Der Grundsatz der mündlichen Verhandlung soll abgeschafft werden. Verhandlungstermine müssen zukünftig per Skype, AIM oder mit anderen Messengern geführt werden. Nur in Ausnahmefällen soll rechtliches Gehör noch persönlich gewährt werden. Der Gesetzentwurf soll noch im Laufe des 1. Aprils verabschiedet werden.
Der Grundsatz der mündlichen Verhandlung wird als "nicht mehr zeitgemäß" bewertet. Noch im Laufe des Freitags will der Bundestag eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes sowie der Prozessordnungen sämtlicher Gerichtsbarkeiten beschließen, die es möglich macht, auf die persönliche Anwesenheit Prozessbeteiligter zu verzichten. Der Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Justiz (JEG) liegt der LTO exklusiv vor.
Eine Zustimmung des Bundesrats sei nicht erforderlich, heißt es aus Justizkreisen. Die Einwände, dass auch in der Bundesrepublik nicht jeder Bürger mit Messenger-Diensten wie Skype oder AIM umzugehen wisse, sollen dabei allerdings Gehör finden.
So soll das Gesetz eine Ausnahmeregelung vorsehen, die über 65-Jährigen die Möglichkeit einräumt, glaubhaft zu machen, dass sie über die Messenger-Dienste nicht verfügen. Der Entwurf sieht vor, diese Grenze parallel zu der im Jahr 2012 stattfindenden Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre anzuheben. Diese Passage ist jedoch äußerst umstritten.
Eine weitere Ausnahme soll für Langzeitarbeitslose gelten, die nicht unbedingt über einen Computer verfügen, da ein solcher ebenso wenig wie ein Fernseher zur Sicherstellung der grundlegenden Bedürfnisse erforderlich sei. Dem müsse aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit Rechnung getragen werden.
Mit Ausnahme älterer sowie sozial schwacher Bürger soll aber kein Personenverkehr in Gerichtsgebäuden mehr stattfinden. Die seit Jahren diskutierte, aber stets am falschen Ende angefasste Ressourcenknappheit der Justiz könne so grundlegend verändert werden, heißt es in der Begründung zu dem Gesetzentwurf. Die kostenaufwändigen großen Gebäude könnten verlassen, mittelfristig könne auch Justizpersonal abgebaut werden.
Aus der Anwaltschaft war bisher nur Zustimmung zu hören. "Endlich keine Antragstermine mehr um acht Uhr morgens", hieß es übereinstimmend aus mehreren Interessenverbänden. Unklar ist bisher, ob auch eine Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes erforderlich werden wird. Die Terminsgebühr soll möglicherweise reduziert werden, hieß es dazu zunächst zurückhaltend.
pl/LTO-Redaktion
Justiz: . In: Legal Tribune Online, 01.04.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2925 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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