Die StA München ermittelt gegen den Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, wegen versuchten Prozessbetrugs. Außerdem in der Presseschau: BGH zu Promikinder, BVerfG zu ZDF-Staatsvertrag, Sportgerichtsbarkeit und Doping, türkischer Juraabschluss in Köln, und wieso der Schuss nach hinten losgeht, wenn man ein Wildschwein mit einem Pony verwechselt.
Thema des Tages
Ermittlungen gegen Jürgen Fitschen: Die Staatsanwaltschaft (StA) München* ermittelt gegen den Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen. Es besteht der Anfangsverdacht des versuchten Prozessbetrugs wegen der von Fitschen vorgebrachten Erinnerungslücken im Kirch-Verfahren. Das Oberlandesgericht München hatte die Aussagen Fitschens 2012 als "schlicht inkonsistent" bezeichnet. In ihrem Wirtschaftsteil berichtet die SZ (Klaus Ott/Andrea Rexer), ferner die FR (Jörn Poltz/Kathrin Jones).
Laura de la Motte (Handelsblatt) meint, Fitschen könnte die Ermittler milder stimmen, wenn er einem Vergleich im Kirch-Verfahren zustimmte.
Die taz (Hermannus Pfeiffer) und die SZ (Andrea Rexen) bringen beide Porträts von Fitschen.
Rechtspolitik
Vorratsdatenspeicherung: Heinrich Wefing (zeit.de) kritisiert, dass bei den Koalitionsverhandlungen die Vorratsdatenspeicherung erneut auf der Agenda stehe und vermisst angesichts einer beinahe 80-prozentigen Parlamentsmehrheit das kritische Korrektiv in den Debatten um die Rechts- und Innenpolitik.
Whistleblowing in der EU: netzpolitik.org (Alexander Sander) stellt den Bericht von Transparency International über die Schutzstandards für Whistleblower in den 27 EU-Staaten vor. Lediglich in Luxemburg, Slowenien, Rumänien und Großbritannien sei das gesetzliche Schutzniveau ausreichend.
EU-Datenschutzgrundverordnung: internet-law.de (Thomas Stadler) erklärt, warum auch die geplante überarbeitete EU-Datenschutzgrundverordnung keine rechtliche Handhabe gegen das Ausspähen von Daten durch Geheimdienste und Polizei bietet. Die Umgehung nationaler Datenschutzregeln durch Geheimdienste, die sich Informationen im Ausland und damit im Kontext einer anderen Rechtsordnung beschafften, sei dadurch nicht zu verhindern.
Justiz
BVerfG zu ZDF-Staatsvertrag: Über eine mögliche Verfassungswidrigkeit des ZDF-Staatsvertrags, konkret über die Mehrheit von Parteienvertretern in Fernsehrat und Verwaltungsrat des Senders, verhandelte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag. Diese widerspreche dem Gebot der Staatsferne, der federführende Richter Johannes Masing habe eine Obergrenze von einem Drittel Parteienvertreter in den Raum gestellt, gegen die informellen "Freundeskreise", die im Umfeld der offiziellen Gremien angesiedelt seien, seien gerichtliche Schritte nicht möglich, berichtet die taz auf ihrer Medienseite (Christian Rath). Ebenfalls auf ihrer Medienseite berichtet die SZ (Wolfgang Janisch), ferner das Handelsblatt (Kai-Hinrich Renner).
BGH zu Promikinder: In einem Beitrag für lto.de erläutert Markus Ruttig, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Derzufolge hätten es die Kinder und auch Adoptivkinder von Prominenten zu dulden, wenn sie in die Medienberichterstattung über ihre Eltern mit einbezogen würden. Ihr Allgemeines Persönlichkeitsrecht habe zurück zu stehen, wenn früher bereits einmal über sie berichtet worden sei. Mit der Formel: "Einmal genannt, immer bekannt" mache es sich der BGH zu einfach. Insbesondere sei zu klären, wie das Recht, vergessen zu werden ausgestaltet werden kann, so lange auch alte Informationen im Internet zeitlich unbegrenzt abrufbar seien.
Deutsche Bank und Euribor: Wie das Handelsblatt (Peter Köhler / Laura de la Motte) berichtet, droht der Deutschen Bank eine Bußgeldzahlung im mittleren dreistelligen Millionenbereich wegen Manipulationen des europäischen Leitzinses Euribor. Von den Strafmaßnahmen der EU-Kommission seien fünf weitere Banken: die Royal Bank of Scotland, JPMorgan, Crédit Agricole, Société Générale und HSBC.
StA München – BayernLB: Das Handelsblatt (Hans-Peter Siebenhaar) berichtet über die Anklage gegen Werner Schmidt und sechs andere Vorstände der BayernLB. Ihnen werde zur Last gelegt, beim Kauf der Hypo Adria Bank eine halbe Milliarde zu viel gezahlt zu haben. Offen sei, inwieweit politischer Druck durch die bayerische Staatsregierung ausgeübt worden sei.
