Das BVerfG sieht kein Rechtsschutzbedürfnis im Organstreitverfahren der NPD gegen die ehemalige FDP-Fraktion gegeben, weil Letztere aus dem Bundestag ausgeschieden sei. Außerdem in der Presseschau: Analyse des geplanten Bestellerprinzips im Maklerrecht, Herausgabeansprüche bei NS-Raubkunst, Redtube-Abmahnungen und die Klage eines vermeintlich diskriminierten Bayern.
Thema des Tages
BVerfG zur NPD-Organklage: Am gestrigen Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Organklage der NPD gegen die FDP-Fraktion der letzten Legislaturperiode als unzulässig abgewiesen, berichten FAZ (Helene Bubrowski) und lto.de.
Während der Landtagswahlkämpfe in 2012 hatte die Bundestagsfraktion der FDP Schreiben in mehreren Bundesländern versandt und Wahlvideos gezeigt, die die NPD als unzulässige Wahlwerbung wertete. Sie sah sich in ihrem Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien verletzt und leitete ein Organstreitverfahren ein. Zur Klärung der Frage, wie weit die Öffentlichkeitsarbeit von Bundestagsfraktionen gehen darf, kam das BVerfG aber nicht. Es stellte fest, dass nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag für die Klärung des Antrags kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehe. Auch eine absehbare Wiederholungsgefahr verneinte der Zweite Senat.
Rechtspolitik
Bestellerpinzip verfassungswidrig: Im März hat Justizmister Heiko Maas (SPD) einen Referentenentwurf zur Mietpreisbremse und Stärkung des Bestellerpinzips im Wohnungsvermittlungsgesetz vorgelegt. Der Staatsrechtler Friedhelm Hufen hat im Auftrag des Immobilienverbands IVD ein Rechtsgutachten erstellt und hält den Gesetzesentwurf für verfassungswidrig, meldet die FAZ (Joachim Jahn). Er sehe darin einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Makler und in die Vertragsfreiheit der Wohnungssuchenden.
Gleichstellung von Lebenspartnerschaften: Am heutigen Mittwoch soll ein Gesetz zur Anpassung der steuerrechtlichen Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft verabschiedet werden. Allerdings sträube sich die CDU/CSU-Fraktion vor einer konsequenten Umsetzung der Vorgaben, berichtet die SZ (Guido Bohsem). So sollen steuerliche Vergünstigungen gemäß § 52 Abs. 2 der Abgabenordnung weiterhin nur bei Spenden an Einrichtungen gelten, die sich für die Förderung von Ehe und Familie einsetzten; das Einsetzen für die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften soll nicht erfasst werden.
Herausgabeansprüche bei NS-Raubkunst: Im Bundesrat wird Mitte Juni ein Gesetz zur Regelung von Herausgabeansprüchen in Fällen von NS-Raubkunst verhandelt. Das Gesetz gelte als Reaktion auf den Fall Gurlitt und beruhe auf der Initiative des bayerischen Justizministers Winfried Bausback (CSU), erklärt spiegel.de (Björn Hengst). Die vorgesehene Aussetzung der Verjährungsfrist bei Herausgabeansprüchen stoße aber auf verfassungsrechtliche Bedenken bei Vertretern mehrere Bundesländer. Ein vom Bundesjustizministerium geplanter Gesetzesentwurf soll zudem erst Ende des Jahres vorgelegt werden können.
Festlegung der Lohnuntergrenze: Einen Monat vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns wollen der Deutsche Gewerkschaftsbund und Arbeitgeberverbände das Verfahren zur Festlegung der Lohnuntergrenze neu gestalten. Statt der vorgesehenen jährlichen Neubestimmung durch eine Mindestlohn-Kommission soll sich die Feststellung der Untergrenze stärker an den Laufzeiten von Tarifverträgen orientieren und lediglich alle zwei Jahre erfolgen, berichten die SZ (Thomas Öchsner) und die FAZ (Dietrich Creutzburg).
Justiz
BGH – Bewertungsportale: Das Handelsblatt (Catrin Bialek/Joachim Hofer) stellt einen Fall vor dem Bundesgerichtshof vor, bei dem geklärt werden soll, ob ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen Internet-Bewertungsportale besteht, wenn deren Nutzer falsche Behauptungen auf die Seite stellen. In einem gesonderten Artikel werden im Handelsblatt (Peter Thelen) vergleichbare Fälle und die Einschätzung der Bundeszentrale der Verbraucherverbände aufgeführt.
LAG Berlin-Brandenburg zur Kirchenmitgliedschaft: lawblog.de (Udo Vetter) bespricht ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, das den Kirchengemeinschaften erlaubt, Bewerber für leitende Positionen nach ihrer Konfessionszugehörigkeit auszuwählen. Geklagt hatte eine Bewerberin, die wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war und deshalb Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz geltend machte.
