Ein Patent für ganz Europa – das stößt nicht nur auf Zustimmung. Außerdem in der Presseschau: Das OVG Bremen genehmigt Affen-Versuche, der BGH erklärt dem OLG Hamburg die Pressefreiheit und das SG Berlin will weniger Hartz-IV-Klagen. Die "Reichsbürger" pflegen derweil einen besonderen Konflikt mit der bundesdeutschen Justiz. Sie glauben nämlich, die gebe es gar nicht.
EU-Patent: Das Europäische Parlament hat am Dienstag ein Gesetzespaket verabschiedet, mit dem das so genannte EU-Patent eingeführt werden soll. Ab 2014 soll dann ein Antrag genügen, um ein europaweites Patent zu erhalten – bisher müssen die vom Europäischen Patentamt vergebenen Patente in jeden einzelnen Mitgliedstaat übertragen werden. Zusätzlich wird eine zentrale Patentgerichtsbarkeit geschaffen. Die Regelungen gelten vorerst nicht in Spanien und Italien. Beide Länder klagen vor dem Europäischen Gerichtshof, der Generalanwalt hat sich allerdings bereits dafür ausgesprochen, die Klage abzuweisen. Die FAZ (Hendrik Kafsack) gibt einen Überblick. Als ein "Patentrecht für Monsanto" wird das EU-Patent in einem Bericht der taz (Jost Mauer) bezeichnet. Es erleichtere etwa den Gentechnik-Konzernen, gegen Bauern vorzugehen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Volksentscheide bei EU-Fragen: Wie Die Welt berichtet, will Bayern im im Februar einen Antrag im Bundesrat einbringen, um Volksentscheide vor zentralen EU-Entscheidungen zu ermöglichen. Heribert Prantl (SZ) hält das für eine gute Idee, gibt aber zu bedenken, solche Plebiszite seien "für das Große und Ganze da, nicht für Nickeligkeiten und für das Verhindern einzelner EU-Rettungsaktionen".
Zwangsbehandlung psychisch Kranker: Der Rechtsanwalt und Journalist Oliver Tolmein berichtet im Feuilleton der FAZ von einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages zur Zwangsbehandlung von psychisch kranken Menschen.
Weitere Themen - Justiz
OVG Bremen zu Affen-Versuchen: Die Universität Bremen darf weiterhin Versuche an Makaken-Affen durchführen. Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat nach einen jahrelangen Rechtsstreit entschieden, dass die Gesundheitsbehörde die erforderliche Genehmigung nicht ablehnen darf. Die Behörde wollte die Versuche unter Hinweis auf das grundgesetzlich verankerte Staatsziel des Tierschutzes beenden. Das Gericht sah dadurch jedoch die Wissenschaftsfreiheit verletzt. Die taz-Nord (Klaus Wolschner) berichtet.
BGH zu Pressefreiheit: Der Bundesgerichtshof hat eine Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg aufgehoben und die Berichterstattung mehrere Zeitungen über die angebliche Stasi-Tätigkeit eines sächsischen PDS-Abgeordneten als "IM Christoph" für zulässig erklärt. Die SZ (Karoline Meta Beisel) fasst die Entscheidung auf der Medien-Seite zusammen. Thomas Stadler (internet-law.de) zitiert aus der Pressemitteilung des BGH und zeigt sich beeindruckt von der "drastischen Wortwahl", mit der der BGH den Vorinstanzen die Entscheidungen "um die Ohren" haue.
BGH zu Stammzellen: Der Rechtsanwalt Jan Dombrowski befasst sich auf der "Recht und Steuern"-Seite der FAZ mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom November, wonach es für die Forschung an embryonalen Stammzellen grundsätzlich keinen Patentschutz gibt. Dabei hätten die Richter aber ein "vielleicht entscheidendes Hintertürchen geöffnet", indem sie erklärten, dass ein Patentschutz dann möglich wäre, wenn die so genannten Vorläuferzellen ohne Zerstörung der Eizelle gewonnen werden können.
