Verlängerung: Für Uli Hoeneß beginnt nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nun die Strafvollstreckung. Außerdem in der Presseschau: Deutsch im Grundgesetz, Sondervoten in Karlsruhe, das BVerfG zur Erbschaftsteuer, Generation Praktikum in Hollywood und ein spanischer Verfassungsrichter ohne Helm und jetzt auch ohne Amt.
Thema des Tages
Uli Hoeneß: Am 13. März verurteilte das Landgericht München II den damaligen Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Freiheitsentzug. Die nicht zur Bewährung ausgesetzte Strafe hat Hoeneß am gestrigen Montag in der JVA Landsberg angetreten. Es berichten unter anderem SZ (Christian Rost) und Welt (Julien Wolff). Den Häftling erwarte zunächst eine medizinisch-psychologische Untersuchung und eine Belehrung über Rechte und Pflichten in der Anstalt. Ein offener Vollzug komme üblicherweise 18 Monate vor Haftende in Frage, bei guter Führung könne eine Haftentlassung nach zwei Dritteln, also im Herbst 2016 in Aussicht stehen. Unter Berufung auf ein mit der Bild-Zeitung unmittelbar vor dem Haftantritt geführtes Gespräch schreibt focus.de, dass Hoeneß ursprünglich vorgehabt habe, bereits am vergangenen Freitag in Landsberg vorstellig zu werden. Weil wegen des Brückentages jedoch kein Arzt für die Aufnahmeuntersuchung anwesend gewesen sei, habe er auf Wunsch der Anstaltsleitung umdisponiert.
In einem längeren Artikel beschreibt die FAZ (Albert Schäffer) das vergebliche Bemühen der Stadt Landsberg, überregional unabhängig von der JVA wahrgenommen zu werden und die wechselhafte Geschichte des "bayerischen Alcatraz."
Heribert Prantl (SZ) kommentiert, dass der öffentlichkeitswirksame Fall die Chance für "eine sehr grundsätzliche Debatte über den Sinn, den Zweck und die Ausgestaltung von Freiheitsstrafe" biete. Entgegen landläufigen Vorstellungen existiere kein "fideler Knast." Der Freiheitsentzug sei vielmehr ein "brutaler Eingriff ins Leben, die existenziellste Maßnahme, die der Staat verhängen kann."
Rechtspolitik
Freizügigkeit: Aus Anlass der Festnahme des mutmaßlichen Attentäters von Brüssel kommentiert Reinhard Müller (FAZ), dass es "keine Perversion der europäischen Grundfreiheiten" bedeute, Reisende, die aus einem Bürgerkriegsland kämen, "genauer in den Blick zu nehmen." Die Freizügigkeit und der damit verbundene Wegfall von Grenzkontrollen sei ein hohes Gut, das aber "im Einzelfall und bei Verdacht eben doch eingeschränkt" werden dürfe und für das "Terrormilieu" und dessen Anhängerschaft ohnehin nicht gelte.
Mindestlohn: In einem Kommentar bezeichnet Heike Göbel (FAZ) die für Donnerstag geplante Bundestags-Debatte zum Entwurf eines Mindestlohn-Gesetzes als "Farce." Die Regierung habe mit ihrer Vorlage Fakten geschaffen, denen sich auch die Wirtschaft mittlerweile unterordne. Die negative Koalitionsfreiheit von Unternehmen sei damit "bald Geschichte," denn fortan unterlägen sie in jedem Fall einem – unter Umständen staatlich festgelegten – Tarifwerk.
Deutsch: Das Feuilleton der Welt berichtet von einer Forderung des "Vereins Deutsche Sprache", durch einen neuen Grundgesetz-Artikel Deutsch als Landessprache der Bundesrepublik festzulegen. Dies sei nötig wegen "der dramatischen Verdrängung des Deutschen durch das Englische im privaten und öffentlichen Leben," wird der Vereinsvorsitzende zitiert.
Verfassungsrichter: In einem Bericht über die Ernennung der neuen Richterin am Bundesverfassungsgericht, Doris König, würdigt die SZ (Wolfgang Janisch) deren Vorgängerin Gertrude Lübbe-Wolff und den demnächst ebenfalls ausscheidenden Michael Gerhardt als "große Dissenter." Besonders der "sprachmächtigen" Professorin seien in ihren Sondervoten pointierte und prägende Formulierungen, etwa bei der Entscheidung zur Bundestagsauflösung durch den damaligen Kanzler Gerhard Schröder oder im Bodenreformurteil, gelungen.
Justiz
BVerfG – Erbschaftsteuer: Im kommenden Monat verhandelt das Bundesverfassungsgericht zur Zulässigkeit von Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer bei der Übertragung von Betriebsvermögen. Ein dem Handelsblatt (Jan Hildebrand/Donata Riedel) vorliegender, dem Gericht vom Bundesfinanzministerium zugesandter Bericht belege einen enormen Anstieg des Werts vererbten oder verschenkten Betriebsvermögens, für das die Bedachten nach einer 2009 eingeführten Neuregelung so gut wie keine Steuern abzuführen hätten. Ein weiterer Beitrag (Axel Schrinner) meint unter Berufung auf ein Rechtsgutachten des Instituts für Finanzen und Steuern, dass Erben oder Beschenkte auch im Falle einer Nichtigkeitserklärung durch das Bundesverfassungsgericht aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mit Nachzahlungsforderungen der Finanzämter zu rechnen hätten.
BGH zu Ping-Anrufen: Thomas Stadler (internet.law.de) macht darauf aufmerksam, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit sogenannter Ping-Anrufe nun auch im Volltext vorliegt. Ende März hatte das Gericht geurteilt, dass das Anpingen von Mobiltelefonen in der Absicht, einen kostenpflichtigen Rückruf einer Sonderrufnummer zu erreichen, dem Betrugstatbestand unterfällt.