AG Hannover zu Redtube: Auch das Amtsgericht Hannover hat Ende Mai die Anwaltsansprüche aus Redtube-Abmahnungen verneint. internet-law.de (Thomas Stadler) stellt die Urteilsgründe dar. Das Gericht sehe im vorliegenden Fall eine zulässige Nutzung gemäß § 44a Nr. 2 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) als gegeben an, weil keine offensichtlich rechtswidrig hergestellten bzw. öffentlich zugänglich gemachten Vorlagen gestreamt worden seien. Ob das Streamen eine unerlaubte Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG ist, habe das Gericht offengelassen.
VG Darmstadt zu Tattoos bei der Bundespolizei: Eine Bewerberin zum höheren Dienst wurde von der Bundespolizei wegen eines Tattoos abgelehnt und klagte gegen die Entscheidung. Laut lto.de habe das Verwaltungsgericht Darmstadt im Eilverfahren entschieden, dass die Bundespolizei dies bei großflächigen, sichtbaren Tattoos tun dürfe, weil die Grenzschützer als erste Vertreter des Staates auftreten würden.
OLG München – NSU: Im NSU-Fall wird diese Woche der Sprengstoffanschlag in Köln vom 19. Januar 2001 verhandelt. Damals explodierte in einem Geschäft ein selbst gebauter Sprengsatz, der als eine Geschenkdose im Laden deponiert worden war. Am heutigen Mittwoch wird die verletzte Zeugin aussagen, in deren Händen der Sprengsatz losging. Geklärt werden soll, ob Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos den Gegenstand dort platziert hatten, wie spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und die FAZ (Karin Truscheit) berichten.
GBA – NSA-Ermittlungen: Neuen Presseberichten zufolge soll der Generalbundesanwalt im Fall der NSA-Überwachung von deutschen Haushalten und dem Handy der Kanzlerin Angela Merkel nun doch Ermittlungen einleiten wollen. Die SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo) stellt noch einmal den Diskussionsverlauf und die Hinweise auf potenzielle Ermittlungen zusammen.
Recht in der Welt
Spanien – Thronfolge: Nach Abdankung des Königs Juan Carlos ist in Spanien eine Debatte um die zukünftige Staatsform entbrannt. Während mehrere tausend Demonstranten die Einführung einer Republik und die Durchführung eines Referendums fordern, habe die Regierung am gestrigen Dienstag einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die Einsetzung des Enkels Filipe als Thronfolger sicherstellen soll. Taz (Reiner Wandler) und SZ (Thomas Urban) stellen die Ereignisse dar.
In einem gesonderten Kommentar hebt Reiner Wandler (taz) den Reformwunsch der Spanier hervor: "Der Wunsch, den Staatschef frei zu wählen, ist eine logische Folge."
Sonstiges
Grundrechtereport 2014: Am gestrigen Dienstag wurde in Karlsruhe der diesjährige Grundrechtereport durch die frühere Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger vorgestellt. Es handelt sich dabei um einen Sammelband zu Menschenrechts- und Bürgerrechtsentwicklungen, der jährlich von Juristenverbänden und Bürgerrechtsorganisationen herausgegeben wird. Im Vordergrund stehe dieses Jahr der NSA-Skandal, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch). Ein weiteres Schwerpunktthema bilde die Asyl- und Ausländerrechtspolitik, erläutert lto.de (Annelie Kaufmann).
Wahlen zum EU-Parlament: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Christoph Smets stellt auf juwiss.de heraus, dass die niedrige Wahlbeteiligung bei den EU-Parlamentswahlen die Legitimität der von der EU ausgeübten Herrschaft infrage stelle, weil das Legitimierungspotenzial des Parlaments eingeschränkt sei. Die Wahlbeteiligung müsse durch bessere Politik wieder erhöht werden.
NSA – Untersuchungsausschuss: In einem Schreiben an den NSA-Untersuchungsausschuss hat die Bundesregierung erneut bestätigt, dass sie eine Vernehmung von Edward Snowden in Deutschland ablehnt und die Nichtauslieferung an die USA nicht garantieren kann, berichtet spiegel.de (Annett Meiritz). Die taz (Astrid Geisler) zitiert den Grünen-Politiker Christian Ströbele, der bei einer klaren Absage der Amtshilfe durch die Bundesregierung das Bundesverfassungsgericht anrufen will.
Das Letzte zum Schluss
Bayerndiskriminierung oder AGG-Hopper? Die FAZ (Joachim Jahn) schildert im Recht-und-Steuern-Teil das Vorgehen eines Münchener Anwalts, der sich auf offene Stellen bewirbt, mutmaßlich nur, um bei Ablehnungen Schadensersatzansprüche wegen Altersdiskriminierung geltend machen zu können. Als Vertreter seines Bruders habe er bereits eine ethnische Diskriminierung als Bayer festgestellt haben wollen, was von allen Instanzen jedoch verneint worden war.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 4. Juni 2014: BVerfG weist NPD-Organklage ab – Weiteres Urteil zu Redtube-Abmahnungen – Die Zukunft der spanischen Verfassung . In: Legal Tribune Online, 04.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12169/ (abgerufen am: 20.05.2024 )
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