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Vor der geplanten Bodenoffensive in Rafah: Israel bean­tragt Abwei­sung von Süd­a­frikas IGH-Eil­an­trag

16.02.2024

Luftbild von Rafah in Süd-Gaza, 07.02.2024

Luftbild von Rafah. Schon jetzt leben viele Binnenflüchtlinge in Zelten. Wo sollen sie im Fall eines Militäreinsatzes hin? Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited

Südafrika hat einen weiteren Eilantrag beim IGH gestellt, um Israels geplante Bodenoffensive im Süden Gazas zu stoppen. Israel hält den Antrag für missbräuchlich. Denn über Sofortmaßnahmen habe der IGH erst kürzlich entschieden.

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Israel plant eine Militäroffensive in der mit Palästinensern überfüllten Stadt Rafah im Süden des abgeriegelten Gazastreifens. International stößt das Vorhaben auf immer mehr Kritik, Südafrika versucht derzeit vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH), ein Verbot der Bodenoffensive zu erwirken. Am Donnerstag reagierte Israel auf den Eilantrag.

"Israel bedauert, dass Südafrika einmal mehr das Eilverfahren des Gerichtshofs missbraucht, diesmal mit einem besonders eigenartigen und unangemessenen Antrag", beginnt das Land seine Stellungnahme. Kern der Kritik ist, dass der IGH vor drei Wochen erst über einen Antrag Südafrikas auf Erlass einstweiliger Schutzmaßnahmen in Gaza entschieden und einen Stopp militärischer Handlungen abgelehnt habe. Dass sich die Situation seitdem so entscheidend verändert hätte, dass ein neuer Antrag gerechtfertigt sei, habe Südafrika nicht dargelegt. Es begehre vielmehr in unzulässiger Weise eine neue Entscheidung über den alten Antrag.

Südafrika hatte am Dienstag einen dringenden Antrag auf Erlass weiterer Sofortmaßnahmen zum Schutz der Palästinenser in Gaza gestellt. Um "weitere" Maßnahmen handelt es sich deshalb, weil der IGH Israel erst am 26. Januar zu Präventivmaßnahmen verpflichtet hatte. Diese Eilentscheidung erging im Rahmen des von Südafrika Ende Dezember vor dem IGH gegen Israel angestoßenen Völkermord-Verfahrens. In seiner einstweiligen Anordnung hatte der IGH Israel dazu verpflichtet, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um einen Völkermord an den Palästinensern in Gaza zu verhindern. Dem weitergehenden Antrag Südafrikas, einen sofortigen Stopp der Militärhandlungen anzuordnen, hatten die Richter nicht entsprochen.

Hat Südafrika die falsche Rechtsgrundlage gewählt?

Israel beanstandet in seiner Stellungnahme vom Donnerstag vor allem, dass Südafrika seinen Antrag auf Sofortmaßnahmen auf Art. 75 IGH-Gerichtsordnung stützt. Demnach kann der IGH aus eigenem Antrieb einer oder mehreren Parteien bestimmte Maßnahmen aufgeben, wenn es die Umstände erfordern. Israel weist daraufhin, dass Südafrika nicht von Art. 76 Abs. 1 der Gerichtsordnung Gebrauch gemacht hat, wonach der IGH zuvor getroffene Eilentscheidungen zurücknehmen oder ändern kann, wenn eine "Änderung der Situation" es notwendig macht. Indem Südafrika seinen neuen Eilantrag auf Art. 75 und nicht auf Art. 76 gestützt hat, habe es gezeigt, dass es selbst nicht davon ausgehe, dass sich die Situation in Gaza seit dem 26. Januar grundlegend verändert habe. Vielmehr handele es sich um eine Wiederholung des Eilantrags, über den der IGH bereits entschieden hat.

Südafrika hatte seinen Antrag am Dienstag mit der zugespitzten Lage palästinensischer Binnenflüchtlinge in Rafah begründet. Dort harren laut UN-Angaben derzeit 1,3 Millionen Menschen aus. Israels Militär hält einen Militäreinsatz für notwendig, um das erklärte Kriegsziel – die Zerschlagung der Hamas – zu erreichen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu plant Medienberichten zufolge, die Stadt zu evakuieren und die Menschen in Zeltlagern unterzubringen. Nun soll Ägypten aus Sorge vor einer Massenflucht aus Gaza in der Wüste ein massives Auffanglager für Zehntausende Palästinenser aufbauen – eingeschlossen von hohen Betonmauern.

Ob dem IGH diese Umstände genügen, um seine Entscheidung vom 26. Januar abzuändern, oder ob er Israels Argumentation zustimmt, wird sich zeigen. Wann das Gericht über den Antrag Südafrikas entscheiden wird, ist nicht bekannt. Eine Entscheidung kann ohne Anhörung ergehen. Genau dafür kritisiert Israel Südafrika auch: Es hätte versucht, durch einen "verkürzten Prozess" Israel "seines Rechts zu berauben, angehört zu werden". Das hat Israel durch seine Stellungnahme nun abgewendet.

mk/LTO-Redaktion mit Material der dpa

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Vor der geplanten Bodenoffensive in Rafah: . In: Legal Tribune Online, 16.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53887 (abgerufen am: 19.05.2025 )

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