Der ehemalige Chef der HSH Nordbank, Jens Dirk Nonnemacher, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg. Außerdem in der Presseschau: Mohammed Mursi wird wegen Anstiftung zum Mord angeklagt, Mindestlohn, E-Government-Gesetz, NSU-Verfahren, und welche Anwaltskosten ein Pornoverleger in einem Abmahnverfahren geltend machen kann.
Thema des Tages
LG Hamburg – Nonnenmacher: Dirk Jens Nonnenmacher, der ehemalige Chef der HSH Nordbank, hat in dem Verfahren gegen sechs Vorstandsmitglieder vor dem Landgericht Hamburg sein Schweigen gebrochen und den Staatsanwälten vorgeworfen, sie hätten bei ihren Ermittlungen keinerlei Interesse daran gehabt, ihn zu befragen. Das berichtet die SZ (Kristina Läsker, ähnlich online) in ihrem Wirtschaftsteil. Ebenfalls in ihrem Wirtschaftsteil schreibt die FAZ (Johannes Ritter, ähnlich online), Nonnenmacher sehe in der Weigerung des Staatsanwalts Wegerich, ihn zu befragen, "eine Haltung, die mit der Suche nach Wahrheit nichts zu tun hat."
Wie das Handelsblatt (Matthias Lambrecht) berichtet, sehe Nonnenmacher die Verantwortung für die strittige Omega-55-Transaktion bei seinen früheren Vorstandkollegen. Auch spiegel.de (Christian Teevs) berichtet über das Verfahren.
Rechtspolitik
Antidoping-Gesetz: Mit der Diskussion über ein mögliches Doping-Gesetz im Sportausschuss des Bundestags beschäftigen sich die taz (Andreas Rüttenauer) im Ressort Leibesübungen und Die Welt (Jens Hungermann). Die taz kritisiert namentlich Bundesinnenminister Friedrich, der "partout keine Konsequenzen ziehen wolle". Die Welt meint, der Minister zeige sich plötzlich "für alle Argumente aufgeschlossen". Der Weg zu einem Antidoping-Gesetz werde in jedem Fall noch langwierig.
Außenwirtschaftsrecht: Das Handelsblatt (Heike Anger) stellt die Reform des Außenwirtschaftsgesetzes vor, das erstmals seit 1961 grundlegend überarbeitet worden sei. Unter anderem sei jetzt Straffreiheit bei der Meldung von Verstößen möglich.
EU-Datenschutz: Die Aussagen zum Datenschutz in der Fernsehdebatte zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück nimmt internet-law.de (Thomas Stadler) zum Anlass, die EU-Datenschutzrichtlinie mit den Aussagen der beiden Kontrahenten abzugleichen. Problematisch sei unter anderem, dass der Entwurf einer Datenschutzgrundverordnung, auf den sich Merkel bezogen habe, die Datenerhebung und Datenverarbeitung durch Behörden und öffentliche Stellen gezielt ausklammere.
Mindestlohn: In ihrer Serie zu den Wahlprogrammen der wichtigsten Parteien, beschäftigt sich lto.de (Claudia Kornmeier) mit den Modellen für einen Mindestlohn und dessen Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz.
E-Government: Mit dem E-Government-Gesetz, dem die Länder noch zustimmen müssen, sollen Amtsgeschäfte allmählich vollständig digitalisiert werden. Über die Hindernisse auf dem Weg zu diesem ambitionierten Ziel berichtet die FR (Julia Binsch, dpa).
Steuerflucht: In einem Vorbericht zum G-20-Gipfel berichtet die FR (Markus Sievers) über die Möglichkeiten, länderübergreifend juristische Schritte gegen Steuerflucht zu ergreifen.
Justiz
BGH zu fingiertem Mordanschlag: Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen gegen den ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde Rickenbach, Norbert Moosmann, bestätigt, berichtet spiegel.de. Moosmann muss wegen eines fingierten Brandanschlags auf sich selbst 18.000 Euro Strafe wegen Vortäuschung einer Straftat bezahlen, sein Lebensgefährte 4.500 Euro wegen Beihilfe.
LG Hagen - SS-Verbrechen: Mit dem Prozess gegen den früheren SS-Mann Siert Bruins vor dem Landgericht Hagen beschäftigen sich spiegel.de (Jörg Diehl) und zeit.de (Claudia von Salzen). Dem gebürtigen Niederländer, der heute 92 Jahre alt ist, wird zur Last gelegt, 1944 einen Widerstandskämpfer ermordet zu haben
LG München – NSU: In seinem ersten Beitrag nach der Sommerpause beschäftigt sich der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) mit dem "dubiosen" früheren hessischen Verfassungsschützer Andreas T., der am 1. Oktober als Zeuge im Verfahren gegen Beate Zschäpe und andere gehört werden soll.
LG Göttingen – Organspenden: Über den Prozess gegen den Arzt Aiman O. vor dem Landgericht Göttingen berichtet die FAZ (Andreas Nefzger). Dabei ging es um die Richtlinien für die Zuteilung von Spenderlebern und die Aussage von Tobias Beckurts, einem Vertreter der Bundsärztekammer, der die Kritik von O. und seinem Anwalt an dem Zuteilungssystem zurückgewiesen habe.
OLG Hamm zu Roten Ampeln: Wie lawblog (Udo Vetter) berichtet, erlaubt ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm das Umfahren roter Ampeln, sofern durch den Schleichweg keine anderen Verkehrsregeln verletzt werden.
