Nachdem sich bereits viele kritisch zu Reformplänen der Justiz in Israel äußerten, ist nun auch die Präsidentin des Supreme Courts Teil der Debatte. Sie mahnt, man würde die israelische Demokratie nach der Reform nicht mehr wiedererkennen.
Esther Hayut ist Präsidentin des israelischen Supreme Courts und nun Teil der Debatte über die Pläne der neuen Regierung um Premierminister Benyamin Netanyahu, die weitgreifende Änderungen der israelischen Justiz zur Folge hätten. Hayut äußerte sich in einem außergewöhnlichen Schritt bei einer Konferenz der Israelischen Vereinigung für Öffentliches Recht in Haifa und bezeichnete die Reformpläne als "Todesstoß" für die israelische Demokratie. Das berichten unter anderem Times Of Israel und Jerusalem Post übereinstimmend.
Im Mittelpunkt der Reformpläne steht die Frage, ob künftig das israelische Parlament (Knesset) in der Lage sein soll, Entscheidungen des Supreme Courts außer Kraft zu setzen. Dem liegt ein Demokratieverständnis der politischen Fürsprecher zugrunde, wonach die Knesset als das Organ mit der höchsten demokratischen Legitimation auch die größte Macht haben sollte.
Hayut sieht in diesem "Blankoscheck" für die Knesset eine große Gefahr für Menschenrechte. Der Entzug der justiziellen Kontrollmöglichkeit untergrabe die Unabhängigkeit der Justiz, so Hayut. Die Pläne seien ein "hemmungsloser Angriff" auf die israelische Justiz.
Unter anderem der Justizminister Yariv Levin kritisierte Hayut scharf. Seit Jahrzehnten ist die machtvolle Rolle des Supreme Courts immer wieder Gegenstand teils heftiger Diskussionen in der israelischen Öffentlichkeit. Levin sieht sich bestätigt, dass der Supreme Court "politisiert" sei. Er wirft Hayut vor, sich bewusst auf die Seite der politischen Opposition zu stellen. Ihre Rede habe keinerlei Neutralität oder ausgeglichene juristische Argumentation enthalten, meint Levin. Vielmehr erblickt Levin in der Rede das Aufstacheln einer "Politikerin" zu weiteren Demonstrationen.
Immer wieder kam es in jüngster Zeit zu Demonstrationen gegen die Reformpläne. Auch hunderte Juristen beteiligten sich daran, mehrere ehemalige israelische Spitzenbeamte schlossen sich in einem offenen Brief der öffentlichen Kritik an. Ein weiterer Kritikpunkt ist die geplante Änderung zur Wahl der Richter zum Supreme Court, welche aus einem fachlich geprägten Gremium ebenfalls in die Hände des politisch geprägten Parlaments gegeben werden soll.
Ex-Staatspräsident Rivlin mahnte, es sei noch nicht zu spät, um zu einer vernünftigen Einigung zu gelangen.
jb/LTO-Redaktion
Supreme Court Präsidentin äußert sich: . In: Legal Tribune Online, 13.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50746 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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