Die Leihmutterschaft ist nicht nur für Hollywood-Filme interessant, auch deutsche Standesbeamte fordern neue Regelungen. Anlass also, eine Blick ins deutsche Recht zu werfen. Außerdem in der Presseschau: die Entscheidung des Thüringer VerfGH zu verdeckten Überwachungsmethoden, Zwangsbehandlungen, Kasko-Schäden bei Unfallflucht und warum man sich lieber in Holland scheiden lassen sollte.
Leihmutterschaft für deutsche Paare: Im Wissens-Teil der Zeit (Burkhard Strassmann) findet sich - anlässlich einer Fachtagung deutscher Standesbeamte - ein Beitrag zu den "juristischen Komplikationen" der so genannten Leihmutterschaft in Deutschland. Das Embryonenschutzgesetz verbiete die "Mietgebärmutter" und die "Wunscheltern" seien nicht "im Rechtssinne verwandt" mit dem Kind. Deutschen Paaren, die im liberaleren Ausland ein Kind austragen ließen, könne bei der Rückkehr mit Kind nach Deutschland "ein Horrortrip" bevorstehen. Einzige Möglichkeit, eine anerkannte Rechtsbeziehung zu schaffen, sei die Adoption – dies sei für die Standesbeamten dann aber ein Zwiespalt.
Mit lto.de (Jens Kahrmann) spricht der Zivilrechtsprofessor Tobias Helms über das Thema und weist auf eine Initiative der "Haager Konferenz für internationales Privatrecht" hin, die versuche, "eine Lösung für die Fälle der internationalen Leihmutterschaft zu erarbeiten".
Weitere Themen- Rechtspolitik
Gesetz zur Behandlung psychisch Kranker: Die SZ (Nina von Hardenberg) meldet, die Kritik am geplanten Gesetz über die zwangsweise Behandlung psychisch Kranker in Kliniken reiße nicht ab: Wolfgang Neskovic (Die Linke) etwa rüge, dass das Gesetz im beschleunigten Verfahren durch den Bundestag gebracht werden solle: Der Bundestag zeige sich als "Abnickmaschine" trotz im Gesetz enthaltener "schwerster Grundrechtseingriffe".
Gesetzentwurf Leistungsschutzrecht: Internet-law.de (Thomas Stadler) weist auf den aktuellsten Entwurf zum Leistungsschutzrecht hin und verlinkt diesen.
Weitere Themen – Justiz
VerfGH Thüringen zu PAG: Zahlreiche Regelungen zur heimlichen Überwachung im Polizeiaufgabengesetz (PAG) Thüringen erklärte der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) in Erfurt für verfassungswidrig. lto.de informiert im einzelnen. Die Verfassungsbeschwerde hätten drei Anwälte eingelegt und u.a. die Regelung hinsichtlich der Telefonüberwachung bei Berufsgeheimnisträgern und den unzureichenden Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung gerügt. Dazu auch internet-law.de (Thomas Stadler).
BGH zu Informationsinteresse bei Kasko-Schaden: Ein Autofahrer, der einen Unfall verursacht und sich dann wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar mache, verletzte nicht automatisch seine Aufklärungsobliegenheit gegenüber seiner Kasko-Versicherung, so der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch. Dazu lto.de. Die SZ (Wolfgang Janisch) informiert ebenfalls und erläutert, "in leichteren Fällen" falle der Kasko-Schutz nicht mehr automatisch weg. Im konkreten Fall müsse nun das Oberlandesgericht Dresden, an das der BGH die Sache zurück verwies, entscheiden, ob der Autofahrer "unverzüglich" den Versicherer informiert habe.
BFH zu fiktiver Säumnis: Laut Abgabenordnung gelte eine per Bankscheck beglichene Steuerschuld als "am dritten Tag nach Eingang des Schecks beim Finanzamt" bezahlt – auch wenn das Geld tatsächlich früher da sei. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe laut lto.de keine "verfassungsrechtlichen Bedenken", auch wenn so die Möglichkeit einer "fiktiven Säumnis" bestehe.
BAG zu Streikrecht für Kirchen-Beschäftigte: Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Arbeitsrecht der Kirchen kommentiert im Wirtschafts-Teil der SZ Detlef Esslinger. Von Art. 9 Grundgesetz und "seiner Vereinigungsfreiheit bleibt kaum noch etwas übrig", dieses "Verfassungsrecht" sei "pulverisiert" worden. Der Aufforderung des Gerichts, "Verdi und Marburger Bund künftig an Verhandlungen teilnehmen zu lassen, werden die Kirchen gern nachkommen", aber: Können die Gewerkschaften keinen Druck ausüben, seien die Verhandlungen nichts als "kollektive Bettelei".
