Kein Geld für Kundus-Opfer: Die Bundesrepublik Deutschland muss den Angehörigen des Bombardements von Kundus keinen Schadensersatz zahlen, entschied am Mittwoch das LG Bonn. Außerdem in der Presseschau: Redezeiten im Bundestag, das Staatsangehörigkeitsrecht im Koalitionsvertrag, eine Entscheidung zulasten von Leiharbeitern, und warum ein Kofferdieb im Gefängnis landet.
Tagesthema
LG Bonn – Kundus: Das Landgericht Bonn hat in erster Instanz eine Amtshaftungsklage von zwei Hinterbliebenen des Bombardements von Kundus abgelehnt, berichtet die taz (Christian Rath). Der damalige Bundeswehroberst Georg Klein, der den tödlichen Befehl zum Angriff gegeben hatte, habe seine Pflichten nicht schuldhaft verletzt. Hintergrund der Klage war das Bombardement zweier von den Taliban entführter Tanklaster im September 2006 gewesen, bei dem neben Aufständischen auch Dutzende umstehender Menschen starben. Es berichten ebenfalls die FAZ (Günther Nonnenmacher), spiegel.de (Lisa Erdmann) und ausführlich lto.de (Claudia Kornmeier).
Joachim Käppner (SZ) kommentiert, das Urteil spiegele die grausame Logik des Krieges wieder. Die Soldaten hätten jetzt Rechtssicherheit, zurück bleibe aber ein "bitteres Gefühl".
Rechtspolitik
Mord-Paragraph: In einem Gastbeitrag für Die Zeit bezeichnet der Vorsitzende Richter am BGH Thomas Fischer den Mordparagraphen als Erfindung der Nazis und plädiert für eine "längst überfällige" Rechtsreform. Die typenorientierten Mordmerkmale und zumindest die zwingend lebenslange Freiheitsstrafe müssten abgeschafft werden, so seine Forderung.
Redezeiten im Bundestag: Nach einem Bericht der SZ (Stefan Braun) hat die Unionsfraktion die Pläne für künftige Redezeiten im Bundestag gegen die Kritik von den Grünen verteidigt. SPD und Union hatten angeboten, den Anteil der Opposition durch zusätzliche Minuten auf 25 bis maximal 32 Prozent anzuheben. In einem gesonderten Kommentar kritisiert Stefan Braun (SZ) das Angebot als "mutlos" - die geplante große Koalition verhalte sich derzeit rechtlich korrekt, handele aber politisch unvernünftig.
Koalitionsvertrag - Staatsangehörigkeitsrecht: Wie die FAZ (Reinhard Müller) berichtet, wollen Union und SPD die Bindung an Deutschland aufweichen. Für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder entfalle nach dem Willen der geplanten großen Koalition der Optionszwang, im Übrigen bleibe es aber beim geltenden Staatsangehörigkeitsrecht.
SPD-Mitgliederentscheid: Mit den verfassungsrechtlichen Folgen einer Ablehnung des Koalitionsvertrages durch die SPD-Mitglieder befasst sich die FAZ (Günter Bannas, ähnlich auf faz.de). Sollte die SPD den Koalitionsvertrag ablehnen, könnte Joachim Gauck zum Handeln gezwungen sein – dies sei ein Präzedenzfall für den Bundespräsidenten, der bislang zurückhaltend agiert habe.
EU – Arbeitnehmerfreizügigkeit: Ab dem 1. Januar dürfen die Bürger aus den EU-Staaten Rumänien und Bulgarien ohne Hindernisse auf den deutschen Arbeitsmarkt kommen, berichtet die Badische Zeitung (Christian Rath). Bislang galten für die beiden EU-Staaten Übergangsregeln. Die umstrittene Frage von Hartz-IV Ansprüchen für arbeitssuchende EU-Bürger werde von den Änderungen zum Jahreswechsel nicht berührt.
NSU-Untersuchungsausschuss: Wie die SZ (Hans Leyendecker/Tanjev Schultz) meldet, kommt es möglicherweise zu einer Sondersitzung des NSU-Untersuchungsausschusses. Linke, Grüne und die in Thüringen mitregierende SPD forderten die neuerliche Vorladung des Präsidenten des Landeskriminalamtes, Werner Jakstat, der bereits am 5. Dezember als Zeuge ausgesagt habe. Auch andere Polizeibeamte und ein Zeuge aus der rechten Szene sollten geladen werden.
