Ein Somali gewinnt beim VG Osnabrück gegen das Bundesamt für Flüchtlinge. Außerdem in der Presseschau: Staatsanwalt wird wegen Ermittlungen zum Pegida-Galgen bedroht und US-Anwalt gründete ein Museum für Schadensersatzrecht.
Thema des Tages
VG Osnabrück zu langsamem Asylverfahren: Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat im Fall eines somalischen Asylsuchenden das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verpflichtet, binnen drei Monaten den Asylantrag zu bescheiden. Der Antrag war bereits vor 16 Monaten gestellt worden, berichten spiegel.de und SZ (Peter Burghardt).
Rechtspolitik
Vorratsdatenspeicherung: Der Rechtsausschuss des Bundestags hat dem Gesetzentwurf der Koalition noch eine Evaluierungsklausel angefügt. Über die Ausschusssitzung berichtet heise.de (Axel Kannenberg). Am Freitag soll der Bundestag über den Gesetzentwurf abstimmen. Sascha Lobo (spiegel.de) hält die Vorratsdatenspeicherung verglichen mit der Geheimdienstüberwachung für einen "flachen Witz", problematisch sei vor allem das Überschreiten der roten Linie, "Daten auf Vorrat von völlig Unverdächtigen zu speichern."
Transitzonen: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Walther Michl analysiert auf verfassungsblog.de, wie schwierig die in Deutschland diskutierten Transitzonen für schnelle Grenz-Asylverfahren in das bisherige Dublin-System einzupassen sind.
Wiederaufnahme: Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast lehnt es im Editorial des Strafverteidigers ab, die Wiederaufnahme von Strafverfahren zuungunsten von Freigesprochenen zuzulassen, wenn neue Beweismittel für die Täterschaft auftauchen. "Ein Freispruch würde praktisch wertlos." Dagegen sei die Rechtssicherheit von zentraler Bedeutung für die Rechtsstaatlichkeit.
Parteifinanzierung: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Sebastian Roßner plädiert auf lto.de für eine Reform der Parteienfinanzierung, bei der die Höhe staatlicher Zuschüsse nicht mehr an die Umsätze von Parteien, sondern an die Gewinne von deren wirtschaftlicher Tätigkeit gekoppelt sind. Umsätze könnten die Parteien künstlich in die Höhe schrauben, wie die AfD mit ihrem Goldhandel und "die Partei" mit ihrem Geldverkauf gezeigt haben.
Eingetragene Partnerschaften: An diesem Donnerstag soll im Bundestag das "Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner" beschlossen werden, kündigt die SZ (Robert Roßmann) an. Dort werden eingetragene Homo-Partnerschaften in zahlreichen Details mit der Ehe gleichgestellt. Es fehlt aber die völlige Gleichstellung bei Adoptionen und die Öffnung der Ehe.
Justiz
LG Freiburg zu totem Kind Alessio: Das Landgericht Freiburg verurteilte den Stiefvater des getöteten dreijährigen Alessio wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu sechs Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe. Der ursprünglich angeklagte Totschlag konnte im Prozess nicht nachgewiesen werden. Die Berichte von spiegel.de (Jan Friedmann/Julia Jüttner), SZ (Josef Kelnberger) und FAZ (Rüdiger Soldt) schildern auch die schwierigen familiären Hintergründe.
LG Nürnberg-Fürth zu Autoschützen: Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte einen Rechtsanwalt, der mit einer Jagdwaffe von seiner Wohnung aus ziellos auf vorbeifahrende Autos geschossen hatte, wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Freiheitsstrafe, so spiegel.de.
ArbG Mönchengladbach zu Kündigung wegen Arbeitsverweigerung: Das Arbeitsgericht Möchengladbach hat die fristlose Kündigung eines Kaffeeausfahrers beanstandet, der sich weigerte ein Firmenfahrzeug mit einer reißerisch-lasziven Werbung ("Puffauto") zu benutzen. Die zugleich erfolgte ordentliche Kündigung sei aber rechtmäßig gewesen, so laut spiegel.de und FAZ (Reiner Burger) das Gericht.
EuGH - Umweltklagen: Am heutigen Donnerstag wird der Europäische Gerichtshof über ein Vertragsverletzungsverfahren entscheiden, das die EU-Kommission gegen Deutschland eingeleitet hat. Es geht um die Frage, ob Umweltklagen durch Präklusionsvorschriften unzulässig eingeschränkt werden. Im Konflikt stehen die Verfahrensautonomie der Mitgliedsstaaten und der effektive Zugang zu Gerichtsverfahren, wie er etwa in der EU-UVP-Richtlinie garantiert ist, analysiert die wissenschaftliche Mitarbeiterin Sarah Schadendorf auf juwiss.de.
EuG - Kletteranlagen: Die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet anlässlich der mündlichen Verhandlung des Europäischen Gerichts Erster Instanz über einen Beihilfe-Fall aus Deutschland. Zu klären ist, ob Kommunen Kletteranlagen des Deutschen Alpenvereins finanziell unterstützen dürfen oder ob dies unzulässige Beihilfen sind, die kommerziellen Betreibern von Kletteranlagen schaden.
