Das Strafverfahren zeigte die Abgründe des Internets: Auftragsmord, Waffendeals und Drogenhandel. Die Betreiber des Rechenzentrums ermöglichten Straftaten, ohne Fragen zu stellen. Nun hat der BGH ihre Verurteilungen weitgehend bestätigt.
Tief unter der Erde, in einem ehemaligen NATO-Bunker betrieben die nun rechtskräftig Verurteilten ein hochgesichertes Rechenzentrum. Sie stellten IT-Infrastruktur für illegale Internetseiten zur Verfügung und versprachen ihren Kunden eine anonyme, vor einem staatlichen Zugriff geschützte Nutzung. Über die Server in Traben-Trabach an der Mosel liefen von 2014 bis 2019 Drogendeals im Wert von vielen Millionen Euro, Datenhehlerei, Computerangriffe und Falschgeldgeschäfte, insgesamt knapp 250.000 Straftaten.
Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag das Urteil zum sogenannten Cyberbunker in Rheinland-Pfalz weitgehend bestätigt (Urt. v. 12.09.2023, Az. 3 StR 306/22).
Im Dezember 2021 hatte das Landgericht (LG) Trier die acht Angeklagten – sieben Männer und eine Frau – wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) verurteilt. Von dem Vorwurf der Beihilfe zu den Tausenden Straftaten, die über die Seiten liefen, hatte das Gericht die Angeklagten freigesprochen. Sie hätten zwar fast alle gewusst, dass ihre Kunden die Server für strafbare Handlungen nutzten. "Eine generelle Kenntnis, dass illegale Dienste gehostet werden, reicht aber für den Gehilfenvorsatz nicht", hatte der Vorsitzende Richter der Kammer die Entscheidung gebründet. Sie hätten über jede konkrete Haupttat Bescheid wissen müssen. So sah es im Ergebnis auch der BGH nun.
Gegen das Urteil des LG hatten sowohl alle acht Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft hatte vor allem die Teilfreisprüche hinsichtlich der Teilnahmestrafbarkeit an den im Darknet begangenen Taten beanstandet.
Die Veurteilungen der Angeklagten sind durch die Entscheidung des 3. Strafsenat des BGH nun weitgehend rechtskräftig. Ein sogenannter Manager (52) der Bande, der mit einem Geständnis zur Tataufklärung beigetragen hat, muss demnach für zwei Jahre und sechs Monate in Haft. Der ältere Sohn (35) des Hauptangeklagten, der die Nummer drei im Bunker war, muss eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verbüßen. Bei den übrigen Angeklagten lagen die Strafen zwischen drei Jahren und einem Jahr auf Bewährung.
Auf besonders schwere Taten gerichtete kriminelle Vereinigung
Der Senat hat die Schuldsprüche zur Klarstellung dahin präzisiert, dass die Angeklagten jeweils der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer auf besonders schwere Straftaten gerichteten kriminellen Vereinigung schuldig sind.
Hinsichtlich eines Angeklagten hat der Senat den Betrag der angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen geringfügig reduziert. Die weitergehende Revision dieses Angeklagten sowie die Revisionen der übrigen Angeklagten sind verworfen worden. Den Einwand der Angeklagten, ihre Aktivitäten als Webhoster seien aufgrund der Haftungsprivilegierung des § 10 Telemediengesetz (TMG) in Verbindung mit der E-Commerce-Richtlinie der Europäischen Union nicht strafbar gewesen, hat der Bundesgerichtshof als nicht stichhaltig erachtet.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat das Urteil insoweit aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Trier zurückverwiesen, als die Strafkammer die Einziehung einer Vielzahl von Ausstattungsgegenständen des Cyberbunkers abgelehnt hatte.
Dagegen blieb die Revision der Staatsanwaltschaft ohne Erfolg, soweit sie eine Verurteilung der Angeklagten auch wegen Beihilfe zu den über das Darknetzentrum abgewickelten Straftaten erstrebt hat. Insofern habe das Landgericht die Angeklagten zu Recht freigesprochen, da sie von den angeklagten Beihilfetaten keine hinreichend konkrete Kenntnis hatten und deshalb der erforderlichen Beihilfevorsatz fehlte, so der BGH.
lfo/LTO-Redaktion
BGH bestätigt Urteil im Cyberbunker-Verfahren weitgehend: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52688 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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