Ab Dienstag verhandelt das BVerfG über die bisher wirksame, aber rechtlich umstrittene Politik der EZB zur Rettung des Euro. Außerdem in der Presseschau: Pläne zur Pflichtversicherung gegen Hochwasser, warum das Kreuz am OLG München doch nicht abgehängt werden muss und weshalb wohl auch Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ein Steuerhinterzieher ist.
BVerfG – EZB und ESM: Am Dienstag beginnt am Bundesverfassungsgericht eine zweitägige mündliche Verhandlung zur Euro-Rettungspolitik. Es wird dabei vor allem um Klagen gegen das angekündigte Anleihe-Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank gehen, am Rande auch noch einmal um den Euro-Rettungsschirm ESM. Das Handelsblatt (Donata Riedel/Jan Hildebrand) stellt drei Szenarien vor: (1) Das BVerfG billigt den EZB-Plan, definiert aber dessen Grenzen. Dieses Szenario sei am wahrscheinlichsten. (2) Das BVerfG untersagt der Bundesbank die Teilnahme und zwingt diese eventuell sogar zur Verabschiedung aus dem Euro-System. (3) Das BVerfG legt die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor.
Der Spiegel (Melanie Amann/Thomas Darnstädt/Dietmar Hipp) sieht in seinem Vorbericht das EZB-Aufkaufprogramm und den Euro ernsthaft in Gefahr. Reinhard Müller (FAZ) warnt die Bundesregierung und die EZB, sie solle das Verfahren "nicht als Selbstläufer" betrachten. Die EZB müsse die Richter überzeugen, dass sie "nicht über dem Recht steht".
In einem ausführlichen Interview mit dem Handelsblatt (Donata Riedel/Jan Hildebrand u.a.) kritisiert Kläger Peter Gauweiler die EZB als "unkontrollierte Macht", die das Demokratieprinzip des Grundgesetzes verletze. Im Karlsruher Verfahren kämen die EU-Rettungsprogramme nun zumindest "in den verfassungsrechtlichen Kernspin".
Weitere Themen – Rechtspolitik
Interview mit der Bundesjustizministerin: lto.de (Pia Lorenz) sprach mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die Umsetzung des BVerfG-Urteils zu eingetragenen Partnerschaften, das Gesetz zur Reform der Justizkosten, Deals im Strafverfahren, die kurzfristige Rücknahme von Revisionen, BGH-Richter Thomas Fischer, die Reform der Sicherungsverwahrung, Sicherheitsgesetze und die audiovisuelle Übertragung aus Gerichtsverhandlungen.
Eingetragene Partnerschaften - Splitting: Die Samstags-FAZ (Manfred Schäfers) stellt im Wirtschaftsteil den Gesetzentwurf zur Umsetzung des Karlsruher Beschlusses zum Ehegattensplitting vor. Zentrale Vorschrift: "Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf eingetragene Lebenspartner und eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden." Am Mittwoch soll der Gesetzentwurf im Bundeskabinett beschlossen werden.
Eingetragene Partnerschaften – Adoptionsrecht: Nachdem Unionspolitiker zunächst ein volles Adoptionsrecht für homosexuelle Partnerschaften ablehnten, gab es am Wochenenden in der Partei auch gewichtige Stimmen die dies befürworteten, etwa von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, wie spiegel.de (Severin Weiland) berichtet.
Sicherungsverwahrung – Neue Praxis: Die Samstags FAZ (Reiner Burger u.v.a.) stellt dar, wie die einzelnen Bundesländer ihre Sicherungsverwahrten heute, nach der vom Bundesverfassungsgericht erzwungenen Neuregelung, unterbringen.
Sicherungsverwahrung – Entlassungen: Der Spiegel (Beate Lakotta) sprach mit dem Psychiater Norbert Leygraf und seinem Bruder, dem OLG-Strafrichter Johannes Leygraf, über die Entlassung von rund 70 Sicherungsverwahrten in Folge der Straßburger und Karlsruher Rechtsprechung, über die geringen Rückfälle, die rückgehende Zahl an Kindsmorden, die Weitergeltung der nachträglichen Sicherungsverwahrung für Altfälle, die vermeintliche neue Therapie-Orientierung der Sicherungsverwahrung und die Schwierigkeiten, eine liberale Haltung zu vertreten.
Kartellrecht: Die Samstags-FAZ (Helmut Bünder/Kerstin Schwenn) sprach mit Andreas Mundt, dem Präsidenten des Bundeskartellamts, über den Kompromiss bei der Kartellrechts-Novelle, die Fusionskontrolle bei Krankenkassen, die mangelnde Kontrolle kommunaler Wasserversorger, Kronzeugen, die Höhe von Bußgeldern und über Sammelklagen.
Pflichtversicherung gegen Hochwasser: Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden vorgeschlagen, die alle Hauseigentümer abschließen sollen. Die Samstags-SZ (Guido Bohsen u.a.) diskutiert die Vor- und Nachteile.
Europäische Ermittlungsanordnung: Der Spiegel (Andreas Ulrich) stellt Pläne für die Einführung einer Europäischen Ermittlungsanordnung vor, mit der Ermittler auch im EU-Ausland Durchsuchungen oder Telefonüberwachungen anordnen könnten. Befürchtet wird ein Absenken des rechtsstaatlichen Schutzes in Deutschland.
