Gericht hatte die Deutsche Bank im Dezember vorigen Jahres zu Schadensersatz verurteilt, weil der ehemalige Bankchef Rolf-Ernst Breuer für die Pleite des mittlerweile verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch mitverantwortlich gewesen sei. Rüthers zitiert umfasssend aus den Entscheidungsgründen, die Richter werfen Breuer darin unwahre Erklärungen vor und werten auch zahlreiche Zeugenaussagen damaliger Bankmanager als unglaubhaft und abgesprochen. Das zeige eine bedenkliche Unternehmenskultur.
OLG Düsseldorf – Islamische Bewegung Usbekistan: Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hat am Dienstag der Prozess gegen einen mutmaßlichen Terroristen der "Islamischen Bewegung Usbekistan" begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft Achmed K. Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor. Er soll in Deutschland Geld beschafft und Kämpfer rekrutiert haben, berichtet welt.de. Die Verteidigung griff zum Prozessauftakt die Besetzung des Gerichts an.
LG Braunschweig – Anleger vs. Porsche: Mit den Prozessen um die Übernahmeschlacht zwischen den Autobauern Porsche und VW aus dem Jahr 2005 befasst sich Die Welt (Nikolaus Doll). Heute werden vor dem Landgericht Braunschweig drei Klagen von Anlegern gegen die Porsche Holding verhandelt. Sie fordern Schadensersatz in Höhe von insgesamt vier Milliarden Euro wegen Marktmanipulation.
LG Bremen – Polizeigewalt: Das Landgericht Bremen hat ein Verfahren gegen eine Demonstrantin eingestellt, die in der Vorinstanz zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, weil sie Polizeibeamten fälschlicherweise einen Schlagstockeinsatz vorgeworfen haben soll. Die Frau war 2008 bei einer Demonstration von Beamten erheblich verletzt worden und hatte Anzeige erstattet – daraufhin wurde ihr Falschbeschuldigung vorgeworfen. Die taz-bremen (Simone Schnase) berichtet über den Fall.
Neue Steuerdaten-CD: Auch Rheinland-Pfalz hat nun eine CD mit Steuer-Daten gekauft und bundesweite Razzien ausgelöst. Es handele sich um etwa 40.000 Datensätze von Schweizer Banken. Die SZ (Klaus Ott) und spiegel.de (Matthias Bartsch) berichten. Manfred Schäfers (FAZ) kommentiert, Steuerbetrüger verdienten zwar kein Mitleid, aber auf der Jagd nach ihnen kriminelle Datendiebe zu belohnen, stünde dem Rechtsstaat "nicht gut zu Gesicht".
Weitere Themen – Recht in der Welt
EU will Ungarn anklagen: Nach Informationen der FAZ (Nikolas Busse) will die Europäische Kommission drei neue Vertragsverletzungen gegen Ungarn einleiten, falls die Regierung Orbáns die Verfassungsänderungen nicht überarbeitet . Dabei gehe es um Fragen der Verteilung von Gerichtsverfahren, der Wahlwerbung und um eine Regelung, wonach Geldstrafen, die dem Land etwa vom Europäischen Gerichtshof auferlegt werden, als Sonderabgabe an die Bürger weitergereicht werden.
Großbritannien – Arbeitsgericht zu Bankerin: Wie die taz (Ralf Sotscheck) berichtet, hat ein britisches Arbeitsgericht einer Investmentbankerin Schadensersatz zugesprochen, weil ihr zu unrecht gekündigt worden war. Die Londoner Commerzbank hatte erfahren, dass die Bankerin ihren vorigen Arbeitgeber, die Deutsche Bank, wegen Geschlechterdiskriminierung verklagt hatte – dies hätte die Frau jedoch nicht von sich aus im Bewerbungsgespräch angeben müssen, so das Gericht.
Frankreich – Prozess um Brustimplantate: In Marseille beginnt heute der Strafprozess um fehlerhafte Brustimplantate der Firma PIP. Dem Firmengründer Jean-Claude Mas und vier Mitarbeitern werden schwere Täuschung und Betrug vorgeworfen. Zugleich laufen zwei Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und betrügerischen Bankrotts, so die SZ (Stefan Ulrich). Auch spiegel.de (Annika Joeres) berichtet und stellt Mas als einen Angeklagten vor, der sich bisher "skrupellos und ohne Reue" zeige.
Russland – Prozess gegen Blogger: Der Blogger Alexei Nawalny muss sich ab heute vor einem Moskauer Gericht verantworten. Dem Regierungskritiker, der sich insbesondere gegen Korruption einsetzte, werden Unterschlagung und Anführung einer kriminellen Bande vorgeworfen. Er habe ein Staatsunternehmen genötigt, zu ungünstigen Konditionen Holz zu verkaufen. Nawalny bestreitet die Vorwürfe, der Prozess gilt als politisch motiviert. Vorberichte dazu finden sich in der taz (Klaus-Helge Donath), der SZ (Frank Nienhuysen) und auf spiegel.de (Benjamin Bidder). Die Welt druckt einen Brief Nawalnys ab, der schreibt, er habe gewusst warauf er sich einlässt und sich auf eine Haftstrafe eingestellt.
USA – Patente auf Erbanlagen: Der US Supreme Court hat sich am Montag mit der Frage befasst, ob die Firma Myriad ein Patent auf eine bestimmte DNA-Sequenz geltend machen kann, anhand derer sich ein Krebsrisiko erkennen lässt. Wie die SZ (Katrin Blawat) berichtet, zeigten sich die Richter skeptisch, ob in der Isolation des Gens eine Erfindung liege.
Sicherheitspolitik: Das Handelsblatt (mm/gbr/jcb) gibt einen knappen Überblick über die unterschiedliche Entwicklung der Sicherheitspolitik in den USA, Großbritannien und Deutschland nach den Anschlägen vom 11. September 2001. In den USA und Großbritannien hätten Ermittler sehr viel weitere Befugnisse als in der Bundesrepublik, die Einführung der Antiterrordatei sei allerdings ein "Meilenstein".
Türkei – Demokratisierung: Karen Krüger beschäftigt sich im Feuilleton der FAZ mit der "schwierigen Demokratisierung" der türkischen Justiz, wie sie auf dem "Türkei Forum" der Heinrich-Böll-Stiftung in Istanbul diskutiert wurden. Das sei "alles andere als ermutigend", die Zivilgesellschaft befinde sich "im Embryostatus", bei Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte belege die Türkei einen Spitzenplatz. Trotz einer in der vorigen Woche beschlossenen Reform sei insbesondere das Antiterrorgesetz "noch immer ideal, um Gegner mundtot zu machen".
Sonstiges
Buchbesprechung – Justizirrtümer: Christian Rath (taz) bespricht das Buch des Spiegel-Journalisten Thomas Darnstädt "Der Richter und sein Opfer. Wenn die Justiz sich irrt". Rath hält das Bild einer Justiz "im Blindflug" für zu negativ, begrüßt aber einige Reformvorschläge Darnstädts, etwa zur breiteren Ausbildung von Strafrichtern.
Das Letzte zum Schluss
Polizei – Osterei: Bei einer Routinekontrolle von Autofahrern hat die französische Polizei einen ungewöhnlichen Fund gemacht: Ein goldenes Ei, rund ein Kilo schwer und mit Edelsteinen besetzt. Die Fahrer erklärten, sie hätten das Stück auf dem Flohmarkt entdeckt – tatsächlich wurde es wohl aus einer kuwaitischen Firma in Genf gestohlen und soll eine Million Euro wert sein, so spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. April 2013: Multiple Geschwindigkeiten in Europa – Gedeckelte Banker-Boni – Nawalny rechnet mit Haft . In: Legal Tribune Online, 17.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8541/ (abgerufen am: 17.05.2024 )
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