VerfGH Sachsen zu Inklusion: Einer Meldung der SZ (RAK) zufolge hat der Verfassungsgerichtshof Sachsen mit der Aufhebung eines Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts des Freistaats und einer Zurückverweisung die Rechte von Schülern mit Behinderung gestärkt. Die am Asperger-Syndrom leidende Klägerin hatte zunächst erfolglos beantragt, ihre Gymnasialzeit wegen zu erwartender Fehlzeiten von zwei auf vier Jahre zu verlängern. Nach der jetzigen Entscheidung gebiete es das Grundrecht auf chancengleiche Schulbildung, zumindest mögliche Vorkehrungen zur Kompensation einer Behinderung zu treffen.
LG Gießen – Cyber-Kriminalität: Vor dem Landgericht Gießen müssen sich ab dem kommenden Donnerstag fünf Angeklagte wegen Erpressung in Tateinheit mit Computersabotage verantworten. Ihnen werde vorgeworfen, Online-Shops durch gezielte, sogenannte Distributed-Denial-of-Service-Attacken lahmgelegt und die Opfer im Nachgang zu Schutzgeldzahlungen aufgefordert zu haben, schreibt die Welt (M. Lutz/U. Müller/L.-M. Nagel) in einem Beitrag, der auch verschiedene Methoden der Internetkriminalität erläutert.
VG Stuttgart zu Aufenthaltsverboten: Nach einem jetzt veröffentlichten Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart ist die von der Stadt Heilbronn geübte Praxis, gegen Angehörige der Trinkerszene Aufenthaltsverbote auszusprechen, nicht vom Polizeigesetz Baden-Württemberg gedeckt. Im Gegensatz zu Angehörigen der Drogenszene könnte beim Personenkreis der Alkoholkonsumenten nicht ohne weiteres von einer Straftaten-Prognose ausgegangen werden, berichtet Udo Vetter (lawblog.de).
Recht in der Welt
Spanien – Abdankung: Die FAZ (Leo Wieland, Zusammenfassung) erklärt die verfassungsrechtlichen Aspekte der Abdankung des spanischen Königs Juan Carlos I. Die Verfassung von 1978 enthalte nur allgemeine Bestimmungen zu dem nun in Gang gesetzten Verfahren. In jedem Fall notwendig sei die Verabschiedung eines gesonderten Gesetzes und dessen Bestätigung durch beide Kammern des Parlaments.
USA – Praktikum: Unbezahlte Praktika gehören in der Traumfabrik Hollywood zum Tagesgeschäft. Ein Betroffener, der bei der Produktion "Black Swan" mitwirkte, wollte sich nach dem Bericht der SZ (Jürgen Schmieder) damit nicht zufriedengeben und klagte wegen eines Verstoßes gegen den US-amerikanischen Fair Labor Standards Act, der unbezahlte Praktika nur in einem "pädagogischen Umfeld" und nicht, wie vom Kläger behauptet, für Hilfsdienste vorsehe. Nachdem ihm ein Bezirksgericht wenigstens den Mindestlohn zuerkannt habe, werde eine Berufungsentscheidung im kommenden Jahr erwartet. Konkurrenten der beklagten Firma seien indes dazu übergegangen, ihre Praktikanten zu entlohnen.
Sonstiges
Oktoberfest-Attentat: In ihrem Bayern-Teil berichtet die SZ (Florian Fuchs) über die Bemühungen des Anwalts Werner Dietrich, die Bundesanwaltschaft zur Wiederaufnahme der Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat vom September 1980 zu bewegen. Für den Vertreter von Opfern des Anschlags stellten sich nach Einsichtnahme in Akten des Bayerischen Landeskriminalamts neue Fragen, etwa zu einer nicht weiterverfolgten Verbindung des bei dem Attentat gestorbenen Täters zu einem rechtsradikalen Waffenhändler. Annette Ramelsberger (SZ) moniert in ihrem Kommentar, dass sich ähnlich zur Mordserie des NSU auch bei dem Münchner Anschlag das Gefühl halte, Sicherheitsbehörden seien nicht an der Aufklärung der Hintergründe des "schwersten rechtsextremistischen Anschlags auf deutschem Boden" interessiert. Denn es könne "nicht sein, was nicht sein darf: dass in Deutschland eine rechte Terrorszene existiert."
Kirchensteuer: Ab dem kommenden Jahr werden Kirchensteuerpflichtigen Beiträge aus Kapitalerträgen automatisch abgezogen. Die SZ (Berrit Gräber) gibt einen Überblick über die Neuregelungen und erklärt in einem zusätzlichen Beitrag auch den Rechtsgrund der Kirchensteuer. Geregelt werde diese durch Landesgesetze für insgesamt neun als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannte Religionsgemeinschaften.
Das Letzte zum Schluss
Verfassungsrichter a.D.: Von dem motorradfahrenden spanischen Verfassungsrichter, der in den frühen Morgenstunden des Sonntags ohne Sturzhelm und in angeheitertem Zustand vor den Augen von Polizisten eine rote Ampel überfuhr, wurde bereits berichtet. Die FAZ (Leo Wieland) meldet nun, dass der Mann erst nach einer polizeilichen Warnung vor Behinderung der Justiz eine verwertbare Atemprobe abgab und jetzt auch seinen Rücktritt vom Amt ankündigte.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah:zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 3. Juni 2014: Hoeneß in Landsberg – Sprachmacht in Karlsruhe – Praktika in Hollywood . In: Legal Tribune Online, 03.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12152/ (abgerufen am: 20.05.2024 )
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