Das LAG hat das Versetzungsrecht der Arbeitgeber eingeschränkt. Sie müssen die privaten Interessen und familiären Verhältnisse ihrer Arbeitnehmer angemessen berücksichtigen, entschieden die Richter.
Arbeitnehmer dürfen nicht ohne Rücksicht auf ihre sozialen Lebensverhältnisse an Orte versetzt werden, die sie von ihrem Wohnort aus nicht täglich erreichen können. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein auf die Klage eines Facharbeiters (Urt. v. 26.08.2015, Az. 3 Sa 157/15).
Zwar können sich Arbeitgeber im Arbeitsvertrag ein Versetzungsrecht einräumen lassen und damit Arbeitgeber bei Bedarf an einem anderen Ort einsetzen. Dieses Recht bestehe aber nicht uneingeschränkt. Arbeitgeber müssten die Interessen und die familiäre Situation der in Frage kommenden Mitarbeiter berücksichtigen, heißt es in dem Urteil.
Der klagende Mann, der seit 2009 auf einer Dauerbaustelle in Brunsbüttel als Isolierer eingesetzt wurde, ist Vater von drei schulpflichtigen Kindern. Nachdem er 2014 erfolgreich gegen seine fristlose Kündigung geklagt hatte, wollte ihn seine Arbeitgeberin auf einer Baustelle im ca. 650 Kilometer entfernten Ludwigshafen einsetzen. Sein alter Arbeitsplatz sei inzwischen besetzt, hieß es zur Erklärung. Außerdem berief sich die Arbeitgeberin auf das vertraglich festgelegte Versetzungsrecht, weshalb sie die Zuweisung einer anderen Arbeitsstätte gar nicht rechtfertigen müsse.
Die Richter sahen dies nun anders. Arbeitgeber hätten Rücksicht auf familiäre Belange des Arbeitnehmers zu nehmen, soweit dem nicht betriebliche Gründe oder die Interessen anderer Kollegen entgegenstünden. Soweit ein Arbeitgeber die Wahl zwischen mehreren Mitarbeitern habe, müsse er denjenigen versetzen, der weniger schutzwürdig sei. Allerdings seien Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine Sozialauswahl nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes durchzuführen.
Die beklagte Arbeitgeberin hatte auf eine Abwägung gänzlich verzichtet. Allein deshalb sei die Anweisung schon unwirksam, so das LAG. Das Urteil allerdings ist noch nicht rechtskräftig.
una/LTO-Redaktion
LAG Schleswig-Holstein: . In: Legal Tribune Online, 15.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16900 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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