Der BGH stärkt das Vorkaufsrecht der Mieter. Außerdem in der Presseschau: Ermittlungen gegen Pegida-Organisator wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Erweiterung der Strafbarkeit von Schmiergeldzahlungen, ausführliches Plädoyer gegen Cannabis-Verbot, Volksentscheide könnten Demokratie fördern und auch eine Polizeibehörde muss sich an Knigge halten.
Thema des Tages
BGH zu Vorkaufsrecht des Mieters: Mieter können einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn der Vermieter die bewohnte Wohnung in eine Eigentumswohnung umwandelt und diese dann, ohne den Mieter entsprechend zu benachrichtigen, verkauft. Die Höhe des Anspruchs richte sich dann nach dem für den Mieter entgangenen Gewinn. Dies entschied der Bundesgerichtshof am gestrigen Mittwoch und stärkte somit das Vorkaufsrecht der Mieter. Im vorliegenden Fall hatte ein Vermieter ein Haus in mehrere Eigentumswohnungen aufgeteilt und dann verkauft ohne die "vorgeschriebenen Informationen über eine geplanten Verkauf" an die Mieterin zu übermitteln. Der Käufer hatte dann der Betroffenen die Wohnung zum Kauf angeboten, allerdings zu einem deutlich höheren Preis, als er ihn gezahlt hatte. Diese klagte daraufhin gegen den ehemaligen Vermieter und soll nun Schadensersatz in Höhe von 79.000 Euro erhalten. Den Fall und die Entscheidung stellen die FAZ (Joachim Jahn), die SZ (Wolfgang Janisch) und die Welt (Norbert Schwaldt) dar.
Rechtspolitik
Psychisch kranke Straftäter: Die taz (Christian Rath) erläutert die geplanten Änderungen zur Unterbringung von Straftätern in einem psychiatrischen Krankenhaus. So orientiere sich der Vorschlag einer Bund-Länder-Kommission "stärker am Prinzip der Verhältnismäßigkeit". Insbesondere werden zwei Fristen eingeführt, nach deren Ablauf der Betroffene nur bei Vorliegen eines bestimmten Grades der Gefährlichkeit weiterhin untergebracht bleiben darf. Die psychische Verfassung des Untergebrachten solle künftig auch regelmäßig von sich abwechselnden externen Sachverständigen überprüft werden, um Routinegutachten zu vermeiden.
Im Interview mit der FAZ (Albert Schäffer) schildert der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) die geplante Reform und erklärt unter anderem den Sicherungsgedanken hinter besagter Maßregel. Er stellt weiter besondere Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer Unterbringung sowie an die vorausgesetzten Prognosen hinsichtlich des Täterverhaltens.
Anti-Korruptions-Reform: Die Bundesregierung brachte am gestrigen Mittwoch einen Gesetzentwurf auf den Weg, nach dem Bestechung und Bestechlichkeit im Rahmen von "geschäftlichem Verkehr" umfassender bestraft werden sollen. Die geplante Regelung kriminalisiere auch Sachverhalte, die nicht unter die bisher bestehenden Strafnormen fielen. Damit solle ein EU-Rahmenbeschluss umgesetzt werden. Dies melden das Handelsblatt und zeit.de.
Volksentscheid: Heribert Prantl (SZ) meint, Volksentscheide seien sinnvoll – auch, wenn Pegida sie fordere. Die Politik habe deren Einführung bislang versäumt und somit die "partielle Politikverachtung" in der Bevölkerung unterstützt. Sie müsse sich für eine direkte Demokratie einsetzen, eine Demokratie "näher hin zum Bürger". Dabei ist es Prantl wichtig, klarzustellen, dass damit allerdings keine Hinwendung zu Pegida gemeint sein soll.
Cannabisverbot: Die Zeit (Khuê Pham) sammelt Argumente für eine Legalisierung von Cannabis und wagt dabei eine Erklärung für die Schwierigkeiten einer solchen Reform. So werden beispielsweise Länder mit einer liberaleren Politik in Sachen Cannabis vorgestellt, deren Regelungen Deutschland als Vorbild nehmen könnte.
Justiz
OLG Düsseldorf - IS-Unterstützer: Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf begann am gestrigen Mittwoch der Strafprozess gegen zwei Frauen und einen Mann wegen der mutmaßlichen Unterstützung der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat und der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Sie sollen dem IS Kameras für die Produktion von Propagandavideos und 11.000 Euro beschafft haben. Der Prozess werde am heutigen Donnerstag fortgesetzt, teilt die taz (Sabine am Orde) mit.
OLG München - NSU-Prozess: Die SZ (Annette Ramelsberger/Tanjev Schultz) und spiegel.de (Gisela Friedrichsen) befassen sich mit den Zeugenaussagen bezüglich des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße im Juni 2004. Die Opfer erlitten erhebliche Verletzungen. Auch habe der Anschlag zu psychischen Belastungen geführt, welche allerdings durch die Ermittlungen der Polizei noch verschlimmert worden seien. Die Ermittler hätten die Opfer des Anschlags wie Beschuldigte behandelt und bei einer Befragung wohl mit Suggestivfragen gearbeitet.