LG Dresden zu Pressefreiheit: Thomas Stadler (internet-law) begrüßt das Urteil des Landgerichts Dresden, das zwei Journalisten freigesprochen hat, die im Zusammenhang mit Berichten über die "Sachsensumpf"-Affäre wegen Verleumdung und übler Nachrede angeklagt waren. Zugleich verweist er auf einen Fall vor dem Amtsgericht Würzburg, in dem ein Strafverteidiger wegen übler Nachrede verurteilt wurde, nachdem er dem Richter vorgeworfen hatte, einen vorformulierten Durchsuchungsbefehl nicht richtig geprüft zu haben. Beide Verfahren beträfen "keine Petitessen", es gehe um die "Beeinträchtigung der Pressefreiheit und der Freiheit der Advokatur".
BGH – Nebenkostenabrechnung: Der Bundesgerichtshof wird am Mittwoch darüber verhandeln, ob Vermieter eine nachträgliche Erhöhung der Grundsteuer durch das Finanzamt rückwirkend auf den Mieter umlegen dürfen. Der Rechtsanwalt Dominik Schüller gibt auf lto.de einen Überblick über die Rechtsprechung zur Nebenkostenabrechnung.
Suhrkamp-Streit: Die Zivilprozesse um den Suhrkamp-Verlag stoßen weiterhin auf großes Medieninteresse. Die SZ (Lothar Müller) widmet dem Gesellschafter-Streit die "Seite Drei". Jürgen Kaube (FAZ) hält es für richtig, dass das Landgericht Berlin die Geschäftsführung unter Ulla Unseld-Berkéwicz abberufen hat und nimmt den Minderheitsgesellschafter Hans Barlach in Schutz: Die "manifesten Rechtsbrüche" gingen nicht von ihm aus.
Ermittlungen gegen Apotheker-Lobbyisten: Wie die SZ (Guido Bohsem) berichtet, soll ein Lobbyist der Apothekerschaft das Bundesgesundheitsministerium ausspioniert haben. Laut einem Bericht der FAZ (Andreas Mihm) ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Lobbyisten und einen Mitarbeiter einer IT-Firma wegen Verdachts des Ausspähens von Daten und Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz.
Hartz-IV-Klagen beim SG Berlin: Seit 2005 sind beim Berliner Sozialgericht 160.000 Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide eingegangen. Wie die taz (Sebastian Puschner) berichtet, wollen der Berliner Justizminister, die Präsidentinnen der Sozialgerichte und die Bundesagentur für Arbeit nun gemeinsame Maßnahmen ergreifen, um die Zahl der Klagen zu verringern.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Großbank zahlt für Geldwäsche: Das US-Justizministerium hat sich mit der britischen Großbank HSBC auf eine Geldbuße von 1,9 Milliarden Dollar geeinigt. Dafür verzichtet die Staatsanwaltschaft auf eine Anklage wegen Geldwäsche. spiegel.de (Carsten Volkery) gibt einen Überblick. Torsten Riecke (Handelsblatt) kritisiert den Deal und fordert Reformen, die ein schärferes Vorgehen gegen Großbanken ermöglichen sollen.
Das Letzte zum Schluss
Reichsbürger vor Gericht: Die "Reichsbürger" beschäftigen die Justiz: Sie halten die Bundesrepublik für nicht existent und sehen sich als "Exilregierung des Deutschen Reichs". Wie die FR (Bernhard Honnigfort) berichtet, wurden ihre Mitglieder trotzdem in den letzten Jahren mehrfach vor bundesdeutschen Gerichten verurteilt, unter anderem wegen Volksverhetzung, Titelmissbrauch und Amtsanmaßung. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden, nachdem ein "Deutsches Polizei Hilfswerk" einen Gerichtsvollzieher "festgenommen" hat – bis BRD-Cops auftauchten und den Beamten befreiten.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 12. Dezember 2012: EU-Patent kommt – Bremer Affen-Versuche gehen weiter – Die BRD gibt es doch . In: Legal Tribune Online, 12.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7760/ (abgerufen am: 04.05.2024 )
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