StA Köln - Commerzbank: Die Kölner Staatsanwaltschaft wird ein Ermittlungsverfahren gegen die Commerzbank wegen Beihilfe zur Steuerhinterzeihung demnächst gegen Zahlung einer Geldbuße von 17 Millionen Euro einstellen, weiß die SZ (Hans Leyendecker/Klaus Ott). Es ging ging um so genannte Luxemburg-Panama-Fälle. Die Einstellung sei eine Folge der Überlastung der Staatsanwaltschaft.
OLG München - NSU: Die Verteidiger von Ralf Wohlleben haben einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestellt. Der Senat wolle das Verfahren um jeden Preis durchziehen, obwohl die Mitangeklagte Beate Zschäpe derzeit nicht ordnungsgemäß verteidigt sei, referiert spiegel.de (Gisela Friedrichsen). Die SZ (Annette Ramelsberger) schildert, wie ein Zeuge aus dem ehemaligen Thüringer Heimatschutz von der Nebenklage im Gerichtssaal als mutmaßlicher MAD-V-Mann enttarnt wurde.
LG Dortmund - zu Tode geschütteltes Kind: Am Landgericht Dortmund ist eine Mutter angeklagt, weil sie ihr sieben Monate altes Baby zu Tode geschüttelt haben soll. Die Zeit (Tanja Steltner) berichtet im Dossier ausführlich über den Prozess und diverse Gutachten. Die Autorin hält Staatsanwaltschaft und Gericht für voreingenommen, zu Lasten der Mutter.
LG Stuttgart - Wiedeking: Am Donnerstag kommender Woche beginnt am Landgericht Stuttgart ein Strafprozess gegen den ehemaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und den Ex-Porsche-Finanzchef Holger Härter. Sie sind angeklagt, 2008 im Zuge der Übernahmeschlacht um VW die Märkte manipuliert zu haben. Die Zeit (Rüdiger Jungbluth) bringt einen ausführlichen Vorbericht.
StA Braunschweig - VW: Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) hat im Landtag erklärt, es sei "in höchstem Maße bedauerlich" gewesen, dass die Braunschweiger Staatsanwaltschaft Ende September in einer Pressemitteilung fälschlicherweise verbreitet hat, gegen Ex-VW-Chef Winterkorn sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie habe in diesem Verfahren aber nie eine Weisung erteilt, meldet die FAZ (Reinhard Bingener).
Anwalt Markus Pfüller: Die FAZ (Joachim Jahn) portraitiert den Rechtsanwalt Markus Pfüller, der VW gegen Aktionärsklagen wegen verspäteter Mitteilung der Abgas-Manipulationsvorwürfe schützen soll.
StA Dresden - Morddrohungen: Der Dresdner Staatsanwalt, der wegen einer Galgenattrappe bei einer Pegida-Demonstration ermittelt, hat Morddrohungen per E-Mail erhalten, berichtet spiegel.de. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen ein Verfahren gegen unbekannt wegen "Bedrohung" eingeleitet.
Recht in der Welt
USA - Museum für Schadensersatz: Die SZ (Peter Richter) hat ein Interview mit dem US-Verbraucherschutzanwalt Ralph Nader geführt, der in den USA ein Museum für Schadensersatzrecht gegründet hat. "Es soll das amerikanische Volk informieren und aufklären."
USA - Schadensersatz für Waffenverkauf: Ein Geschworenengericht in Wisconsin hat ein Waffengeschäft zur Zahlung von Schadensersatz in Millionenhöhe an zwei Polizeibeamte verurteilt. Das Geschäft hatte dem Strohmann eines Minderjährigen eine Waffe verkauft, der kurze Zeit später mit der Waffe die beiden Polizisten attackierte. Die Klage hatte Erfolg, so die FAZ (Christiane Heil), weil das Geschäft schon rund 500 Mal Waffen verkauft hatte, die später zu Straftaten eingesetzt wurden.
Frankreich - Intersexualität: Ein Gericht in Tours hat einem Franzosen, der seit mehr als 60 Jahren als Mann bezeichnet wird, erlaubt, sein Geschlecht in "neutral" zu ändern, berichtet die FAZ. Der Franzose sei nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen.
Sonstiges
Sicherheitsoftware und Kaufrecht: Der Informatiker Sandro Gaycken weist in einem Gastbeitrag für die SZ auf die mangelhafte Qualität von Sicherheits-Software für Unternehmen hin. Faktisch seien die Nutzer kaum geschützt. Gaycken empfiehlt, Gewährleistungsansprüche gegen die Verkäufer geltend zu machen. Bisher sei dies unüblich, weil die Unternehmen dann zugeben müssten, auf "schöne Versprechen" hereingefallen zu sein.
Das Letzte zum Schluss
Streit unter Tierpflegerinnen: Der Westminister Magistrates Court sprach einer Tierpflegerin Schadensersatz zu, weil sie von einer anderen Tierpflegerin aus Eifersucht verletzt wurde. Konkret hatte die Erdmännchenpflegerin der Affenpflegerin mit einem Glas ins Gesicht geschlagen. Beide hatten eine Beziehung zum Lamapfleger, berichtet spiegel.de.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 15. Oktober 2015: Asylverfahren zu langsam - Morddrohungen für Staatsanwalt - Museum für Schadensersatz . In: Legal Tribune Online, 15.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17209/ (abgerufen am: 17.05.2024 )
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