OLG München - NSU: Im Verfahren gegen Beate Zschäpe und andere stand am gestrigen Verhandlungstag der Mord an Mehmet Kubasik in Dortmund und die Schikane seiner Familie durch permanentes "Nachfassen" der Polizei im Mittelpunkt. Es berichten taz (Andreas Speit), SZ (Annette Ramelsberger), spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und zeit.de (Tom Sundermann).
LG Augsburg – Karl-Heinz Schreiber: In dem Strafverfahren gegen den früheren Waffenlobbyisten Karl-Heinz Schreiber tritt die Große Strafkammer beim Landgericht Augsburg noch einmal in die Beweisaufnahme ein, berichtet spiegel.de. Die Verteidigung Schreibers habe beantragt, dessen früheren Steuerberater in Kanada als Zeugen zu vernehmen.
Uli Hoeneß: Die SZ (Hans Leyendecker / Klaus Ott) berichtet über ein Rechtgutachten, das der Vorstand der FC Bayern München AG in Auftrag gegeben habe. Im Falle einer Verurteilung zu einer Haftstrafe ohne Bewährung müsse Uli Hoeneß sein Amt als Vorstandsvorsitzender aufgeben, so die Einschätzung des Gesellschaftsrechtlers Gerd Krieger und des Strafrechtlers Sven Thomas.
Ausland
Bangladesch – 152 Todesurteile: Über die Todesurteile gegen 152 meuternde Grenzschützer in Bangladesch berichten die taz (Lalon Sander) und die SZ (Arne Perras). Wegen Auflehnung gegen ihre Vorgesetzten im Februar 2009 standen insgesamt 846 Männer vor Gericht, 157 erhielten lebenslange Freiheitsstrafen, 271 seien freigesprochen worden.
Italien – Justizministerin: Über die Rücktrittsforderungen gegen die parteilose italienischen Justizministerin Anna Maria Camillieri berichtet die SZ (Andrea Bachstein). Der Politikerin wird zur Last gelegt, letztes Jahr dafür gesorgt zu haben, dass eine Tochter aus der mit ihr befreundeten milliardenschweren Unternehmerfamilie Ligresti von der Untersuchungshaft in den Hausarrest entlassen worden sei.
Sonstiges
Schwabinger Bilderfund: Über die juristischen Fragen im Zusammenhang mit dem Schwabinger Bilderfund, insbesondere ob frühere Verkäufe oder Ankäufe der Bilder rechtmäßig waren und ob Rückübertragungsforderungen verjährt sind berichten die taz (WBG), die SZ (Jörg Häntzschel) und die FR (Thomas Magenheim). Tendenz: Alles offen.
Sportgerichtsbarkeit und Doping: In einem Beitrag für lto.de widerspricht Rechtsanwalt Markus H. Schneider der Kritik an Claudia Pechstein. Die Eisschnellläuferin und andere hatten kritisiert, dass Athleten insbesondere in Dopingverfahren ausschließlich der Sportgerichtsbarkeit unterworfen seien und war dafür von Sportrechtlern kritisiert worden. Schneider meint, Grundrechte als Abwehrrechte fänden im zivilrechtlichen Verhältnis Verband – Athlet zwar keine unmittelbare Anwendung, ihr Schutzgedanke sei allerdings zu berücksichtigen, ebenso wie die Tatsache, dass eine Sportverband eine quasi staatsähnliche Position habe.
Juristische Ausbildung
Uni Köln – hukuk lisans: An der Uni Köln kann man jetzt einen türkischen juristischen Abschluss erwerben. Über die "hukuk lisans", die es ermöglicht nach einem Studium in Köln und der Partneruniversität in Istanbul auch in der Türkei als Rechtsanwalt tätig zu sein, berichtet die taz (Anja Krüger/Ulrike Hummel).
Das Letzte zum Schluss
Ein Pony ist kein Wildschwein: Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einer Eilentscheidung einem Jäger die waffen- und munitionsrechtliche Zuverlässigkeit abgesprochen, weil dieser ein Islandpony erschossen hatte, das er für ein Wildschwein gehalten hatte. Wie lawblog.de (Udo Vetter) berichtet, fanden die Argumente des Schützen (erstmaliger Fehlschuss, Dunkelheit) kein Gehör. Als Jäger müsse man ein Tier, auf das man schießt, nach Art, Alter und Geschlecht eindeutig identifizieren können. Sei die Sicht schlecht, dürfe man gar nicht schießen.
* Hinweis der Redaktion: Hier stand zunächst die StA Frankfurt habe ermittelt (geändert am 07.11.2013 um 06:57 Uhr).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 6. November 2013: Ermittlungen gegen Jürgen Fitschen – Whistleblowing in Europa – Schwabinger Bilderfund . In: Legal Tribune Online, 06.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9963/ (abgerufen am: 14.05.2024 )
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