Überwachung: Nach einem Bericht der taz (Christian Rath) beendet der Vize-Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum seine Amtszeit mit einem Paukenschlag. Er habe am Mittwoch eine gesetzliche Regelung für
Onlinedurchsuchungen und die Überwachung von E-Mails bei der Strafverfolgung durch die Bundesanwaltschaft gefordert. Bei der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung beschränke sich der Trojaner auf die Überwachung von E-Mail-Verkehr und Internettelefonaten.
Justiz
BAG zur Dauer-Leiharbeit:
Der Rechtsanwalt Markus Kappenhagen bespricht auf lto.de ein am Dienstag ergangenes Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur dauerhaften Überlassung von Leiharbeitern. Das Gericht habe in der "überraschenden" Entscheidung offen gelassen, wie lange Firmen Zeitarbeiter beschäftigen dürfen, ohne ihnen eine Festanstellung zu geben. Die Entscheidung bespricht ebenfalls das Handelsblatt (Ulrike Schweibert) und die Zeit (Kolja Rudzio)
Porno-Abmahnungen: Im Fall der Abmahnungen für das Betrachten von Videostreams der Porno-Webseite redtube.com werden nun die abmahnenden Anwälte selbst verklagt. Nach einem Bericht der Welt (Benedikt Fuest) hat eine Berliner Kanzlei Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz bei der Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Berliner Rechtsanwalt Daniel Sebastian erstattet. Außerdem wolle die Kanzlei auch den zuständigen Datenschutzbeauftragten auf den Fall hinweisen.
Ermittlungen der Bundesanwaltschaft: Wie die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet, ermittelt die Bundesanwaltschaft neben den Verfahren zum Umfeld des NSU derzeit gegen vier weitere Neonazi-Gruppierungen wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Generalbundesanwalt Harald Range zufolge gebe es aber keine Belege für konkrete Anschlagspläne.
NSU-Prozess – Vernehmung von Urlaubsbekanntschaft: Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München wurden weitere Urlaubsbekanntschaften als Zeugen vernommen, berichtet spiegel.de (Gisela Friedrichsen). Das Trio habe sich als harmlose Touristen ausgegeben und damit die freundliche Fassade aufrechterhalten.
BGH zu Stromabstellen: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs dürfen Energiekonzerne säumigen Kunden auch künftig den Strom abklemmen, meldet die FAZ (Corinna Budras/Andreas Mihm). Die Richter wiesen die Klage eines RWE-Kunden ab, der aus Protest gegen Preiserhöhungen 2008 seine Jahresabrechnung in Höhe von 1.311,98 Euro nicht beglichen hatte.
Weitere Themen – Recht in der Welt
EuGH zum Asylverfahren: Der JUWISS-Blog (Christoph Tometten) stellt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von Mitte November zum sogenannten Anspruch auf Selbsteintritt vor und erörtert die Frage, welche Konsequenzen das Urteil auf das europäische Asylsystem haben wird.
Indien – Verbot von Homosexualität: Indiens Oberstes Gericht hat ein umstrittenes Gesetz wieder in Kraft gesetzt, das Homosexualität unter Strafe stellt. Die Entscheidung besprechen die SZ (Tobias Matern) und der Verfassungsblog (Max Steinbeis).
London - BayernLB vs. Ecclestone: Die Bayerische Landesbank will in Kürze Formel-1-Chef Bernie Ecclestone vor dem Londoner High Court auf bis zum 400 Millionen Euro an Schadensersatz verklagen, meldet das Handelsblatt (Elisabeth Atzler/Carsten Herz). Hintergrund der Klage ist, dass beim Verkauf der Formel-1-Anteile der BayernLB im Jahre 2006 Bestechung im Spiel gewesen sein soll. Es berichten ebenfalls die FAZ (Henning Petismeier) und die SZ (Klaus Ott).
Das Letzte zum Schluss
Kofferdieb: Im September hatte ein liegendgebliebener Koffer im Düsseldorfer Chaos ausgelöst, nun erging ein Urteil gegen den Kofferdieb: Wie der Kölner Stadtanzeiger meldet, wurde der 32-jährige, der den gestohlenen Koffer im Flughafen abgestellt hatte, wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Haftstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt - denn der Vorbestrafte ist professioneller Kofferdieb. Ob er für den Millionenschaden haften muss, ist noch nicht klar.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in den heutigen Printausgaben oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/lp
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 12. Dezember 2013: Keine Entschädigung für Kundus-Bombardement – SPD-Mitgliederentscheid – Indien verbietet Homosexualität . In: Legal Tribune Online, 12.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10331/ (abgerufen am: 17.05.2024 )
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