LG Berlin zu Betrug: In der Gerichtsreportage "Nichts als die Wahrheit" berichtet Klaus Ungerer (FAZ) von einem Verfahrens wegen gewerbsmäßigen Betrugs vor dem Landgericht Berlin. Der Angeklagte hatte sich unter anderem als Pfarrer ausgegeben, um Geld von älteren Frauen zu erlangen.
ArbG Mannheim zu Fußballprofis: Auf blog.beck.de äußert sich Professor Markus Stoffels über eine Eilentscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim, die Trainingsmöglichkeiten von Fußballprofis betreffend. Der bei 1899 Hoffenheim unter Vertrag stehende Spieler Eren Derdiyok hatte dagegen geklagt, zusammen mit anderen Spielerin nicht mehr am Training des Profikaders teilnehmen zu dürfen. Die "Trainingsgruppe 2" habe separat trainieren müssen. Das Arbeitsgericht habe die Eilbedürftigkeit zwar abgelehnt, bereits aber anklingen lassen, dass ein Training ohne Cheftrainer Gisdol einen Verstoß des Vereins gegen die Beschäftigungspflicht darstelle. Obwohl Derdiyok mittlerweile von seinem alten Verein Bayer Leverkusen bis zum Saisonende ausgeliehen wurde, hat das Hauptsacheverfahren am 12. September grundlegende Bedeutung.
StA LG München – Anzeige gegen Asklepios: Wie das Handelsblatt (Maike Telgheder) berichtet, hat der Gründer und Großaktionär des Rhön-Klinikums, Eugen Münch, Strafanzeige gegen den Asklepios-Inhaber Bernard Broermann erstattet. Münch werfe seinem Kontrahenten Marktmanipulation und Nötigung vor, die Staatsanwaltschaft München ermittele.
Recht in der Welt
Ägypten – Anklage gegen Mursi: Die SZ (Sonja Zekri) berichtet über die Anklage gegen den früheren ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi, dem wegen "Anstiftung zum Mord" der Prozess gemacht werden soll. Die FR (Julia Gerlach) stellt die Anklage der Kairoer Staatsanwaltschaft in den Kontext der binnen vier Monaten völlig veränderten politischen Landschaft Ägyptens.
Karim Al-Gawhary (taz) kommentiert, es gebe keinen Grund, Vertrauen in die ägyptische Justiz zu setzen. Thomas Avenarius (SZ) konstatiert im Leitartikel, Mohammed Mursi hätte den Realitätssinn verloren, sofern er den Staatsanwälten ins Gesicht geschrien habe: "Ich bin euer gewählter Präsident!" Dies hätten ägyptische Medien berichtet.
Türkei – Polizisten und Exgeneräle: Wie die FAZ (Michael Martens) berichtet, hat das türkische Innenministerium Ermittlungen gegen einzelne Beamte wegen unverhältnismäßiger Polizeigewalt bei den Demonstrationen im Gezi-Park angeordnet. Am Montag sei ferner ein weiterer Prozess gegen ehemalige Generäle der türkischen Armee eröffnet worden, denen die Teilnahme am "weichen Putsch" zur Last gelegt wird.
Sonstiges
60 Jahre EMRK: Heribert Prantl (SZ) würdigt in einem umfassenden Beitrag die Verabschiedung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vor 60 Jahren. Nicht der Euro, der Glaube an die Stärke des Rechts sei die einende europäische Idee, mittlerweile habe die EMRK welthistorische Bedeutung erlangt.
Minderheitenschutz bei Sanierung: In einem Gastbeitrag äußert sich im Handelsblatt in der Rubrik "Votum" der Juraprofessor Klaus J. Hopt zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern in der Insolvenz und geht dabei auch auf den aktuellen Streit beim Suhrkamp Verlag ein.
Frankfurter Sozietät zerbricht: Wie die FAZ (Joachim Jahn) in ihrem Wirtschaftsteil berichtet, verliert die Frankfurter Anwaltssozietät Berger, Stock & Kollegen acht Anwälte, darunter den Namenspartner Kai-Uwe Steck. Dies sei die Folge eines Ermittlungsverfahrens gegen den Gründungspartner Hanno Berger, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch sogenannte Cum-Ex-Transaktionen ermittle. Ob die Vorgehensweise strafbar ist oder ob lediglich ein schlecht gemachtes Gesetz ausgenutzt worden sei, sei unter Steuerrechtlern umstritten.
Tilman Jens zu Beschneidung: Tanjev Schulz (SZ) rezensiert im Feuilleton das Buch von Tilman Jens zur juristischen Diskussion über Beschneidung. Die "Streitschrift zum neuen Religionskampf" sei kurzweilig und kritisiere die sich verbreitende "Religionsergebenheit".
Das Letzte zum Schluss
Abmahnkosten für Pornoverleger gedeckelt: Wie lawblog.de (Udo Vetter) berichtet, hat jetzt auch das Amtsgericht München die vom Anwalt eines Pornoverlegers geltend gemachten Abmahnungskosten von 651 Euro auf 150 Euro gedeckelt, da ein völlig überhöhter Streitwert geltend gemacht worden sei. Das Gericht habe bisher immer eher im Sinne von Abmahnungskanzleien entschieden, sei mit dieser Entscheidung aber auf die Linie des neuen "Anti-Abzocke-Gesetzes" eingestiegen.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 3. September 2013: Nonnenmacher äußert sich – Anklage gegen Mursi – Vielleicht ein Antidoping-Gesetz . In: Legal Tribune Online, 03.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9477/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
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