Das LG Frankfurt verurteilt Halil D. zu einer Haftstrafe. Außerdem in der Presseschau: AKW-Stilllegung bleibt entschädigungslos, ungerechtfertigte Beihilfen für spanische Fußballclubs und versehentlicher Drogenkonsum.
Thema des Tages
LG Frankfurt zu Terrorismus: Im Mai 2015 wurde das Radrennen Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt wegen des Verdachts eines terroristischen Bombenanschlags abgesagt. Der von Ermittlern deswegen verhaftete Halil D. wurde nun vom Landgericht Frankfurt/M. wegen Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie Urkundenfälschung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Beweise für ein terroristisches Vorhaben hätten auch 27 Verhandlungstage nicht erbracht, gibt spiegel.de (Jörg Diehl) die mündliche Urteilsbegründung wieder. Zuvor hatte bereits die Staatsanwaltschaft den Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat fallengelassen. § 89a Strafgesetzbuch habe sich damit einmal mehr als "Türöffner" für Ermittlungen, nicht jedoch als Grundlage einer Verurteilung erwiesen. Berichte bringen auch SZ (Susanne Höll), FAZ (Helmut Schwan) und Welt (Alexander Jürgs).
Für Reinhard Müller (FAZ) besteht die "Krux" in der "Größe der Gefahr", die einen staatlichen Zugriff "schon weit im Vorfeld einer möglichen Tat" ermögliche. Ein so entstandener Terrorverdacht stigmatisiere zwar zweifellos. Das jetzige Urteil beweise "aber auch, dass der Rechtsstaat sich korrigieren kann".
Rechtspolitik
Staatsziel Nachhaltigkeit: Anfang des vergangenen Monats wurden bei einer Expertenanhörung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung Chancen und Nutzen einer verfassungsmäßigen Verankerung von Nachhaltigkeit als Staatszielbestimmung diskutiert. Auf lto.de zeichnet Julia Koa, Mitarbeiterin bei den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags, die Anhörung nach.
Sexualstrafrecht: Am kommenden Donnerstag soll der Bundestag über die Verschärfungen des Sexualstrafrechts abstimmen. Die SZ (Constanze von Bullion) fasst die geplanten Neuregelungen und die Argumente der Befürworter zusammen.
EU-Regierung: Die zentralen Punkte des von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) vorgestellten Plans einer EU-Regierung untersucht spiegel.de (Christian Teevs) auf ihre Durchführbarkeit.
Sichere Herkunftsstaaten: Die FAZ (Johannes Leithäuser/Eckart Lohse) berichtet zu einem "Aktionsplan" der Grünen als Debattenbeitrag in der Auseinandersetzung über Einführung weiterer asylrechtlicher sicherer Herkunftsstaaten. Kern des Plans seien beschleunigte Asylverfahren für Bewerber aus Ländern mit Anerkennungsquoten von über 50 und weniger als drei Prozent.
Gerichtskostenbefreiung: Einen nun gescheiterten Vorstoß der schleswig-holsteinischen Piratenfraktion, die im Land geltende Gerichtskostenbefreiung für Religionsgemeinschaften abzuschaffen, nimmt die FAZ (Frank Pergande) zum Anlass einer breiteren Darstellung des in zahlreichen Bundesländern auch für Kommunen und Universitäten geltenden Privilegs innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Jedermann-Konto: Seit Mitte Juni haben auch Wohnungslose und Asylbewerber einen Anspruch auf Eröffnung eines Bankkontos. Weil die Kontoeröffnung ohne die Vorlage vollgültiger Ausweise Geldwäsche und Terrorfinanzierung ermögliche, sah sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu einem Schreiben veranlasst, nach dem die Kontoeinrichtung mit einem Dokument der Ausländerbehörde "nicht beanstandet" würde. Dies reiche vielen Privatbanken aber nicht aus, schreibt die FAZ (Hendrik Wieduwilt). Das Bundesinnenministerium wolle daher noch in dieser Woche durch eine Rechtsverordnung Klarheit schaffen.
Terrorismus-RL: Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat sich nach einem Bericht von netzpolitik.org (Thomas Rudl) nun auf eine Terrorismusrichtlinie verständigt. Diese beinhaltet auch auf Betreiben der EU-Parlamentsabgeordneten Monika Hohlmeier (CSU) aufgenommene Netzsperren zur Verhinderung terroristischer Propaganda.
Sportbootmaut: Nachdem das Bundesverkehrsministerium im vergangenen Jahr angekündigt hatte, eine allgemeine Sportbootmaut nicht durchsetzen zu wollen, sieht ein nun vorgestelltes "Wassertourismuskonzept" die Einführung von Gebühren für das Befahren von Freizeitwasserstraßen und Nebengewässern ab 2019 vor. Die Welt (Ulrich Exner) berichtet.
Justiz
OLG Oldenburg zu Rollenspielen: Für Verletzungen, die beim einem mittelalterlichen Rollenspiel entstanden sind, gelten die gleichen Verschuldensmaßstäbe wie bei Kampfsportarten. Dies entschied das Oberlandesgericht Oldenburg in einem nun veröffentlicheten Beschluss aus dem April. lto.de berichtet.