Anwaltsrecht: Corinna Budras (Montags-FAZ) mahnt im Leitartikel, dass sich das Anwaltsmonopol nur halten lasse, wenn Anwälte durch Leistung überzeugten. Eine Fortbildungspflicht lehnt sie aber ab. Der Anwaltsberuf brauche nicht mehr, sondern weniger Regulierung.
Weitere Themen – Justiz
BGH zu elektronischer Signatur: Der Bundesgerichtshof hat Mitte Mai entschieden, dass nicht jede einzelne Datei, die an eine Gericht gesandt wird, elektronisch unterschrieben werden muss. Vielmehr genüge die sogenannte Container- oder Umschlags-Signatur, berichtet internet-law.de (Thomas Stadler) .
OLG München – NSU-Prozess: Die Samstags-Welt (Hannelore Crolly/Per Hinrichs) zieht eine Zwischenbilanz des Prozesses nach sieben Verhandlungstagen. Der Prozess werde noch zäher als erwartet. Die Kooperationsbereitschaft der aussagebereiten Angeklagten Carsten S. und Holger G. sei geringer als erhofft.
OLG München – Kreuz: Der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) schildert, warum das Kreuz im Gerichtssaal des NSU-Prozesses vorerst hängen bleibt. Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer, Barbara John, hatte den Nebenkläger-Anwalt Adnan Menderes Erdal dazu gebracht, seinen Antrag auf Abhängen des Kreuzes zurückzuziehen.
LG Osnabrück zu Döner-Killer-Song: Der rechtsextreme Rocksänger Daniel Giese wurde vom Landgericht Osnabrück wegen Leugnung des Holocausts in einem Song zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro verurteilt, berichtet die Samstags-taz (Andreas Speit). Bezüglich des Stücks "Döner Killer" wurde jedoch die Verurteilung der ersten Instanz aufgehoben, da es mehrdeutig sei.
LG Bremen – Brechmittel-Tod: Am Freitag will das Landgericht Bremen erneut über den Brechmittel-Tod eines Asylbewerbers im Jahr 2004 entscheiden. Schon zwei Mal hatte der BGH Urteile des LGs aufgehoben. Der de legibus-Blog (Oliver Garcia) kritisiert die Pläne des Gerichts, das Verfahren gegen den verantwortlichen Polizeiarzt diesmal nach § 153 Abs. 2 StPO einzustellen, um eine erneute Revision zu vermeiden. Er arbeitet heraus, dass die Nebenklage in diesem Fall eine Beschwerde zum OLG Bremen einlegen könnte.
VG Arnsberg – Hindu-Tempelverein: Der Verein, der den Hindu-Tempel in Hamm trägt, hat beim Verwaltungsgericht Arnsberg auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts geklagt. Nach der mündlichen Verhandlung berichtet spiegel.de er habe dabei gute Erfolgsaussichten. Das Urteil soll nächste Woche verkündet werden.
Fall Mollath: An diesem Dienstag wird Gustl Mollath im bayerischen Landtags-Untersuchungsausschuss zu seinem Fall aussagen. Heribert Prantl (Montags-SZ) empört sich aus diesem Anlass in einem ganzseitigen Feuilleton-Artikel noch einmal über die jahrelange Psychiatrie-Unterbringung Mollaths. Dieser sei "nach einem unglaublich schlampigen Verfahren in einem unglaublich schlampigen Urteil unter Berufung auf den unglaublich dehnbaren Paragrafen 63 Strafgesetzbuch abgeurteilt" worden.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – FISC und Prism : Die Samstags-SZ beschreibt das geheime Richter-Gremium FISC (Foreign Intelligence Surveillance Court), das Überwachungsmaßnahmen der US-Geheimdienste genehmigt. Die Montags-FAZ (Patrick Bahners) spricht im Feuilleton mit dem US-Verfassungsrechtler Philip Bobbitt über das US-Überwachungsprogramm "Prism". Das Geheimgericht FISC könne Vertrauen in die Legalität des Regierungshandelns schaffen.
Sonstiges
Grundrechte-Report 2013: lto.de (Annelie Kaufmann) berichtet über den aktuellen Grundrechte-Report, den acht Bürgerrechts-Organisationen zusammengestellt haben.
Das Letzte zum Schluss
Und nun Rummenigge: Das Hauptzollamt Augsburg hat einen Strafbefehl über gut 300.000 Euro gegen den FC-Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beantragt. Rummenigge soll zwei teure Rolex-Uhren, die er in Katar geschenkt bekommen hat, bei der Einreise nach Deutschland nicht angegeben haben. Das Zollamt wirft ihm deshalb Steuerhinterziehung vor, berichtet Focus (Christoph Elflein u.a.).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 8. – 10. Juni 2013: EZB in Karlsruhe vor Gericht – Das Kreuz im NSU-Gerichtssaal bleibt - Auch Rummenigge ein Steuerhinterzieher? . In: Legal Tribune Online, 10.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8882/ (abgerufen am: 07.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag