Udo Pastörs (NPD) ist mit seiner Organklage gegen die Bundespräsidentenwahl vor dem BVerfG gescheitert. Außerdem in der heutigen Presseschau: CSU spricht sich für eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung aus, Vorgehen des Rechtsstaats gegen mutmaßliche Terroristen und wie man trotz Festnahme ein äußerst erfolgreicher Ladendieb werden kann.
Thema des Tages
BVerfG zu Bundespräsidentenwahl: Der ehemalige NPD-Parteivorsitzende Udo Pastörs ist mit seinem Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Er wollte bewirken, dass das Gericht die Wahl Gaucks zum Bundespräsidenten für ungültig erklärt und Neuwahlen anordnet. Pastörs machte verschiedene Rechtsverletzungen durch die 15. Bundesversammlung und den Bundestagspräsidenten sowie den Leiter der Versammlung geltend. So sei die Auswahl der Delegierten der Länder für die Bundesversammlung fehlerhaft gewesen. Auch sah Pastörs sich durch die Geschäftsordnung der Bundesversammlung in seinen Rechten verletzt. In dem am gestrigen Donnerstag veröffentlichten Beschluss stellt das BVerfG klar, dass die Wahl des Bundespräsidenten verfassungsmäßig abgelaufen und der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt sei. Darüber informieren spiegel.de, lto.de und die FAZ.
Rechtspolitik
CSU und Vorratsdatenspeicherung: Teile der CSU haben sich nach dem Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo für eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung und eine Verschärfung des Strafgesetzbuchs ausgesprochen. Bundesjustizminiser Heiko Maas (SPD) müsse Regelungen schaffen, die es ermöglichten Kommunikationsdaten von Terroristen zu erhalten. Dies berichtet spiegel.de (Björn Hengst). Die taz (Anja Maier) schildert die Pläne und auch Kritik an der Forderungen der CSU.
Einwanderungsgesetz: CDU-Generalsekretär Peter Tauber spricht sich für die Einführung eines Einwanderungsgesetzes aus. Die SZ (Robert Roßmann) stellt die von Tauber vorgeschlagenen Kriterien und Ziele einer entsprechenden Regelung vor. Grüne und SPD unterstützten ein Einwanderungsgesetz, allerdings komme aus CDU und CSU bereits Kritik an Taubers Vorhaben auf.
Robert Roßmann (SZ) begrüßt die Forderungen Taubers. Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz sei überfällig.
Terrorismusgefahr: Die FAZ (Reinhard Müller) legt dar, weshalb der Rechtsstaat bei der Gefahrenabwehr gegen mutmaßliche terroristische Gefährder mit einer erheblichen Herausforderung konfrontiert ist. Der Artikel geht dabei auf verschiedene rechtliche Möglichkeiten aus Strafrecht, Polizeirecht und Kriegsvölkerrecht ein.
Bestellerprinzip: Die FAZ (Joachim Jahn) befasst sich mit der Kritik am Bestellerprinzip. So sei zwar eine Umgehung kaum zu befürchten, allerdings sei der Gesetzentwurf zu streng. Makler könnten eine Provision nur verlangen, wenn sie "ausschließlich" im Interesse ihres Kunden tätig würden. Lehnte ein Wohnungssuchender die angebotene Wohnung also ab, könnte der Makler sie nicht an eine weitere Person vermitteln.
Joachim Jahn (FAZ) findet, man müsse von dem geplanten Bestellerprinzip nicht begeistert sein. Er befürchtet, Kollateralschäden könnten den etwaigen Nutzen überwiegen. Er spricht sich für eine Korrektur des Gesetzentwurfs aus, denn in der bestehenden Form würden Makler unnötigerweise belastet.
Erbschaftsteuerreform: Das Handelsblatt (Donata Riedel) informiert über die ersten Reformpläne zur Erbschaftsteuer. So beabsichtige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "minimalinvasiv und zügig" vorzugehen.
Justiz
BVerwG zu Sonntagsarbeit: Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Philipp Byers befasst sich für die Welt mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Sonntagsarbeit. Im vergangenen November hatte das Gericht Teile der hessischen Bedarfsgewerbeverordnung, insbesondere einige Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit, für unwirksam erklärt. Byers erklärt, weshalb ein entsprechendes Verbot für Callcenter im "Widerspruch zu den Anforderungen an eine moderne Dienstleistungsgesellschaft" stehe.
BGH zu Medikamentenabgabe: Die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten ohne Rezept ist grundsätzlich wettbewerbswidrig. Dies entschied der Bundesgerichtshof am gestrigen Donnerstag. Auch ein einmaliger Verstoß gegen § 48 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes beeinträchtige Verbraucherinteressen. Dies meldet lto.de (Pia Lorenz).
Generalstaatsanwaltschaft Thüringen: Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ermittelt seit Anfang Januar wegen des Verdachts der Bestechung von Mandatsträgern bei der Wahl Bodo Ramelows (Die Linke) zum Ministerpräsidenten. So bestehe die Möglichkeit, dass einem SPD-Abgeordneten ein Ministeramt in einer CDU-Länderregierung angeboten wurde, wenn dieser Ramelow nicht als Ministerpräsidenten wähle. Dies berichtet mdr.de.
LG Oldenburg - Krankenpfleger: Der Krankenpfleger Niels H. ist in Oldenburg wegen Mordes in drei Fällen und Mordversuchs in zwei Fällen angeklagt. Am gestrigen Donnerstag wurde dem Gericht über den zuständigen Psychiater eine ausführliche Aussage des Angeklagten vorgelegt. Diese lege dar, dass Niels H. die Tode von 30 Patienten verantworte und 60 weitere Leben gefährdet habe. Dies berichten spiegel.de (Julia Jüttner), die SZ (Elena Adam/Christina Berndt), die FAZ (Reinhard Bingener) und die Welt (Per Hinrichs).
KG Berlin - "Junud Al-Sham": Vor dem Kammergericht begann am gestrigen Donnerstag der Prozess gegen zwei Männer wegen der Beteiligung an der terroristischen Vereinigung "Junud Al-Sham". Die Verhandlung wurde allerdings vertragt, da ein Verteidiger Befangenheitsanträge gegen drei Richter gestellt hatte. Dies berichtet der Tagesspiegel (Frank Jansen).
StA Berlin zu Geschenk für Lehrerin: Eine Schulklasse in Berlin hatte ihrer Lehrerin eine Loriot-Skulptur im Wert von 198 Euro geschenkt. Geschenke für Berliner Lehrer dürften jedoch nicht mehr als zehn Euro kosten. Ein Strafverfahren gegen die Betroffene wegen Vorteilsannahme wurde zwar eingestellt – allerdings gegen die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 4.000 Euro. Die SZ (Verena Mayer) greift den Fall aus dem Jahr 2013 wieder auf und gibt die Grundsatzdebatte bezüglich der zugrunde liegenden Strafnorm wieder.
Anlegeranwalt Andreas Tilp: Andreas Tilp ist, laut SZ (Harald Freiberger), der "profilierteste Anlegeranwalt". Das Porträt beschreibt wie Tilp sein juristisches Betätigungsfeld fand und von seinen bisherigen Erfolgen als Rechtsberater vieler Anleger.
Recht in der Welt
Gutachten zu Vorratsdatenspeicherung: netzpolitik.org (Andre Meister) präsentiert Auszüge aus einem am gestrigen Donnerstag vorgestellten Gutachten des Juristischen Dienstes des Europäischen Parlaments zur Vorratsdatenspeicherung. Der Europäische Gerichtshof hatte im vergangenen April entschieden, dass die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung gegen die europäische Grundrechtecharta verstößt. In dem Gutachten erinnern die Juristen daran, dass entsprechende Gesetze in den Mitgliedsstaaten ebenso der EU-Grundrechtecharta und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen müssen, sonst sei mit einer Aufhebung der Regelungen zu rechnen.
IStGH - Palästina: Die SZ (Ronen Steinke) beschäftigt sich mit den Folgen des palästinensischen Beitritts zum Internationalen Strafgerichtshof. So seien zunächst nur Vorermittlungen zu erwarten. Gegen eine Anklage des IStGH spreche, dass das Gericht nur zuständig sei, wenn die Staaten "nicht willens oder fähig sind, ernsthaft selbstständig zu ermitteln".
Sonstiges
Rezension zu "Kindeswohl": Ian McEwans bettet in seinem Roman "Kindeswohl" verschiedene familienrechtlich, medizinrechtlich und ethisch spannende Fälle ein, die sich wohl auch in Wirklichkeit so zugetragen haben sollen. Ein 18-jähriger Zeuge Jehovas sei beispielsweise zu einer Bluttransfusion verurteilt worden, gegen die er sich aus religiösen Gründen gewehrt habe. Eine Rezension zum Buch bringt die SZ (Rainer Berlinger) im Literaturteil.
Gerechtigkeit: Gerechtigkeit ist "ein Wert, der verteidigt werden muss." Das Handelsblatt (Hans Eschbach) befasst sich mit den Ausprägungen und der Gewährleistung von Gerechtigkeit in einem Rechtsstaat.
Das Letzte zum Schluss
Gewiefter Verbrecher: Kevin Jarman aus den USA hat eine ergiebige Einnahmequelle entdeckt. Er erbeutet sein Geld nicht aus den Straftaten selbst, etwa aus Ladendiebstählen oder Drogengeschäften, sondern hat eine eigene Masche entwickelt. So ließ er sich nach verschiedenen Straftaten festnehmen und "verletzte" sich dabei. 2011 hat er sich beispielsweise das Handgelenk bei einer Ergreifung durch die Polizei nach einem Diebstahl gebrochen. Er verklagte den Staat auf Schmerzensgeld. Die Jury gab ihm Recht und er erhielt 510.000 US Dollar. Das wird wohl weit lukrativer gewesen sein, als die Beute aus seinem Diebstahl. Dies berichtet justillon.de (Andreas Stephan).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/vb
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 9. Januar 2015: Wahl Gaucks verfassungsgemäß – CSU will Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung – Rechtsstaat und Terrorismusgefahr . In: Legal Tribune Online, 09.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14312/ (abgerufen am: 10.05.2024 )
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