LG Hannover zu Eon: Vor dem Landgericht Hannover ist der Energieanbieter Eon mit dem Versuch gescheitert, von der Bundesrepublik und den Ländern Niedersachsen und Bayern rund 380 Millionen Euro Schadensersatz wegen der Stilllegung zweier Atomkraftwerke zu erlangen. Eon hätte unmittelbar gegen die nach der Katastrophe von Fukushima ergangene Verfügung vorgehen müssen, geben lto.de und FAZ (Hendrik Wieduwilt) die Auffassung des Gerichts wieder. In einem Kommentar konstatiert Andreas Mihm (FAZ), dass AKW-Betreiber bislang "kein Glück mit der juristischen Aufarbeitung deutscher Kollateralschäden des japanischen Atomunfalls" gehabt hätten. Dementsprechend richteten sie ihre Hoffnungen auf das Bundesverfassungsgericht, dass nach wie klären müsse, ob die "Zwangsabschaltung" alter Kraftwerke eine Enteignung war. Hierzu sämtliche rechtlichen Mittel auszuschöpfen, sei "gutes Recht" der Konzerne.
LG Karlsruhe – Amtshaftung: Am heutigen Dienstag wird das Landgericht Karlsruhe sein Urteil in einem Amtshaftungsprozess eines früheren Managers des Forschungszentrums Karlsruhe gegen das Land Baden-Württemberg verkünden. Der Mann fordere Entschädigung für entgangenen Lohn nach einer Kündigung wegen des Verdachts der Untreue, schreibt die SZ (Wolfgang Janisch). Obwohl der diesbezügliche Strafprozess mit einem Freispruch endete, stünden die Chancen des Klägers schlecht, dies gelte auch für das noch immer anhängige arbeitsgerichtliche Verfahren.
LG Potsdam – Silvio S.: Das Verfahren gegen Silvio S. am Landgericht Potsdam wurde mit der Vernehmung der Polizisten, die den Angeklagten festgenommen hatten, und der Inaugenscheinnahme sichergestellter Gegenstände fortgesetzt. Die FAZ (Julia Schaaf) berichtet.
LKA Niedersachsen – RAF: Nach einem weiteren Raubüberfall, der drei vormaligen Mitgliedern der sogenannten dritten RAF-Generation zugeschrieben wird, wächst nach Bericht der FAZ (Reinhard Bingener) die Kritik an vermeintlichen Versäumnissen der vom Landeskriminalamt Niedersachsen geführten Ermittlungen.
Terrorismus-Ermittlungen: Sowohl im Falle der 15-jährigen Safia S. aus Hannover als auch in jenem der mutmaßlichen Urheber eines Anschlags auf den Essener Sikh-Tempel hätten Ermittler zahlreiche Hinweise im Vorfeld der Taten übersehen oder nicht ernst genug genommen. Dies ist das Ergebnis einer Recherche der SZ (Lena Kampf/Georg Mascolo).
Recht in der Welt
Großbritannien – Brexit: In einem englischsprachigen Gastbeitrag für verfassungsblog.de erklärt Andrew Duff, britischer Europaparlamentarier, Voraussetzungen der Anwendung von Art. 50 des Vertrages über die Europäische Union.
Österreich – Bundespräsidentenwahl: "Gute und schlechte Gründe" für die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, die Stichwahl für das Amt des Bundespräsidenten zu annullieren, formuliert Rechtsprofessor Theo Öhlinger auf verfassungsblog.de.
Sonstiges
Beihilfen für Fußballclubs: Sieben spanische Fußballclubs, unter ihnen Real Madrid und FC Barcelona, müssen nach einer Entscheidung der EU-Kommission bis zu zweistellige Millionenbeträge als ungerechtfertigte Beihilfen zurückzahlen. Die als Steuervorteile oder auch als Grundstücksgeschäft gewährten Beträge hatten den betroffenen Vereinen einen unfairen Vorteil verschafft, schreibt die FAZ (Hendrik Kafsack). Ebenfalls überprüfte Hilfen für niederländische Klubs blieben dagegen unbeanstandet, weil sie mit realistischen Plänen zu Umstrukturierungen verbunden gewesen seien.
Robotikrecht: Eine Seite Drei-Reportage der SZ (Hannes Vollmuth) beschäftigt sich mit der Debatte über ethische und rechtliche Aspekte beim Einsatz von Robotern. Die in Deutschland vor allem zum Einsatz selbstfahrender Autos aufgeworfenen Fragen nach Haftungsverantwortlichkeiten bei Maschinenfehlern seien nach wie vor ungelöst.
Das Letzte zum Schluss
Versehentlicher Konsum: Wem der Führerschein wegen Drogen abgenommen wird, braucht gute Erklärungen, wenn der Konsum durch ein toxikologisches Gutachten belegt ist. Nicht auf Lager hatte die ein Mann, dessen Eilantrag gegen die Entziehung vom Verwaltungsgericht Neustadt abgewiesen wurde. Wie justillon.de (Andreas Stephan) schreibt, hatte der Betroffene angegeben, Amphetamine wohl zufällig konsumiert zu haben, indem er versehentlich ein Getränk seines todkranken Bruders verzehrte. Dass dies eine Schutzbehauptung gewesen sei, ergab sich für das VG bereits aus Zeitabläufen sowie "fluoreszierenden Anhaftungen in der Nase", die der die Blutentnahme durchführende Arzt feststellte.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 5. Juli 2016: Haft für Bombenbau / Kein Geld für Eon / Beihilfen für Fußballclubs . In: Legal Tribune Online, 05.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19863/ (abgerufen am: 08.05.2024 )
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