LG Verden - Edathy: Der Strafprozess gegen Sebastian Edathy, unter anderem wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften, wird am 23. Februar vor dem Landgericht Verden beginnen. Die FAZ (Reinhard Bingener/Eckart Lohse) widmet sich ausführlich dem Fall Edathy und schildert Verlauf sowie Stand der Ermittlungen. Demnach sprächen die Suchverläufe Edathys dafür, dass er tatsächlich, wie er sagte, mittelbar von dem ehemaligen Chef des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke über den Ermittlungsstand Kenntnis erlangte.
Der Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof) berichtet ebenso von dem anstehenden Prozessbeginn. Der Fokus liegt hier allerdings auf neuen Informationen, welche die Aussage Edathys unterstützen könnten, "die Quelle der Informationen über Ermittlungen" sei Ziercke gewesen.
StA Stuttgart - Ex-Polizeichef Stumpf: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart plane einen Strafbefehl gegen den ehemaligen Stuttgarter Polizeichef Siegfried Stumpf wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt zu beantragen, so swr.de. Ihm werde vorgeworfen die Verantwortung für den Wasserwerfereinsatz am 30. September 2010 im Rahmen der Demonstration gegen Stuttgart 21 zu tragen, durch den mehrere Menschen teils schwer verletzt wurden.
StA Dresden - Lutz Bachmann: Am gestrigen Mittwoch hat die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Pegida-Organisator Lutz Bachmann eingeleitet. Es sei zu untersuchen, ob Facebookbeiträge mit menschenverachtenden Äußerungen gegen Ausländer, die unter Bachmanns Namen öffentlich wurden, tatsächlich von ihm stammen. Dies berichten unter anderem zeit.de und die FAZ und resümieren dabei entsprechende Reaktionen verschiedener Politiker.
Urteile aus 2014 - Alltagswissen: Wann müssen Überstunden bezahlt werden? Wer trägt die Kosten notwendiger Sanierungen eines Gebäudes im Gemeinschaftseigentum? Zu diesen und weiteren Fragen aus den regelmäßig anzutreffenden Rechtsthemen wie Recht im Job, Recht im Haus und Recht auf Reisen hat lto.de wichtige Urteile aus dem Jahr 2014 zusammengefasst.
Recht in der Welt
Argentinien - Anklage gegen Kirchner öffentlich: Der Oberste Gerichtshof Argentiniens veröffentlichte am gestrigen Mittwoch die Anklageschrift gegen die argentinische Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner. Sie soll geplant haben, den mutmaßlichen iranischen Tätern eines Anschlags auf ein jüdisches Gemeindehaus Straffreiheit zu gewähren, um die Beziehung zum Iran nicht zu gefährden. Der eigentliche Ankläger und Verfasser der Anklageschrift Alberto Nisman war kurz vor der Anhörung am vergangenen Montag tot aufgefunden worden. Dies berichten süddeutsche.de sowie zeit.de und gehen dabei auch auf den Tod Nismans ein.
Türkei - Urteil gegen Polizisten: Zwei Polizisten, die den 19-jährigen Ali Ismail Korkmaz im Juni 2013 bei den Gezi-Park-Protesten zusammen mit anderen verprügelt hatten, wurden nun jeweils zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das Opfer fiel wegen der durch die Schläge erlittenen Hirnblutungen ins Koma und verstarb später. Einen Tötungsvorsatz habe das Gericht in Kayseri nicht erkennen können. spiegel.de berichtet von der Entscheidung.
USA - Amoklauf in Kino: Am vergangenen Dienstag begann in Colorado der Strafprozess gegen James Holmes, der im Juli 2012 bei der Premiere eines "Batman"-Films in Aurora zwölf Kinobesucher erschossen und weitere 58 verletzt hatte. Während die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe fordere, geben Verteidigung und Holmes selbst an, der Angeklagte könne "richtig" nicht von "falsch" unterscheiden und deswegen nicht schuldig gesprochen werden. Dies berichtet die FAZ (Christiane Heil).
Sonstiges
Rechtsgrundlage des Irak-Einsatzes?: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags Norbert Röttgen (CDU) befasst sich für die Zeit mit etwaigen Rechtsgrundlagen für den Irak-Einsatz der Bundeswehr und moniert, die Argumentation der Bundesregierung sei verfassungsrechtlich unzulässig. Allerdings wäre es gemäß Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes möglich sich hinsichtlich der Europäischen Sicherheits- und Außenpolitik auf ein "System kollektiver Sicherheit" zu berufen und so den Einsatz zu legitimieren. Röttgen stellt sich zudem konkret gegen eine Auslegung von Artikel 87a des Grundgesetzes, die den deutschen Streitkräften erlaube in Fällen als "Nothilfe" gegenüber Drittstaaten einzuschreiten, sofern deutsche Sicherheitsinteressen berührt seien.
Das Letzte zum Schluss
Knigge für Polizeibehörde: Die Polizei in Nordrhein-Westfalen darf ihre Facebook-Freunde nicht duzen. Dies gebietet ein Erlass des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Einige Facebook-Freunde der Polizei NRW Essen bedauern die Rückkehr zum förmlichen Sie, denn dieses schaffe Distanz und sei "ein Zeichen für fehlende Bürgernähe". Von der neuen "Benimmregel" berichtet spiegel.de (kbl).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/vb
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 22. Januar 2015: BGH stärkt Vorkaufsrecht der Mieter – Pegida-Organisator und Volksverhetzung? – Knigge für Polizeibehörden . In: Legal Tribune Online, 22.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14445/ (abgerufen am: 15.05.2024 )
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