BVerfG zu § 175 StGB: Auf dem wiss.Mit.com – Blog (Andrej Umansky) wird aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu § 175 a.F. StGB aus dem Jahre 1957 zitiert, u.a. aus den Ausführungen, warum laut BverfG nur männliche Homosexualität strafbar sein müsse: "Die kulturelle Aufgabe, Lustgewinn und Bereitschaft zur Verantwortung zu verbinden, wird von dem männlichen Sexualverhalten extrem häufiger […] verfehlt als von dem weiblichen".
Klage gegen Ecclestone: Die US-amerikanische Investmentgesellschaft Bluewater ist mit einer Klage gegen Bernie Ecclestone, Gerhard Gribkowsky, die BayernLB und die Investmentgesellschaft CVC vor einem New Yorker (USA) Gericht "vorstellig geworden", die "wenig überzeugend" wirke, so die SZ (Klaus Ott): Bluewater behaupte, Eccelstone habe Gribkowsky, damals noch Vorstand der BayernLB, 44 Millionen Euro gezahlt, damit die Bank ihre Formel-1-Anteile an CVC und nicht an Bluewater verkaufe. Die SZ fragt sich, warum Bluewater erst jetzt vor Gericht ziehe – in den Reihen der Beklagten spreche man von "Trittbrettfahrerei". Dazu auch spiegel.de.
Justizirrtum im Fall Gustl Mollath?: Seit mehr als sechs Jahren ist Gustl Mollath in der forensischen Psychiatrie in Bayreuth untergebracht, so zeit.de (Patrick Guyton), die noch einmal die Hintergründe des Falles genau beschreibt: Mollath habe im Verfahren gegen ihn wegen mutmaßlicher Körperverletzungen an seiner damaligen Frau ausgesagt, die HypoVereinsbank, bei der auch seine Frau tätig gewesen sei, verschiebe Schwarzgeld in großem Stil in die Schweiz. Das Landgericht Nürnberg stufte ihn deswegen im Jahr 2006 als einen von einem "paranoiden Wahnsystem" Besessenen ein. "Seit ein paar Wochen gibt es allerdings Hinweise darauf, dass Mollath mit seinen Vorwürfen recht gehabt haben" könnte, so zeit.de. spiegel.de (Conny Neumann) widmet dem Fall ebenfalls einen ausführlichen Beitrag.
Weitere Themen – Recht im Ausland
Frankreich – Ermittlungen gegen Sarkozy: Die FR informiert über laufende Ermittlungen gegen den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Am Donnerstag werde dieser von einem Untersuchungsrichter wegen des Verdachts illegaler Parteispenden verhört, dabei gehe es um mögliche Zahlungen von der L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt.
Sonstiges
Stolleis' Rechtsgeschichte: Den vierten und letzten Band der "Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland" von Rechtsprofessor Michael Stolleis bespricht die FAZ (Katja Gelinsky). Das Buch decke die Zeitspanne von 1945 bis zur Wiedervereinigung 1990 ab; sein Werk weise Stolleis als "Solitär in der rechtswissenschaftlichen Landschaft" und als "hervorragenden Kenner von Rechtstheorie und Rechtspraxis" aus.
Braune Juristen in Deutschland: Nicht überraschend findet Heribert Prantl (SZ) die Erkenntnis, dass zwei Drittel aller Funktionäre im Nachkriegsjahrzehnt beim Bund der Vertriebenen eine "tiefbraune Vergangenheit" gehabt hätten; spannend hingegen sei die Erforschung des Einflusses des "alten braunen Geists" auf "Gesetzgebung und Politik der BRD". "Junge, furchtbar fähige NS-Juristen" hätten in den Sechzigerjahren ihren Karriere-Höhepunkt erlebt und die Republik geprägt.
Das Letzte zum Schluss
Konzept Scheidungshotel: In Holland gibt es sechs Scheidungshotels, die nicht nur eine verschwiegene Atmosphäre und "angenehmes Ambiente", sondern auch Rechtsanwalt und Notar für ihre Gäste bereit halten, ist im Reise-Teil der SZ (Evelyn Pschak) zu erfahren. Der Erfinder plane solche auch in Deutschland – hier gebe es aber noch das Problem mit dem Trennungsjahr und dem für eine Scheidung notwendigen Richter.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in den heutigen Printausgaben oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dc
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 22. November 2012: Komplizierte Leihmutterschaft – Braune Juristen – Scheidung auf Holländisch . In: Legal Tribune Online, 22.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7608/ (abgerufen am: 02.05.2024 )
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